Der orale Januskinase-Hemmer Baricitinib verringert die Symptome bei mehr Patienten mit rheumatoider Arthritis als Adalimumab oder Placebo – wenn Methotrexat bisher unzureichend gewirkt hat. Der DAS28-CRP-Wert und die Lebensqualität verbessern sich mit Baricitinib ebenfalls signifikant stärker als mit dem TNF-alpha-Blocker oder mit Placebo. Dies ergab die doppelblinde Phase-3-Studie RA-BEAM, die unter Leitung von Prof. Dr. Peter C. Taylor, Universität von Oxford, mit über 1.300 Patienten stattgefunden hat. Sie ist online im New England Journal of Medicine publiziert worden [1].
„Die RA-BEAM-Studie mit Baricitinib ist die erste Phase-3-Studie, die zeigt, dass eine einmal täglich orale Behandlung das klinische Ergebnis im Vergleich zur derzeitigen Standardtherapie, nämlich parenterales Adalimumab in Kombination mit Methotrexat, signifikant verbessert“, betont Taylor in einer Pressemitteilung. „Diese Daten belegen, dass mit Baricitinib eine weitere Therapieoption für Patienten mit rheumatoider Arthritis zur Verfügung steht.“
Die Ergebnisse der Studie waren u.a. Grundlage für die ebenfalls Mitte Februar erfolgte Zulassung dieses ersten Januskinase-Hemmers (JAK-Hemmer) durch die EU-Kommission. Baricitinib gilt als indiziert zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis bei erwachsenen Patienten, die auf eine Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es kann als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat eingesetzt werden.
„Aus meiner Sicht erweitert die Zulassung der Kinaseinhibitoren, in diesem Fall Baricitinib, unsere therapeutischen Optionen deutlich“, sagt Prof. Dr. Hans-Peter Tony, Leiter des Schwerpunkts Rheumatologie/klinische Immunologie, Universitätsklinikum Würzburg. „Das Wirkprinzip, das in der Kaskade der intrazellulären Signalübertragung ansetzt, vergrößert die Möglichkeiten der zielgerichteten Therapieprinzipien. Für bestimmte Patienten ist die einmalige orale Gabe ein direkter Vorteil.“
Gleichzeitig würden JAK-Inhibitoren wie Baricitinib mindestens ähnlich gut wie TNF-alpha-Inhibitoren wirken, in bestimmten Situationen sogar besser. „Für den Alltag wichtig ist aus meiner Sicht, dass mit den Filmtabletten zu 2 und zu 4 mg eine gewisse Dosisanpassung an die Komorbiditäten des Patienten möglich ist und dass eine effektive Monotherapie ohne begleitendes Methotrexat durchgeführt werden kann. Damit ist im Alltag eine flexible Therapiesteuerung möglich“, betonte der Würzburger Rheumatologe.
Mehrzahl der Patienten mit mindestens 2 DMARDs vorbehandelt
In die randomisierte, doppelblinde Parallelgruppenstudie RA-BEAM über 52 Wochen wurden 1.305 auswertbare Patienten mit rheumatoider Arthritis aufgenommen, die alle mit Methotrexat behandelt waren. Randomisiert erhielten sie Placebo (n = 488), Baricitinib 4 mg einmal täglich (n = 487) oder Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen (n = 330). In Woche 24 wurden alle Patienten der Placebogruppe auf Baricitinib umgestellt. Bei nicht ausreichender Besserung unter der Therapie nach Woche 14 und 16 konnten die Patienten offen auf Baricitinib wechseln.
Die Studie war sowohl auf den Nachweis der Nichtunterlegenheit als auch auf den Nachweis der Überlegenheit im Vergleich zu Adalimumab angelegt. Primärer Endpunkt war das ACR-20-Ansprechen in Woche 12 unter Baricitinib im Vergleich zu Placebo. Die Response-Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) erfassen, ob es durch die Behandlung zu einer Besserung vordefinierter Symptome wie Gelenkschmerz, Schwellung oder Funktionsbeeinträchtigungen kommt. Ein ACR-20-Ansprechen entspricht einer Besserung um mindestens 20%.
Die demographischen Parameter der 3 Gruppen waren ähnlich. Fast alle Patienten erhielten Methotrexat als Hintergrundtherapie, die Mehrzahl war zuvor mit mindestens 2 konventionellen krankheitsmodifizierenden Substanzen (DMARDs) behandelt worden. Rund 75% waren Frauen, das Durchschnittsalter lag bei 53 Jahren.
Symptome gebessert und Gelenkschäden weniger fortgeschritten
Das ACR-20-Ansprechen in Woche 12 betrug in der Baricitinibgruppe 70%, in der Placebogruppe 40% (p < 0,001). In allen wichtigen sekundären Endpunkten wie Scores für Lebensqualität (HAQ-DI), Krankheitsaktivität (DAS28-CRP) oder Remission nach Simplified Disease Activity Index (SDAI) wirkte Baricitinib signifikant besser als Placebo. In Woche 24 zeigte sich zudem eine signifikante Verminderung der radiologisch nachgewiesenen Progression der Gelenkschäden durch Baricitinib und Adalimumab.
Im Vergleich zu Adalimumab besserte Baricitinib das ACR-20-Ansprechen ebenfalls signifikant stärker (70 vs 61%, p = 0,01). Zudem nahm der DAS28-CRP-Score in Woche 12 unter Baricitinib mit -2,24 Punkten signifikant stärker ab als unter Adalimumab mit -1,95 Punkten (p < 0,001). Die Wirksamkeit hielt über 1 Jahr an.
Aufgrund von unerwünschten Wirkungen brachen bis zur 24. Woche 3% der Placebo-Patienten, 5% der Baricitinib-Patienten und 2% der Adalimumab-Behandelten die Therapie ab: In den beiden Verumgruppen waren Nebenwirkungen einschließlich Infektionen häufiger. Unter der Therapie mit dem JAK-Hemmer und mit Adalimumab nahmen die Neutrophilen-Zahlen ab, Aminotransferase-, Kreatinin-, LDL-und HDL-Cholesterol-Spiegel stiegen im Vergleich zu Placebo.
REFERENZEN:
1. Taylor PC, et al: NEJM (online) 16. Februar 2017
Diesen Artikel so zitieren: Baricitinib – erster Januskinase-Hemmer bei rheumatoider Arthritis „erweitert therapeutische Optionen deutlich“ - Medscape - 9. Mär 2017.
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