Ein Saunagang sorgt möglicherweise für mehr als nur Entspannung. Laut einer aktuellen Studie mit über 2.300 Männern, die jüngst im Fachjournal Age and Aging publiziert worden ist, scheinen regelmäßige Saunagänge auch das Risiko zu reduzieren, an der Alzheimer-Krankheit oder einer anderen Form von Demenz zu erkranken [1].

Prof. Dr. Wolfgang Maier
„Angesichts der kreislaufaktiven Wirkung der Sauna erscheinen die Ergebnisse der Studie plausibel“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Maier, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn, im Gespräch mit Medscape. Den Beweis eines kausalen Zusammenhangs könne die retrospektive Studie gleichwohl nicht liefern.
Allerdings habe sich in der Studie eine deutliche Dosis-Wirkungs-Beziehung gezeigt, d.h. je häufiger die Männer in die Sauna gingen, umso niedriger lag ihr Demenz- oder Alzheimer-Risiko. Dies, so Maier, könnte dafür sprechen, dass das Studienergebnis kein Zufall war.
Ein paar Saunagänge hin und wieder, auch das wird in der Studie deutlich, reichen aber wohl nicht aus, um signifikante Wirkungen zu erzielen. Um das Erkrankungsrisiko effektiv zu senken, sollte man das Heißluftbad schon sehr zu schätzen wissen und mindestens viermal pro Woche saunieren gehen.
Eine repräsentative Stichprobe finnischer Männer: Einmal wöchentlich bis täglich in die Sauna
Die Analyse ist Teil der Finnish Kuopio Ischaemic Heart Disease Risk Factor Study, die designt worden ist, um Risikofaktoren für atherosklerotische Ereignisse in einer repräsentativen Stichprobe finnischer Männer mittleren Alters zu erheben. Insgesamt 2.315 Männer im Alter zwischen 42 und 60 Jahren wurden in den Jahren 1984 bis 1989 in die Studie aufgenommen.
601 von ihnen gaben bei der Eingangsuntersuchung an, einmal pro Woche in die Sauna zu gehen, 1.513 nahmen 2- bis 3-mal pro Woche ein Saunabad und 200 Männer führte es 4- bis 7-mal pro Woche in den schweißtreibenden Raum.
Eine echte Kontrollgruppe mit Männern, die nie die Sauna nutzten, gab es nicht (die wären im Land der Sauna-Liebhaber vermutlich auch nur mit erheblichem Aufwand zu finden gewesen). Deshalb verglichen die Autoren um Tanjaniina Laukkanen vom Institute for Public Health and Clinical Nutrition in Kuopio die Rate der Demenz-Erkrankungen bei Männern, die mehrmals die Woche die Sauna nutzten (2- bis 3-mal bzw. 4- bis 7-mal), mit der Erkrankungsrate der Männer, die es nur einmal in der Woche in die Sauna zog.
Je häufiger die Saune besucht wurde, umso geringer war das Demenzrisiko
Die Nachbeobachtungszeit betrug im Schnitt 20,7 Jahre. In dieser Zeit diagnostizierten die Autoren bei den Studienteilnehmern 204 Demenz- und 123 Alzheimer-Erkrankungen.
In der auf bekannte Confounder (z.B. Alter, Alkoholkonsum, Raucherstatus, Typ-2-Diabetes) adjustierten Analyse zeigte sich schließlich, dass die hohen Temperaturen der finnischen Sauna den Gehirnzellen der Männer offenbar nicht schadeten. Im Gegenteil: Je häufiger die Männer in die Sauna gingen, umso seltener erkrankten sie an Demenz.
So wies bereits die Gruppe der Männer, die 2- bis 3-mal pro Woche in die Sauna gingen, im Vergleich zu Männern, die es nur einmal in der Woche in die Sauna zog, ein reduziertes Risiko für Demenz (Hazard Ratio [HR]: 0,78) und die Alzheimer-Krankheit (HR: 0,80) auf.
Bei Männern, die sich mindestens 4-mal pro Woche in die Sauna zum Schwitzen setzten, reduzierte sich das Demenzrisiko sogar signifikant um 66% (HR: 0,34) und das Alzheimer-Risiko um 65% (HR: 0,35).
