Berlin – Dermatologische Probleme stehen – nach Fieber und Diarrhoe – an 3. Stelle der Gesundheitsstörungen von Reiserückkehrern aus aller Welt. Das berichtete Dr. Viktor Czaika von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Berliner Charité auf einer Pressekonferenz des CRM Centrum für Reisemedizin in Berlin [1].

Dr. Viktor Czaika
Bekannte Erreger mit atypischer Manifestation
Als Grenzorgan zur mikrobiologischen Umwelt – und mit einer Gesamtoberfläche bei Erwachsenen von rund 2 Quadratmetern – ist die Haut für Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten exponiert. Dabei begegnen Reisende zwar manchmal exotischen Erregern, die fremdartige Krankheitsbilder hervorrufen. Viel häufiger seien jedoch bekannte Erreger, die sich je nach Reiseregion in atypischer Weise manifestieren, so der Dermatologe. Die Erreger können zum Beispiel die Barrierefunktion der Haut oder die immunologische Abwehrkraft beeinflussen.
„Primären Infektionen gesunder Haut stehen sekundäre Infektionen auf einer etwa durch chronische Krankheiten bzw. Wunden vorgeschädigten Haut gegenüber. Zu bedenken ist auch, dass sich eine in unseren Breiten normale Hautflora beim Aufenthalt in ungewohnter klimatischer Umgebung pathologisch verändern kann“, erläuterte Czaika.
Bei einem Großteil der dermatologischen Probleme von Reiserückkehrern handelt es sich um bakteriell bedingte Pyodermien, etwa eine streptogene oder staphylogene Impetigo, ein Erysipel, Furunkel oder Abszesse. Wunden und Ekzeme, aber auch andere Hautinfektionen werden dem Berliner Dermatologen zufolge häufig durch gramnegative Bakterien wie den Nasskeim Pseudomonas aeruginosa superinfiziert.
Diabetiker mit Fußläsionen besonders gefährdet
„Ganz besonders der bereits infizierte diabetische Fuß kann durch eine pathogene Mischflora dramatisch gefährdet sein“, so Czaika – etwa nachdem sich ein Diabetiker beim Badeurlaub durch einen Seeigel am Fuß verletzt hat. „Hier lauern im Extremfall Gefahren wie Sepsis und Weichteilinfektionen, die sogar eine Fußamputation notwendig machen können. Es ist deshalb wichtig, Diabetiker auf diese Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen wie das Tragen von Badeschuhen hinzuweisen“, betonte der Dermatologe im Gespräch mit Medscape.
Selbst kleinste Verletzungen sollten gleich mit einer antiseptischen Salbe behandelt werden, und auch die Indikation zu einer geeigneten systemischen antibiotischen Therapie sei großzügig zu stellen. Für die Antibiose seien Breitspektrum-Antibiotika dem klassischen Penicillin generell vorzuziehen.
Außer bei Diabetikern besteht auch bei immunsupprimierten Personen, Neurodermitis-Patienten und Kleinkindern auf Reisen ein höheres Risiko besonders für bakterielle Hautinfektionen, wie Czaika erläuterte. So ist bei Kleinkindern der antibakterielle Schutz des Organismus noch nicht voll ausgereift.
Hochkontagiöse genitale Virusinfektionen
Unter den Virusinfektionen sind es neben Herpesviren vor allem humane Papillomviren, die von Reisen mitgebracht werden. Letztere können nicht nur lästige Hand- und Fußwarzen, sondern auch hochkontagiöse genitale Kondylome mit potenzieller neoplastischer Transformation induzieren. Dabei zählen Kondylome zu den häufigsten Geschlechtskrankheiten überhaupt.
Bei den klassischen venerischen Erkrankungen nimmt Czaika zufolge insbesondere die Prävalenz der Lues kontinuierlich zu, vor allem in Osteuropa.
