Niedergelassene Ärzte stehen wirtschaftlich besser da als in Vorjahren, so das Ergebnis des Zi-Praxis-Panels, an dem insgesamt 5.006 Arztpraxen teilnahmen [1]. Im Berichtszeitraum von 2011 bis 2014 konnten die niedergelassenen Ärzte einen Anstieg der Jahresüberschüsse von real insgesamt 6,7% verbuchen – vor allem aufgrund des guten Abschlusses im Jahr 2014. 2014 lag der Jahresüberschuss durchschnittlich pro Praxisinhaber bei 156.200 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist er um 6,6% gestiegen.
Grundsätzlich scheint es, dass 2014 eine Durststrecke überwunden wurde, nachdem entsprechende Gesetze in den Vorjahren bewirkt hatten, dass die Honorarsteigerung limitiert wurde, so Markus Leibner, Projektleiter des Zi-Praxis-Panels des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, gegenüber Medscape.
Insgesamt weichen die Werte stark ab, je nachdem welche Art von Praxis betrieben wird oder in welchem zeitlichen Umfang: 25% der Praxisinhaber hatten einen Jahresüberschuss von weniger als 88.500 Euro, 50% von weniger als 136.000 Euro und 75% von weniger als 197.900 Euro.
Forderung der KBV: Gleichstellung mit Klinikärzten
In Gemeinschaftspraxen lagen die Jahresüberschüsse je Praxisinhaber im Jahr 2014 mit rund 182.000 Euro rund 28% über den Einzelpraxen (141.700 Euro). Das Bild ist für Hausarztpraxen anders als für Facharztpraxen. Während bei den Fachärzten die Überschüsse je Inhaber in der Gemeinschaftspraxis (216.500 Euro) höher sind als in einer einzelnen Praxis (178.000 Euro), liegen die Einnahmen in der einzelnen Hausarztpraxis (162.600 Euro) höher als in einer Gemeinschaftspraxis (152.000 Euro).

Dr. Andreas Gassen
„Trotz gestiegener Jahresüberschüsse bei den niedergelassenen Ärzten ist die Arbeit als angestellter Arzt im Krankenhaus attraktiver“, so Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), in einer Pressemitteilung.
Wirtschaftlich stünden die Oberärzte als Referenzgruppe besser da: „Die Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Praxis mit hohem wirtschaftlichen Risiko müssten mindestens genauso gut sei wie in der sicheren Anstellung im Krankenhaus", fordert Gassen. Leitende Oberärzte verdienten 2014 bei einer 51-Stunden-Woche brutto zwischen 131.773 und 140.330 Euro (ohne Zulage wie Bereitschaftsdienst-Entgelte).
GKV-Einnahmen machen den Löwenanteil aus
Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Niedergelassenen geht insgesamt auf höhere GKV-Einnahmen zurück. Überdurchschnittlich stark waren die Einnahmen aus der kassenärztlichen Tätigkeit (+12,2%). Der Anteil der GKV-Einnahmen an den Gesamteinnahmen lag 2011 bei 74,4% und im Jahr 2014 bei 75,8%.
Die Gesamteinnahmen je Praxisinhaber stiegen von 2011 bis 2014 um 28.000 Euro (+10,2%). Die größten durchschnittlichen Steigerungsraten von Einnahmen (+5,6%) und Jahresüberschüssen (+6,6%) erzielte der Fachbereich Augenheilkunde. Unter dem Durchschnitt blieb das Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie: Ihr Jahresüberschuss verringerte sich um durchschnittlich 1,1% pro Jahr.
Augenärzte verdienen mehr, Psychotherapeuten weniger
„Diese aktuelle Zi-Erhebung belegt erneut, dass bei der Vergütungssystematik grundsätzlich etwas schiefläuft. Das ist nicht akzeptabel", kritisiert Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV), in einer Mitteilung. „Die Geringschätzung psychischen Leids zeigt sich auch im Umgang mit denjenigen, die psychisch kranke Menschen behandeln. Professionelle Psychotherapie braucht eine ausreichende finanzielle Grundlage, die der zeitintensiven und aufwändigen Arbeit mit psychisch kranken Menschen gerecht wird", so Lubisch.
Der Bewertungsausschuss müsse bei der anstehenden Neubewertung der psychotherapeutischen Leistungen „für eine Vergütung sorgen, die die wirtschaftliche Situation der Psychotherapeuten deutlich verbessert“. Umgerechnet auf eine Stunde Arbeitszeit erzielen Psychotherapeuten einen Überschuss von 35,40 Euro brutto, während Hausärzte 68 Euro und Fachärzte durchschnittlich 69 Euro pro Stunde erreichen.
Operativ lukrativer als konservativ
Markant sind die Unterschiede zwischen Ärzten mit konservativer Tätigkeit und Ärzten, die operative Leistungen erbringen: Einen deutlich geringeren Überschuss erzielten die meisten Fachgebiete bei konservativer Tätigkeit.
Dass auch Hausärzte 2014 besser abschließen konnten als in den vorigen Jahren, führt Vincent Jörres vom Deutschen Hausärzteverband auf den Abschluss von Hausarztverträgen mit den Krankenkassen zurück: Hierdurch sei auch auf das KV-System ein gewisser Druck entstanden. Dennoch befinde man sich im Vergleich mit den anderen Facharztgruppen im unteren Drittel, was die Überschüsse anbelangt.
„Die Zahlen zeigen deutlich, dass wir nach wie vor hinterherhinken. Es ist eine Fehlentwicklung seit vielen Jahrzehnten, dass zum Beispiel die sprechende Medizin deutlich unterbewertet ist“, so Jörres.
Ärzte zurückhaltend bei Investitionen
Auffallend sind die geringen Investitionskosten der Arztpraxen – sie stagnierten auf niedrigem Niveau. Knapp 50% der Zi-Praxis-Panel-Teilnehmer wendeten 2014 weniger als 2.700 Euro auf. Eine Ausnahme bildet der hausärztliche Bereich mit einer Steigerung von 13%.
Möglicher Grund dafür, dass Ärzte insgesamt wenig investiert hätten, könnten ein hohes Wachstum der Betriebskosten und gesteigerte Personalkosten sein. Auch die von Jahr zu Jahr unterschiedliche Einkommenssituation mag eine Erklärung für die Zurückhaltung sein.
Warum gerade Hausärzte mehr investiert haben, gehe aus den Daten nicht hervor, so Leibner. Die Frage nach den Gründen für Investitionsfreude oder Zurückhaltung sei Gegenstand einer eigenen Umfrage, die demnächst durchgeführt werde.
REFERENZEN:
1. Zi-Praxis-Panel: Vorabinformation zum Jahresbericht 2015, 2. Februar 2017
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Zi-Praxis-Panel: Höhere Überschüsse für niedergelassene Ärzte – Klinikärzte stehen finanziell trotzdem besser da - Medscape - 8. Feb 2017.
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