Das Jahr 2017 hält für niedergelassene Ärzte einige Änderungen bereit – vom elektronischen Arztbrief, über mehr finanzielle Anreize zur Förderung nichtärztlicher Praxisassistenten bis zu Empfehlungsformularen für Präventionsangebote.
Pauschale für elektronischen Arztbrief
Jetzt schon können Ärzte ihn via KV-Connect versenden, empfangen und abrechnen. Ab 1. Januar 2017 erhalten niedergelassene Ärzte für den Versand und Erhalt eines elektronischen Arztbriefes 55 Cent von den Krankenkassen als finanzielle Förderung nach dem E-Health-Gesetz. Voraussetzung: die Übertragung muss sicher erfolgen und der Papierversand entfallen, so die Mitteilung der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Die Vergütung erfolgt extrabudgetär und beim Versand gibt es eine fachgruppenabhängige Obergrenze, die sich an der Anzahl der Behandlungsfälle in dem jeweiligen Quartal orientiert. Eine Hausarztpraxis mit 1.120 Behandlungsfällen im Quartal dürfe in diesem Zeitraum maximal 1.120 Mal abrechnen, so die KBV.
Die Höhe der Summe für den Versand und Erhalt eines elektronischen Arztbriefes sorgte im Vorfeld für Zündstoff, weil für ein Fax wie bisher 55 Cent kassiert werden kann, während bei der Versendung von elektronischen Übermittlung von Arztbriefen die Ärzte für den Versand 28 Cent erhalten und 27 Cent für den Empfang. Dies stieß bei der Landesärztekammer Hessen auf Kritik, weil kein Anreiz zur Versendung eine E-Arztbriefes bestehe.
Nach Angaben der KBV sind seit November 2015 rund 75.000 E-Arztbriefe per KV-Connect versendet worden. Dem stünden laut dem Signatur-Anbieter Medisign 12 Millionen Arztbriefe gegenüber, die über die EBM-Kostenpauschale pro Monat abgerechnet worden seien, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Im Jahr erhielten Ärzte demzufolge knapp 80 Millionen Euro für den herkömmlichen Briefversand.
„Wenn das Ziel ist, die bislang rund 144 Millionen herkömmlichen Arztbriefe pro Jahr in e-Arztbriefe umzuwandeln, muss der Telematik-Zuschlag so ausgestaltet werden, dass die Anwendung von der Ärzteschaft angenommen und flächendeckend genutzt wird“, so die KBV. Der Vorschlag des Unternehmens, einen Zuschlag in Höhe von 1,10 Euro je Arztbrief fand offensichtlich keine Zustimmung.
Ärzte und Psychotherapeuten benötigen nach Angaben der KBV den elektronischen Heilberufsausweis für qualifizierte elektronische Signaturen (QES). Der Ausweis wird über die Landes-Ärztekammern beantragt und anschließend von einem Industriepartner ausgegeben. Die Förderung läuft vom 1. Januar bis 31. Dezember 2017. Die Vergütung erfolgt dabei nicht wie bisher aus der begrenzten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV), sondern extrabudgetär. Die Kosten, die für den Papierversand entfallen, sind bei der jährlichen Anpassung der MGV zu berücksichtigen. Details zur Abrechnung legt die KBV in einer Richtlinie fest.
Ärzte und Psychotherapeuten, die noch keinen elektronischen Heilberufsausweis besitzen, sollten sich rechtzeitig an ihre Landes-Ärztekammer wenden und den Ausweis beantragen, rät die KBV.
Finanzielle Anreize für nichtärztliche Praxisassistenten (NäPa)
Die Diskussion um nicht abgerufene Gelder für den Einsatz für nichtärztliche Praxisassistenten (NäPas) brachte 2016 den Deutschen Hausärzteverband so richtig in Rage: Was ist mit den über 70 Millionen Euro „NäPa-Gelder“ passiert, die bis zum heutigen Tag nicht bei den Hausärzten und ihren Patienten angekommen sind?" fragte er sich.
Seit 2015 stehen jährlich rund 118 Millionen Euro für die Leistungen von NäPas als Vergütungsvolumen zur Verfügung. Ausgeschöpft wurde dieser Topf bei Weitem nicht – zu hoch waren offensichtlich die Hürden.
„Die KBV konnte erreichen, dass die Hälfte der nicht abgerufenen Finanzmittel weiterhin für die hausärztliche Versorgung zur Verfügung steht. Das sind für die Jahre 2015 und 2016 voraussichtlich rund 65 bis 70 Millionen Euro", teilte die KBV mit. Dieser Beschluss sei gegen die Stimmen der Krankenkassen gefasst worden.
