„Obwohl die Daten je nach untersuchter Krebsart unterschiedlich sind, gibt es einen einheitlichen Trend, der belegt, dass moderate tägliche Bewegung eine günstige Wirkung auf die Prävention bestimmter Krebserkrankungen hat. Deshalb gibt es für einen gesunden Erwachsenen kaum einen Grund, regelmäßige körperliche Aktivitäten nicht in seinen Tagesablauf einzubauen“, so Prof. Dr. Charles Ryan, Onkologe an der Universität von Kalifornien in San Francisco, in einer Stellungnahme für die American Society of Clinical Oncology (ASCO) auf die Frage, ob Onkologen körperliche Aktivität verordnen sollten [1].
Informationen zur Bedeutung von Bewegung für die Gesundheit seien zwar bekannt, weil ihr Nutzen für einen gesunden Körper, für Geist und Seele grundsätzlich belegt sei. Nun werde jedoch der Nutzen zur Krebsprävention und bei Krebskranken durch eine steigende Zahl von Untersuchungen immer deutlicher. Besonders intensiv sei der Nutzen von körperlicher Aktivität zur Prävention bei Brust- und Darmkrebs untersucht worden. Dutzende epidemiologischer und klinischer Studien hätten gezeigt, dass Personen mit aktivem Lebensstil ein geringeres Risiko hätten, eine dieser weit verbreiteten Krebserkrankungen zu bekommen – im Vergleich zu inaktiven Menschen. Ryan fasste die bisherigen Kenntnisse zur Assoziation von körperlicher Aktivität und Krebsprävention wie folgt zusammen:
Brustkrebs: Hier schwankt die Risikoreduktion zwischen 20 und 80%. Die meisten Studien belegen jedoch, dass tägliche mäßig starke bis intensive körperliche Aktivität zwischen 30 und 60 Minuten das Brustkrebsrisiko senkt. Den größten Nutzen haben Frauen, die ihr ganzes Leben aktiv sind, aber auch Frauen, die sich nach der Menopause bewusst mehr bewegen, profitieren noch im Vergleich zu inaktiven Frauen.
Kolonkarzinom: Durch vermehrte körperliche Aktivität kann das Risiko für ein Kolonkarzinom um 30 bis 40% im Vergleich zu einem inaktiven Lebensstil gesenkt werden. Dies ist unabhängig vom Körpermassenindex (BMI). Je mehr trainiert wird, umso höher ist der Nutzen. Ungenügend ist bislang die Evidenz für einen Nutzen einer vermehrten körperlichen Aktivität in der Prävention des Rektalkarzinoms.
Lungenkrebs, Endometrium- und Ovarialkarzinom: Eine stärkere körperliche Aktivität kann das Risiko für Lungenkrebs um bis zu 20% senken, insbesondere bei Männern. Einige Studien bei Frauen haben gezeigt, dass das Risiko eines Endometriumkarzinoms um 20 bis 40% abnimmt. Weniger eindeutig ist die Risikoreduktion beim Ovarialkarzinom.
Prostatakarzinom: Bei dieser Krebsform sind die Daten zum prophylaktischen Effekt körperlicher Bewegung uneinheitlich. „Aber das Prostatakarzinom ist ein heterogene Erkrankung und die Risikofaktoren für nichtaggressive und aggressive/letale Erkrankungsformen sind unterschiedlich“, so der kalifornische Onkologe. Die meisten Studien gehen in die gleiche Richtung, sie zeigen wenig Effekt der körperlichen Aktivität auf die Gesamtinzidenz des Prostatakarzinoms, aber das Risiko eines aggressiven Prostatakarzinoms sinkt bei starker oder sehr starker körperlicher Aktivität: In der Health Professionals Follow-Up-Studie war das Risiko bei Männern über 65 Jahre für ein fortgeschrittenes Prostatakarzinom um 67% und für ein tödliches Prostatakarzinom um 74% niedriger, wenn sie sich sehr stark körperlich betätigten, also mindestens 3 Stunden pro Woche joggten, Rad fuhren, schwammen oder Tennis spielten.
Weitere Krebsformen: Die Daten zum Einfluss von körperlicher Bewegung auf die anderen Krebsformen reichen bislang noch nicht aus oder sind uneinheitlich. So ergab eine neuere Untersuchung keinen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und dem Risiko für die Entstehung eines Magen-, Rektum-, Nieren-, Pankreas-, Blasen- oder Hodenkarzinoms oder einer hämatologischen Erkrankung. Im Gegensatz dazu fand eine gepoolte Analyse von prospektiven Studien mit 1,4 Mio. Teilnehmern, dass körperliche Aktivität mit einem niedrigeren Risiko für 13 Krebsformen assoziiert war, und zwar an Speiseröhre, Lunge, Nieren, Magen, Endometrium, Kolon, Kopf und Hals, Rektum, Blase und Brust sowie für myeloische Leukämie und Myelom. Interessanterweise waren vermehrte körperliche Freizeitaktivitäten mit einem höheren Melanomrisiko verbunden, möglicherweise wegen des verlängerten Aufenthalts im Freien. Auch das Risiko für ein Prostatakarzinom stieg in dieser Analyse, wobei aus den Daten nicht ersichtlich ist, ob sie für aggressive oder nichtaggressive Formen galten.
„Während wir auf eine Bestätigung und mehr Klarheit zur Bedeutung von körperlicher Aktivität in der Prävention von mehr als 200 Krebsarten warten – sollten Ärzte körperliche Aktivität verordnen?“, fragt Ryan. „Die Antwort ist einfach: Ja, weil die Evidenz für die protektive Funktion der körperlichen Aktivität für einige der häufigsten Krebsformen schon sehr stark ist.“
REFERENZEN:
1. American Society of Clinical Oncology (ASCO): Experten-Perspektive, 14. Dezember 2016
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Krebsprävention durch Sport und Bewegung: US-Krebsgesellschaft sieht eine „starke Evidenz“ - Medscape - 28. Dez 2016.
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