Washington, D.C. – Patienten mit schwerer Aortenstenose haben – auch bei mittlerem Operationsrisiko – ähnliche Therapieergebnisse, wenn sie eine neue Aortenklappe perkutan per Katheter statt chirurgisch implantiert erhalten. Das ist das Ergebnis der multizentrischen, internationalen randomisierten SURTAVI-Studie (Surgical Replacement and Transcatheter Aortic Valve Implantation). Prof. Dr. Michael Reardon, Methodist DeBakey Heart und Vascular Center, Houston, hat sie bei der 66. Wissenschaftlichen Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) 2017 in Washington vorgestellt [1]. Parallel wurde sie im New England Journal of Medicine [2] publiziert.

Prof. Dr. Michael Reardon
Kombinierter primärer Endpunkt der auf Nichtunterlegenheit angelegten Studie war die Gesamtrate an Todesfällen jeglicher Ursache und von schweren Schlaganfällen. Sie betrug 12,6% nach Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) und 14,0% bei Operation. Die Gesamtmortalität lag nach 30 Tagen bei 2,2% mit TAVI und 1,7% mit Operation, nach 2 Jahren bei 11,4% bzw. 11,6%. „Die Leitlinien wurden gerade aktualisiert und die TAVI hat bei Patienten mit mittlerem Risiko eine 2a-Empfehlung, aber mit diesen Daten benötigt sie ein Update und sollte zu einer 1a-Empfehlung werden“, so das Fazit von Reardon.

Prof. Dr. David Cohen
Nach Ansicht von Diskutant Prof. Dr. David Cohen, St. Luke’s Mid America Heart Institute, Kansas City, sind vor allem die Ergebnisse zum Schlaganfall bedeutsam. Denn es sei weltweit erst die 3. Studie, in der die Rate schwerer Schlaganfälle mit der TAVI geringer war als mit Operation: „Das ist ein echter Nutzen.“ Auch wenn die TAVI nicht besser abschnitt als die OP in puncto Mortalität oder Schlaganfälle, würde er sie wegen der besseren Lebensqualität in den ersten 30 Tagen und wegen der rascheren Erholung der Patienten bevorzugen.
TAVI bislang nur bei hohem Operationsrisiko Standard
Eine TAVI ist bislang vorwiegend Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenstenose vorbehalten, bei denen ein chirurgischer Eingriff sehr risikoreich wäre. Bei Patienten mit mittlerem Operationsrisiko wird die TAVI zwar eingesetzt, bislang zeigte aber nur die PARTNER-2-Studie eine Nicht-Unterlegenheit zur Operation.
In die nun vorgestellte SURTAVI-Studie wurden über 1.700 Patienten aus 87 Zentren in den USA, Kanada und Europa aufgenommen, deren OP-Risiko zwischen 3 und 15% lag. Ein interdisziplinäres Herzteam hatte zuvor das OP-Risiko anhand des Society of Thoracic Surgery Predicted Risk of Mortality (STS-PROM) und des klinischen Status eingeschätzt und so die Eignung der Patienten für die Studie beurteilt.
Randomisiert wurden die Aortenklappen dann chirurgisch oder mit Hilfe eines Katheters eingesetzt. Die meisten Patienten (84%) der TAVI-Gruppe erhielten das CoreValveTM-Klappensystem der 1. Generation, 16% wurde das modernere EvolutTM-R-Klappensystem implantiert.
Der kombinierte primäre Endpunkt umfasste die Gesamtsterblichkeit und schwere, mit Behinderung einhergehende Schlaganfälle innerhalb von 2 Jahren. Zum Nachweis der Nichtunterlegenheit wurde ein bayesianisches statistisches Verfahren eingesetzt.
TAVI ähnlich wirksam wie OP
Insgesamt wurden 1.746 Patienten randomisiert, davon 879 in die TAVI- und 867 in die Operationsgruppe. Zur modifizierten Intention-to-Treat-Gruppe (mITT) gehörten Patienten, bei denen die Prozedur dann auch versucht wurde. Das waren 864 in der TAVI- und 796 Patienten in der Operationsgruppe. Letztendlich erhielten 863 Patienten ein Klappensystem mit dem Katheter, 794 Patienten wurden operiert.
Demographische Parameter und kardiovaskuläre Risikofaktoren unterschieden sich in den beiden Gruppen nicht. Das Durchschnittsalter betrug knapp 80 Jahre, rund 57% waren Männer, der STS-PROM lag bei 4,5%. „Diese Patienten hatten eine sehr starke koronare Belastung“, betonte Reardon, fast 40% hätten schon eine PTCA durchgemacht oder einen Bypass erhalten.
In der Studie lag die Mortalitäts- und Schlaganfallrate nach 2 Jahren für TAVI bei 12,6% und für die Operation bei 14,0%. „Eine sehr stabile statistisch signifikante Nichtunterlegenheit“ der TAVI im Vergleich zur Operation konnte damit nachgewiesen werden (p > 0,0001). Die Gesamtsterblichkeit allein lag nach 30 Tagen mit TAVI bei 2,2%, mit Operation bei 1,7%. „Das ist bislang die niedrigste Sterblichkeit in einer Studie, die nach der Operation beobachtet wurde“, so Reardon.
Nach 2 Jahren lag die Gesamtmortalität bei 11,4% mit TAVI und bei 11,6% bei Operation. Die niedrige Sterblichkeit sei auf die exzellenten Operateure und auf das geringere OP-Risiko der Patienten zurückzuführen. Sie nehme weiter ab, je geringer das Operationsrisiko der Patienten sei. Aber die Ergebnisse mit TAVI verliefen parallel, betonte der Herzchirurg aus Houston. Die Rate schwerer Schlaganfälle lag nach 2 Jahren bei 2,6% mit TAVI und 4,5% mit Operation. Dies weist auf einen Vorteil der TAVI hin. Die Ergebnisse waren auch in verschiedenen Subgruppen (Alter, Geschlecht, BMI, Auswurffraktion) konsistent.
Bessere Lebensqualität nach 30 Tagen mit TAVI
Für die Patienten sehr wichtig: Die durch den Eingriff bedingten Komplikationen innerhalb der ersten 30 Tage waren bei TAVI signifikant seltener als bei Operation:
Schlaganfälle: 3,4 vs 5,6%
Transfusionsbedarf (kein Bedarf): 87,5 vs 58,9%
Nierenversagen Stadium 2-3: 1,7 vs 4,4%
kardiogener Schock: 1,1 vs 3,8%
Vorhofflimmern: 2,9 vs 43,4%
Nach 30 Tagen war die Lebensqualität der TAVI-Patienten besser als die der Operierten. Bei TAVI verbesserte sich die Klappen-Hämodynamik stärker mit einem niedrigeren transvalvulären Druckgradienten und einer größeren Öffnungsfläche im Vergleich zur Operation.
Bei den operierten Patienten kam es hingegen zu weniger lebensbedrohlichen oder großen Blutungen (9,3 vs 12,2%) und seltener zu residualen Klappeninsuffizienzen. Schrittmacher mussten den Operierten ebenfalls seltener implantiert werden als den TAVI-Patienten (6,6 vs 25,9%). Die NYHA-Klasse verbesserte sich in beiden Gruppen ähnlich.
REFERENZEN:
1. American College of Cardiology Scientific Sessions, 17. bis 19. März 2017, Washington, D.C./USA
2. Reardon MJ, et al: NEJM (online) 17. März 2017
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Aortenklappen-Stenose: Bei mittlerem OP-Risiko ist TAVI genauso gut wie Chirurgie – bei weniger Komplikationen danach - Medscape - 21. Mär 2017.
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