Ab dem neuen Jahr soll das Angebot rund um den NäPas attraktiver werden. Ein Strukturzuschlag für Kosten wie Ausbildung, höhere Gehälter und Praxisausstattung wird angehoben: Er steigt von jetzt 2,30 auf 3,58 Euro je Behandlungsfall und wird auf die hausärztliche Strukturpauschale gezahlt – künftig für bis zu 700 Fälle, vorher lag die Höchstgrenze bei 584 Fällen. Damit erhalten Ärzte ab Januar 2017 bis zu 2.506 Euro im Quartal und damit eine fast doppelt so hohe Förderung. Das seien im Jahr etwa 10.000 Euro mehr, so die KBV.
Auch wird die Fallzahl als Förderkriterium abgesenkt, damit mehr Hausarztpraxen als bisher profitieren können: Die Mindestanzahl von Patienten, die älter sind als 75 Jahre wird gesenkt. So kann ein Hausarzt mit voller Zulassung einen Praxisassistenten genehmigt bekommen, wenn er durchschnittlich mindestens 700 Behandlungsfälle statt 860 Fälle nachweist oder durchschnittlich 120 Fälle je Quartal bei über 75-jährigen Patienten. Vorher waren mindestens 160 nötig. Auch für die Vergütung der Besuche werden höhere Zuschläge bezahlt. Sie steigt auf 19,59 Euro (vorher 17,32 Euro). Für den Mitbesuch werden 14,32 statt 12,73 Euro bezahlt.
Nicht durchsetzen konnte die KBV nach eigenen Angaben, dass auch Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis (VERA) ohne zusätzliche Ausbildung als NäPas anerkannt werden. NäPas können jedoch in einer Praxis tätig werden, sobald sie mit der Fortbildung begonnen haben. Die zum Jahresende auslaufende Übergangsregelung wurde jetzt bis Ende 2018 verlängert. Damit können Hausärzte weiterhin bereits dann einen qualifizierten NäPA genehmigt bekommen, wenn sich dieser noch in der Ausbildung befindet. Auch für Fachärzte gilt die verlängerte Übergangsregelung, so die KBV.
Motivation der Patienten durch Empfehlungsformular
Sportkurse, Ernährungsberatung, Rauchentwöhnung oder Entspannungstechniken: Ab Januar 2017 können niedergelassene Ärzte Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Präventionsleistungen auf einem Formular empfehlen. Viele Kassen tragen die Kosten von zertifizierten Präventionskursen zu Bewegung, Ernährung, Stressmanagement und Suchtmittelkonsum. Bislang mussten das Mitglieder selbst beantragen, etwa mit einer formlosen ärztlichen Empfehlung. Versicherte können aber auch weiterhin Präventionsleistungen ohne ärztliche Empfehlung beantragen.
Die in der Gesetzesbegründung genannten Bereiche Bewegung, Ernährung, Stressmanagement und Suchtmittelkonsum sind in den Kriterien des Leitfadens Prävention nicht abschließend festgelegt, deshalb ist im Empfehlungsformular das Feld „Sonstiges“ vorgesehen. Unter „Sonstiges“ können auch Maßnahmen empfohlen werden, die von der Krankenkasse aufgrund ihrer Vorgaben nicht gefördert werden können. Es wird daher in dem Vordruck „Präventionsempfehlung“ ein Hinweis für die Versicherten aufgenommen: „Bitte informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse über die geprüften und anerkannten Präventionsangebote und die Fördervoraussetzungen.“
Der Beschluss wurde als ein Schritt in die richtige Richtung vor allem von Selbsthilfeorganisationen wie die Hochdruck-Liga begrüßt, wie Medsape berichtete. Dabei wurde auch eine Ausgestaltung des Präventionsgesetztes zur Gesundheitsuntersuchung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gewünscht, dass die ärztliche Bescheinigung durch eine ärztliche Verordnung ersetzt würde. So entstünde ein Leistungsanspruch – für den Patienten und den Arzt: Das Ziel: Prävention, nicht Krankheit solle sich im Gesundheitssystem rechnen.
