Mammographie-Screening: Überwiegen doch die Nachteile? Eine dänische Studie deutet darauf hin

Anke Brodmerkel

Interessenkonflikte

18. Januar 2017

Das Mammographie-Screening in Dänemark trägt nicht dazu bei, weniger Tumoren im fortgeschrittenen Stadium zu entdecken. Das berichten Wissenschaftler um Dr. Karsten Juhl Jørgensen vom Nordic Cochrane Centre in Kopenhagen in der Online-Ausgabe des Fachblatts Annals of Internal Medicine [1].

Es sei daher unwahrscheinlich, dass das Screening die Brustkrebssterblichkeit senke oder zu weniger invasiven Therapien führe, schreiben Jørgensen und seine Kollegen. Zudem geht das Team davon aus, dass etwa jedes dritte der bei der Röntgenuntersuchung aufgespürten Mammakarzinome überdiagnostiziert ist. Diese Tumore hätten zu Lebzeiten der Frauen niemals Probleme verursacht.

Prof. Dr. Wolfgang Janni

Das Ergebnis ihrer Studie unterstütze die derzeitigen Forderungen etwa aus Frankreich und der Schweiz, das gegenwärtige Mammographie-Screening zu beenden oder zumindest in seinem Umfang zu reduzieren, schreiben die Forscher in einer Mitteilung des Nordic Cochrane Centre. Überdiagnosen führten zu unnötigen Behandlungen mit Operationen, Bestrahlung und manchmal auch Chemotherapie, die alle bekannt dafür seien, gravierende und zuweilen sogar tödliche Nebenwirkungen zu haben. „Screening senkt nicht die Sterblichkeit und erhöht die Zahl invasiver Eingriffe, inklusive Mastektomien“, betont das Team um Jørgensen.

Deutsche Experten betrachten die Studie kritisch

Hierzulande werden die Daten aus Dänemark und vor allem deren Interpretation jedoch durchaus kritisch gesehen. „Es handelt sich ja nicht um eine prospektiv-randomisierte Studie, sondern um eine Kohortenanalyse von Kollektiven aus sehr verschiedenen Zeiträumen“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Janni, der Direktor der Frauenklinik und Leiter des zertifizierten Brustzentrums am Universitätsklinikum Ulm im Gespräch mit Medscape. Diese Kollektive könnten einer ganzen Reihe unterschiedlicher Einflüsse unterliegen, welche die Resultate beeinflussten.

Prof. Dr. Alexander Katalinic

„Zu Recht werden solche Analysen, insbesondere in der Onkologie, immer wieder sehr kritisch angezweifelt und haben auch in der Vergangenheit zu Fehlschlüssen geführt“, sagt Janni. Beispielsweise habe die Hochdosis-Chemotherapie beim Mammakarzinom nach Kohortenanalysen zunächst sehr erfolgreich ausgesehen. Randomisiert hätte man diese Ergebnisse jedoch leider nicht bestätigen können. Janni warnt davor, das Mammographie-Screening aufgrund der Daten aus Dänemark nun vorschnell zu verurteilen.

Ähnlich sieht das der auf Krebserkrankungen spezialisierte Epidemiologe, Prof. Dr. Alexander Katalinic: „Die Autoren dieser Studie sind als erklärte Gegner des Screenings bekannt – und selbst für mich als Epidemiologen ist ihre Untersuchung in vielen Punkten nicht leicht nachvollziehbar“, sagt der Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Epidemiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck gegenüber Medscape. „Jørgensen und seine Kollegen machen bei ihren Berechnungen viele Annahmen, deren Auswirkungen auf die Ergebnisse der Studie auf die Schnelle nicht zu beurteilen sind.“

Kommentar

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