Immuntherapie „goes first line“: Pembrolizumab erhält EU-Zulassung als Therapieeinstieg beim Bronchialkarzinom

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

16. Februar 2017

Mit Pembrolizumab (Keytruda®) steht in der EU erstmals ein Immuntherapeutikum für die First-Line-Therapie von Patienten mit Lungenkarzinom zur Verfügung [1]. Pembrolizumab kann als Monotherapie bei nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) mit hoher Tumor-PD-L1-Expression, aber ohne EGFR- oder ALK-positive Mutationen eingesetzt werden. Die Zulassung beruht vorwiegend auf den Daten der Phase-3-Studie KEYNOTE 024, die von Prof. Dr. Martin Reck, LungenClinic Großhansdorf, und seinen Mitautoren im November 2016 im New England Journal of Medicine publiziert wurden [2].

„Die Daten zur Erstlinientherapie des NSCLC zeigen, dass Pembrolizumab im Vergleich zur aktuellen Standardtherapie bei Patienten mit hoher Tumor-PD-L1-Expression (TPS ≥ 50%) das Überleben häufig deutlich verbessern konnte”, erläutert Reck in einer Pressemitteilung des Herstellers. „Die Ergebnisse, auf die sich die Zulassung stützt, sprechen auch für den Einsatz der PD-L1-Testung zur Identifikation der Patienten, die am wahrscheinlichsten von Pembrolizumab profitieren können.“

„Basierend auf den Ergebnissen der KEYNOTE-024-Studie ist Pembrolizumab derzeit der einzige Anti-PD1-Inhibitor, der im progressionsfreien und im Gesamtüberleben der Chemotherapie in der Erstlinienbehandlung von Patienten mit metastasierendem NSCLC mit und ohne Plattenepithelhistologie und hoher PD-L1-Expression überlegen ist. Die FDA hat Pembrolizumab als ‚bahnbrechende Therapie‘ klassifiziert“, so Prof. Dr. Martin Kohlhäufl, Chefarzt Klinik Schillerhöhe, Zentrum für Pneumologie, Thoraxchirurgie und Beatmungsmedizin, Gerlingen.

Einschränkend sei jedoch zu bemerken, dass von 1.934 gescreenten Patienten mit metastasiertem NSCLC nur 30% hoch PD-L1-exprimierende Tumoren (TPS ≥ 50%) gehabt hätten. Hier seien weitere Studien zur Stratifizierung der Patienten nach PD-L1-Status erforderlich.

Zulassung bei Melanom und Lungenkrebs

Pembrolizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der an den „Programmed cell death-1“-(PD-1)- Rezeptor bindet und die Interaktion mit seinen Liganden PD-L1 und PD-L2 blockiert. Der PD-1-Rezeptor ist ein negativer Regulator der T-Zell-Aktivität, der an der Kontrolle der T-Zell-Immunreaktion beteiligt ist.

„Dieser immunonkologische Therapieansatz bewirkt eine Verstärkung der T-Zell-basierten Immunantwort des Patienten zur Detektion und Elimination maligner Zellen. Inhibitorische Signale, so genannte Immun-Checkpoints, sind für die Aufrechterhaltung der Selbsttoleranz von großer Bedeutung“, erläuterte Kohlhäufl.

Aktuell ist das Immuntherapeutikum nun zur Monotherapie des fortgeschrittenen Melanoms sowie zur Monotherapie des fortgeschrittenen PD-L1-exprimierenden NSCLC in der Erst- und Zweilinientherapie zugelassen.

G-BA bestätigt beträchtlichen Zusatznutzen in der Zweitlinientherapie des NSCLC

Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 2. Februar 2017 bekannt gegeben, dass für Pembrolizumab ein Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen im Vergleich zu Docetaxel für die Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten NSCLC mit PD-L1-exprimierenden Tumoren bei Erwachsenen vorliegt, die zuvor eine Chemotherapie erhalten haben.


Phase-3-Studie KEYNOTE 024 zur Erstlinientherapie bei NSCLC

In der randomisierten, unverblindeten kontrollierten multizentrischen KEYNOTE-024-Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pembrolizumab (200 mg alle 3 Wochen) und einer platinhaltigen Chemotherapie bei 305 Patienten mit unbehandeltem metastasiertem NSCLC verglichen. Die Tumoren wiesen eine hohe PD-L1-Expression mit einem Tumor Proportion Score (TPS) von mindestens 50% auf und zeigten keine EGFR- oder ALK-Mutationen.

 
Die FDA hat Pembrolizumab als ‚bahnbrechende Therapie‘ klassifiziert. Prof. Dr. Martin Kohlhäufl
 

Der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) wurde durch eine verblindete, unabhängige zentrale radiologische Beurteilung erhoben. Sekundäre Endpunkte waren Gesamtüberleben, objektive Ansprechrate und Sicherheit.

Pembrolizumab verlängerte das progressionsfreie Überleben um 4,3 Monate im Median. Es nahm von 6 Monaten unter Chemotherapie (95%-KI: 4,2 bis 6,2) auf 10,3 Monate zu (95%-KI: 6,7 bis nicht erreicht). Die Immuntherapie senkte das Risiko für Progression und Tod um 50% im Vergleich zur platinhaltigen Chemotherapie (HR 0,50, 95%-KI 0,37 bis 0,68, p < 0,001).

Nach 6 bzw. 12 Monaten waren 62% bzw. 48% der mit Pembrolizumab behandelten Patienten noch am Leben und progressionsfrei, unter Chemotherapie waren es 50% bzw. 15% der Patienten.

Das Sterberisiko wurde durch Pembrolizumab um 40% im Vergleich zur Chemotherapie gesenkt (HR: 0,60, 95%-KI: 0,41 bis 0,89; p = 0,005). In diesem Ergebnis sind auch 66 Patienten (43,7%) im Chemotherapie-Arm erfasst, die wegen einer Progression in den Pembrolizumab-Arm gewechselt hatten. Das mediane Gesamtüberleben ist in beiden Gruppen noch nicht erreicht.

Nach 6 bzw. 12 Monaten lebten 80% bzw. 70% der Patienten unter Pembrolizumab sowie 72% bzw. 54% unter Chemotherapie. Auf Pembrolizumab sprachen 45% der Patienten an, ein komplettes Ansprechen wurde bei 6 Patienten erreicht. auf. Unter Chemotherapie sprachen 28% der Patienten an, wobei ein Patient komplett ansprach. Das mediane Ansprechen hielt unter Pembrolizumab länger an als unter Chemotherapie.

Unerwünschte Wirkungen wurden bei 73,4% der Patienten unter Pembrolizumab und bei 90% unter Chemotherapie beobachtet. Auch schwere Nebenwirkungen vom Grad 3, 4 oder 5 waren mit 26,6 versus 53,3% seltener unter dem Antikörper.

 

REFERENZEN:

1. Europäische Kommission: Pharmaceuticals – Community Register, Pembrolizumab, Version vom 31. Januar 2017

2. Reck M, et al: NEJM 2016;375:1823-1833

 

Kommentar

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