Oft als Bagatelle unterschätzt: Fußpilz
Einen großen Stellenwert auf Reisen haben Czaika zufolge auch Pilzinfektionen der Haut. Für deren deutliche Zunahme seien veränderte Freizeitgewohnheiten, zunehmender Massentourismus und gesundheitliche Prädispositionen verantwortlich.
Der von Mensch zu Mensch durch anthropophile Dermatophyten übertragene „Fußpilz“ – in Form der Interdigitalmykose, der Onychomykose oder der Palmoplantarmykose – werde dabei oft als Bagatellinfektion unterschätzt. So könnten sich diese Dermatophyten unter bestimmten Umständen auf alle Bereiche des Integuments ausbreiten.
Kuscheltier-Dermatosen bei Kindern
Neben den anthropophilen Hautpilzerkrankungen ist dem Berliner Dermatologen zufolge eine Renaissance von zoophilen Dermatophytosen zu beobachten, die oft akute und hochentzündliche Verläufe zeigten: Die gegenwärtig wichtigsten Erreger sind hier Microsporum canis, Trichophyton mentagrophytes var. granulosum und Trichophyton verrucosum. „Die Synonyme Katzenpilz, Meerschweinchenpilz und Kälberflechte nennen typische Konstellationen dieser Hautinfektionen, die besonders oft bei Kindern nach innigem Kontakt mit infizierten Haus- oder Nutztieren als sogenannte Kuscheltier-Dermatose auftritt“, so Czaika.
Zoophile Pilzinfektionen würden häufig aus mediterranen Urlaubsgebieten mitgebracht. Nicht selten komme es auch zur weiteren Übertragung des Pilzes von Mensch zu Mensch, etwa auf andere Familienmitglieder. Vor allem bei Kindern und wenn die Kopfhaare betroffen sind, sei oft eine systemische antimykotische Therapie nötig.
Zunahme von Parasitosen
Von den durch Parasiten verursachten Hautproblemen träten derzeit auffallend häufig auch wieder Fälle von Skabies auf, berichtete Czaika: „Früher beobachteten wir solche Fälle vereinzelt bei Reiserückkehrern aus der Karibik, bei Altenheimbewohnern oder nach sexueller Übertragung bei jungen Menschen. Derzeit hängt die Zunahme offenbar mit den aktuellen Flüchtlingsbewegungen zusammen.“ Wo, wie in Flüchtlingsheimen, viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, könnten sich die Skabies-Milben schnell weiterverbreiten. Mit der geeigneten Therapie – etwa lokal mit Permethrin oder systemisch mit Ivermectin – ließen sich Skabies-Fälle jedoch gut unter Kontrolle bringen.
Touristen, die von tropischen Stränden, vor allem auch der Karibik, zurückkehren, bringen als dermatologisches Reisesouvenir öfters eine Larva migrans cutanea mit, wie der Berliner Dermatologe berichtete. Die Hakenwurminfektion ist an juckenden, geröteten Gängen unter der Hautoberfläche erkennbar.
Die Larven der Würmer werden von Hunden und Katzen in den Sandstrand eingebracht und können z.B. beim Barfußlaufen selbst über sehr kleine Hautläsionen eindringen. Dabei vergehen teilweise mehrere Monate, bis die entzündlichen Spuren der Wanderlarven in der Haut entdeckt werden und Antihelminthika zum Einsatz kommen können.
Das gehört in die dermatologische Reiseapotheke
Für die dermatologische Reiseapotheke empfiehlt Czaika:
Pflaster,
Schere und
Verbandsmaterial,
ein antiseptisches Spray sowie
eine antibakteriell-antimykotische Kombinationssalbe mit Kortisonkomponente (z.B. mit Miconazol und Flupredniden).
„Damit kann man eigentlich jede entzündliche Hautläsion erst mal zurückdrängen“, so Czaika.
REFERENZEN:
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Urlaubs-Mitbringsel auf der Haut: Pyodermien, Viren, Kuscheltier-Dermatosen und Hakenwürmer – ein Dermatologe gibt Tipps - Medscape - 23. Mär 2017.
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