S3-Leitlinie Prostatakarzinom aktualisiert: Neues bei Primär- und Rezidiv-Diagnostik, Strahlen- und Pharmako-Therapie

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

17. Januar 2017

Therapie und Diagnostik des Prostatakarzinoms haben sich durch neue Verfahren verbessert – die S3-Leitlinie trägt dem nun mit einer Aktualisierung Rechnung. Aufgenommen wurden Neuerungen in der Primär- und Rezidiv-Diagnostik, aktuelle Erkenntnisse der Strahlentherapie sowie eine neue medikamentöse Kombinationstherapie [1]. In der Leitlinie finden sich nun Empfehlungen zur MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie, zur kombinierten Hormon-Chemotherapie beim metastasierten Karzinom, zur PET und zu hypofraktionierten Bestrahlungskonzepten.

Ob nun MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie, die 68Galium- PSMA-PET/CT – eine Variante der PET zur Rezidiv-Erkennung – oder die kombinierte Hormon-Chemotherapie mit Docetaxel beim metastasierenden Prostatakarzinom: „Alle Neuerungen sind gleich wichtig, da gibt es keine Rangfolge“, erklärt Prof. Dr. Manfred Wirth, Direktor der Urologischen Klinik am Universitätsklinikum Dresden und Koordinator der Leitlinie. Er ergänz: „Bei der Überarbeitung der Leitlinie haben wir diese diagnostischen und therapeutischen Verfahren priorisiert und aus den besten verfügbaren wissenschaftlichen Evidenzen Empfehlungen für ihren Einsatz abgeleitet.“

Die Aktualisierung erfolgte als turnusgemäße Überarbeitung der S3-Leitlinie. Im Zug der „living guideline“, der geplanten modularen Aktualisierung, wird die Leitlinie auch in diesem Jahr weiter aktualisiert werden, so Wirth.

Mit 25,4% aller diagnostizierten Krebserkrankungen ist das Prostatakarzinom die häufigste Krebserkrankung des Mannes in Deutschland; jährlich erkranken 58.000 Männer neu, 12.000 sterben an den Folgen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren. Da sich der Anteil der über 60-Jährigen bis 2050 verdoppelt, wird eine weitere Zunahme der Erkrankungen erwartet.

MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie: Schonendes Verfahren erweitert die Diagnostik

Die MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie zur Primärdiagnose ist besonders schonend. Denn während der ultraschallgestützten Gewebeentnahme kann die Biopsienadel gezielt auf Herde ausgerichtet werden, die zuvor in der MRT auffällig geworden sind.

 
Alle Neuerungen sind gleich wichtig, da gibt es keine Rangfolge. Prof. Dr. Manfred Wirth
 

Urologen und Radiologen arbeiten dabei Hand in Hand: Zunächst wird beim Radiologen die Prostata mit dem multiparametrischen MRT (mpMRT) untersucht und verschiedene Sequenzen werden kombiniert. In den so erzeugten Bildern sind Tumore besser sichtbar, Aussagen über  Größe und Aggressivität des Tumors werden erleichtert. So lassen sich bereits sehr kleine krebsverdächtige Gewebeanteile im Frühstadium mit hoher Treffsicherheit erkennen. Die Indikation zur systematischen Biopsie bleibt vom Einsatz der Fusionsbiopsie unberührt.

Kombinierte Hormon-Chemotherapie mit Docetaxel

Neu aufgenommen in die aktualisierte Leitlinie wurde auch die kombinierte Hormon-Chemotherapie mit Docetaxel. Laut Studien profitieren von ihr Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom in gutem Allgemeinzustand (ECOG Performance-Status 0 bis 1). Sie sollte diesen Männern daher zusätzlich zur Androgendeprivation angeboten werden. Entscheidet sich der Patient dafür, sollte die Docetaxel-Gabe innerhalb von 4 Monaten nach Start der Androgendeprivation beginnen. Die 6 Zyklen sollen alle 3 Wochen in einer Dosierung von 75 mg/m² gegeben werden.

 
Inzwischen wenden bereits praktisch alle nuklearmedizinischen Universitätskliniken das 68Galium-PSMA-PET/CT zur Rezidiv-Erkennung an. Prof. Dr. Manfred Wirth
 

Krebszellen nach Rückfall aufspüren

Eine neue Variante der PET, die 68Galium-PSMA-PET/CT, wurde ebenfalls aufgenommen. Sie kann gezielt Prostatakrebszellen nach einem Rückfall aufspüren – dies mithilfe eines radioaktiven Markers, der das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA) erkennt.

Nach Wirths Einschätzung ist das 68Galium-PSMA-PET/CT die derzeit wahrscheinlich beste bildgebende Methode zur Rezidiv-Erkennung. „Wir müssen jedoch noch weitere Daten abwarten. Aber die bisherige Datenlage deutet klar in die Richtung, dass diese PET die beste Technik ist.“

Noch ist die Methode nicht flächendeckend verbreitet, „aber die Verbreitung nimmt zu“, so Wirth. „Inzwischen wenden bereits praktisch alle nuklearmedizinischen Universitätskliniken das 68Galium-PSMA-PET/CT zur Rezidiv-Erkennung an.“

Hypofraktionierte Bestrahlungskonzepte – im Rahmen von klinischen Studien okay

Konzepte zur hypofraktionierten Strahlung – dabei wird die erforderliche Strahlendosis in kürzerer Zeit als bei der konventionellen Bestrahlung verabreicht – werden schon seit längerem diskutiert und haben jetzt ebenfalls Eingang in die aktualisierte S3-Leitlinie gefunden. Eine Strahlentherapie mit moderater Hypofraktionierung kann unter bestimmten Voraussetzungen vorgenommen werden. Diese sind:

  • Eine hypofraktionierte, postoperative Strahlentherapie sollte nur innerhalb kontrollierter klinischer Studien erfolgen.

  • Sie sollte mit moderner Technik vorgenommen werden: intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) und bildgeführte Strahlentherapie (IGRT).

  • Das Fraktionierungsschema sollte den Phase-3-Studien entsprechen, die Nichtunterlegenheit in Effektivität und Spättoxizität gezeigt haben.

  • Und: Der Patient soll über die möglicherweise erhöhte urogenitale Spättoxizität aufgeklärt werden.

Jedoch ist der Stellenwert der moderat hypofraktionierten Strahlentherapie trotz einiger Phase-3-Studien bislang nicht abschließend geklärt, da die Nachbeobachtungszeiten noch nicht lang genug sind.

Entstanden ist die aktualisierte S3-Leitlinie unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU). Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat die Evidenz bewertet und aufbereitet.

 

REFERENZEN:

1. S3-Leitlinie Prostatakarzinom 4.0, Dezember 2016

 

Kommentar

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