Überarbeitete Früherkennung für Kinder und Mukoviszidose-Screening für Neugeborene
Das Früherkennungsprogramm für Kinder ist überarbeitet und erweitert worden – die Inhalte der neuen Richtlinie sind ab 1. Januar Kassenleistung. Neu ist auch ein eingeführtes Screening auf Mukoviszidose für Neugeborene sowie eine neue Fassung des gelben Heftes zur Dokumentation von Früherkennungsuntersuchungen. Ärzte bekommen künftig für jeder der Untersuchungen U1 bis U9 etwa 42 Euro – derzeit sind es rund 32 Euro beziehungsweise 37 Euro für die U7a.
Das 3-stufige Screening auf Mukoviszidose beinhaltet eine serielle Kombination von 2 biochemischen Tests auf immunreaktives Trypsin (IRT) und Pankreatitis-assoziiertes Protein (PAP) sowie eine Mutationsanalyse, wie Medscape berichtete. Das Screening von Neugeborenen auf Mukoviszidose ermöglicht eine deutlich frühere Diagnose der seltenen Erkrankung und damit auch eine früher einsetzende Therapie, so die KBV.
Derzeit wird durchschnittlich erst in der 40. Lebenswoche festgestellt, dass Kinder an Mukoviszidose leiden. Dann können jedoch die körperliche Entwicklung und die Lebensqualität des Kindes bereits deutlich beeinträchtigt sein, so die KBV. Etwa 200 Kinder kommen pro Jahr in Deutschland mit Mukoviszidose zur Welt, berichtete Medscape.
Künftig sollen Kinder- und Jugendärzte stärker psychosoziale Aspekte berücksichtigen. Verhaltensauffälligkeiten und Risikofaktoren für psychische Erkrankungen sollen frühzeitig erkannt werden und den Eltern rechtzeitig Hilfen angeboten werden, so die KBV. Darüber hinaus werden für die Untersuchung der Augen etablierte Standards zur Durchführung der Sehtests vorgegeben werden.
Neu im Gelben Heft ist eine Teilnehmerkarte, auf der die Untersuchung bestätigt wird. Eltern können damit bei entsprechenden Stellen belegen, dass sie das Früherkennungsangebot nutzten, ohne dabei vertrauliche Informationen des Gelben Heftes weitergeben zu müssen, begründet die KBV. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte hierzu die Richtlinien über die Früherkennung bei Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr überarbeitet.
Heilmittelverordnung: erst ab 1. März mit zertifizierter Praxissoftware
Ab 1. Januar tritt die Heilmittelverordnung im Zuge des GKV-Versorgungsstärkungsgesetz Kraft. Demnach dürfen Heilmittel eigentlich nur noch mit einer von der KBV zertifizierten Software verordnet werden, um Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Verordnung zu vermeiden. Sie soll auch zu weniger Rückfragen von Therapeuten in der Arztpraxis sorgen. Doch da die Praxis-EDV-Hersteller teilweise im Verzug sind, hat sich die KBV mit dem GKV-Spitzenverband auf eine Übergangsregelung geeinigt, dass im ersten Quartal 2017 auch eine nicht-zertifizierten Software genutzt werden kann.
Die Einführung soll die Arbeit der Heilmitteltherapeuten erleichtern, denn diese müssen die Verordnung auf Richtigkeit prüfen, da Krankenkassen andernfalls ihre Leistung nicht vergüten („Retaxierung“). Die neue Verordnungssoftware enthält alle Informationen der Heilmittel-Richtlinie inklusive des Heilmittelkatalogs und unterstützt die Verordnung sämtlicher Heilmittel auch in den Bereichen Physiotherapie Ergotherapie, Logopädie oder Podologie.
Sie prüft laut KBV die Plausibilität der eingegebenen Verordnungsdaten und warnt den verordnenden Arzt, wenn das Formular unvollständig ist. Zudem erhält der Arzt Hinweise, wenn beispielsweise die eingegebene Verordnungsmenge zu hoch ist oder bei einer Verordnung außerhalb des Regelfalls die medizinische Begründung fehlt. Auch wird dem Arzt angezeigt, wenn die Verordnung einen besonderen Verordnungsbedarf oder langfristigen Heilmittelbedarf begründet.
Mit der Zertifizierung soll sichergestellt werden, dass die über 100 Softwareanbieter gleichermaßen die Anforderungen an die Verordnung von Heilmitteln in ihren Produkten umsetzen. Bislang fehlten einheitliche Standards, die die Umsetzung der komplexen Vorgaben der Heilmittel-Richtlinie in der Software sicherstellen, so die KBV.
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Diesen Artikel so zitieren: Elektronischer Arztbrief, mehr Förderung für NäPas, neue Empfehlungsformulare – was sich für Niedergelassene 2017 ändert - Medscape - 30. Dez 2016.
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