Vermindertes Demenzrisiko wegen verbesserter Herz-Kreislauf-Funktion?
Über die zugrundeliegenden Ursachen dieses inversen Effekts können die Autoren nur spekulieren. In Anbetracht früherer, auch eigener, Forschungsergebnisse, halten sie das Ergebnis jedoch – wie der Bonner Experte Maier – für plausibel. So seien regelmäßige Saunagänge mit einer verbesserten endothelialen Funktion assoziiert und könnten dazu beitragen, hohen Blutdruck und erhöhte Pulsfrequenzen – bekannte Risikofaktoren für Demenz – zu senken.
„Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass Saunabaden nicht nur eine erholsame Lebensgewohnheit ist, sondern auch eine Möglichkeit darstellt, die Herz-Kreislauf-Funktion zu verbessern und in der Folge die Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz zu verhindern oder zu verzögern“, fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen.
Alle Mann in die Sauna?
Maier, Sprecher des Kompetenznetzes Degenerative Demenzen (KNDD), schränkt allerdings ein, dass sich die Ergebnisse nur auf Männer beziehen. Ob Frauen ihr Erkrankungsrisiko in ähnlicher Weise durchs Saunieren reduzieren könnten, lasse sich aus der Studie nicht ableiten.
Zu beachten sei zudem, dass es sich offenbar um eine zeitlich versetzte Wirkung handelt: Sauna im mittleren Lebensalter (40 bis 60 Lebensjahre) geht mit weniger Demenzen im höheren Lebensalter einher. Um einen direkten Zusammenhang nachzuweisen, bedürfe es entsprechend einer sich über 20 Jahre erstreckenden Langzeitstudie, so Maier.
Männer im höheren Lebensalter sollten sich deshalb auch nicht mehr zu viel vom Saunieren versprechen. „Ausgehend von anderen kardiovaskulären Präventionsmaßnahmen, z.B. Joggen, nützt es vermutlich wenig, erst mit 60 Jahren oder noch später mit dem Saunieren zu beginnen“, sagt er.
Und ob die Saunagänge bei einer bereits begonnenen Demenz helfen könnten, bezweifelt Maier ohnehin. So kehre sich etwa die Blutdrucksituation bei vielen Demenzpatienten um. Statt eines hohen Blutdrucks in den Jahren vor Demenzbeginn, wiesen viele Patienten später auf einmal einen niedrigen Blutdruck auf. Die Wirkung der Sauna wäre dann vermutlich kontraproduktiv.
20 Jahre lang viermal pro Woche in die Sauna – außerhalb Finnlands ein Problem
Außerdem weist die finnische Studie darauf hin, dass es selbst mit 1 bis 2 Saunagängen pro Woche nicht getan ist. Eine signifikante Verringerung des Demenzrisikos zeichnete sich nur in der Gruppe der Männer ab, die nach eigenen Angaben mindestens viermal pro Woche saunierten – und das über durchschnittlich 2 Jahrzehnte. „Die Anwendbarkeit der Methode außerhalb des finnischen Kulturkreises, in welchem die Sauna einen festen Platz hat, wird damit zum Problem“, gibt Maier zu bedenken.
Dabei bleibt auch offen, ob alle finnischen Studienteilnehmer tatsächlich so häufig, wie bei der Eingangsuntersuchung angegeben, in die Sauna gingen und/oder ob sie ihre Gewohnheiten in der 20-jährigen Beobachtungszeit änderten. Erneute Befragungen gab es nicht. Aufgrund der in der finnischen Kultur tief verwurzelten Saunatradition und der in fast jedem Haus zu findenden Sauna, gehen Laukkanen und ihre Mitautoren allerdings nicht von beträchtlichen Verzerrungen in diesem Bereich aus.
REFERENZEN:
1. Laukkanen T, et al: Age Ageing (online) 7. Dezember 2016
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Schwitzen gegen die Demenz? Häufiges Saunieren scheint vor kognitiven Defiziten zu schützen – zumindest in Finnland - Medscape - 12. Jan 2017.
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