San Diego – Die Therapie mit CAR-T-Zellen ist risikoreich, aber sie bietet Patienten mit refraktärem großzelligem B-Zell-Lymphom die Chance auf Remission, vielleicht sogar auf Heilung, so die Zwischenergebnisse der ZUMA-1-Studie, die auf der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in San Diego vorgestellt wurden. Die gegen CD19 gerichtete Behandlung mit CAR-T-Zellen (KTE-C19, Axicabtagene Ciloleucel, Kite Pharma) sprach demnach bei 76% der Patienten an. „KTE-C19 induzierte mit 47 Prozent eine fast 6-fach höhere Rate von Komplett-Remissionen im Vergleich zu historischen Daten aus der SCHOLAR-1-Analyse“, betonte Dr. Sattva Neelapu, MD Anderson Cancer Center, Houston (USA) bei der Vorstellung der Ergebnisse [1].
Dr. Elizabeth Budde, Department of Hematology and Hematopoietic Cell Transplantation, City of Hope Hospital, Duarte, Kalifornien, wies in einem Interview mit Medscape Medical News darauf hin, dass die Patienten wegen des Risikos schwerer unerwünschter Wirkungen engmaschig überwacht werden müssen.
ZUMA-1-Studie beim refraktären aggressiven Non-Hodgkin-Lymphom
Patienten mit refraktären aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) sprechen auf derzeit verfügbare Therapien nur schlecht an. Ein komplettes Ansprechen wird bei etwa 8%, ein partielles Ansprechen bei 18% erreicht. Im Median überleben die Patienten 6,6 Monate, wie in der Metaanalyse SCHOLAR-1 gezeigt worden ist.
ZUMA-1 ist die erste multizentrische Studie der Phase 1/2 bei Patienten mit refraktärem NHL, in der Wirksamkeit und Verträglichkeit von CAR-T-Zellen, die gegen CD19 gerichtet sind, untersucht worden sind. Die Phase-1-Daten zeigten bei 43% der Patienten ein komplettes Ansprechen, das bis mindestens 12 Monate anhielt. In Phase 2 der ZUMA-1-Studie wurden 2 Kohorten untersucht, und zwar 73 Patienten mit refraktärem großzelligem diffusem B-Zell-Lymphom (DLBCL) in Kohorte 1 und 21 Patienten mit chemorefraktärem primärem mediastinalem B-Zell-Lymphom (PMBCL) sowie mit transformiertem follikulärem Lymphom (TFL) in Kohorte 2. Die Patienten waren im Median mit 3 Therapielinien vorbehandelt worden.
Nach einer Konditionierung mit Cyclophosphamid (500 mg/m²) und Fludarabin (30 mg/m²) über 3 Tage erhielten die Patienten eine Dosis von 2 x 106 KTE-C19-Zellen pro Kilogramm Körpergewicht infundiert. Primärer Endpunkt war die objektive Ansprechrate (ORR). Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Dauer des Ansprechens, Häufigkeit von Nebenwirkungen, Spiegel der CAR-T-Zellen und von Serum-Zytokinen.
Neelapu stellte die Daten einer vordefinierten Zwischenanalyse der Patienten aus Kohorte 1 vor. Im Mittel dauerte es von der Leukapherese bis zur Applikation der CAR-T-Zellen 17,4 Tage. Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt mit einer Ansprechrate von 76% (p < 0,0001 im Vergleich zu einer auf historischen Kontrollen basierten Annahme von 20%). 47% der Patienten erreichten ein komplettes Ansprechen (CR), 29% ein partielles Ansprechen (PR). 92% der Patienten sprachen auf die Behandlung innerhalb des ersten Monats an. Nach 3 Monaten war das Ansprechen noch bei 39% der Patienten nachweisbar, ein CR noch bei 33% der Patienten.
Häufigste unerwünschte Wirkungen vom Grad 3 und höher waren ein Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (20%) sowie neurologische Ereignisse (29%) wie Konfusion, in seltenen Fällen Unfähigkeit zu Sprechen bis hin zu Aphasie. 3 Patienten starben während der Therapie, wobei 2 Todesfälle therapiebedingt waren. Nach Aussage von Neelapu sind die Nebenwirkungen jedoch in der Regel zu managen. Zur Linderung der Symptome des Zytokin-Freisetzungssyndroms können Tocilizumab und Glukokortikoide eingesetzt werden. Gegen neurotoxische Effekte werden ebenfalls Glukokortikoide angewendet.
Prof. Dr. Frederick Locke, Department of Blood and Marrow Transplantation, Moffitt Cancer Center, Tampa, präsentierte beim ASH-Kongress die Zwischenergebnisse von 11 Patienten in Kohorte 2, die mindestens 3 Monate nachbeobachtet worden waren. 91% der Patienten sprachen auf die Behandlung an, davon zeigten 73% ein komplettes Ansprechen. Grad-3-Nebenwirkungen traten bei 17% und Grad-4-Nebenwirkungen bei 67% auf. Alle unerwünschten Wirkungen waren hier reversibel [2].
Tisagenlecleucel-T bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL)
Auch Novartis plant, sein gegen CD19 gerichtetes CAR-T-Zell-Produkt (Tisagenlecleucel-T) gegen akute lymphatische Leukämie (ALL) im nächsten Jahr bei den Behörden zur Zulassung einzureichen. Die ersten Ergebnisse der hierfür vorgesehenen Studie ELIANA stellte Prof. Dr. Stephan Grupp, Center for Childhood Cancer Research, Children's Hospital, Philadelphia, beim ASH-Kongress vor. In der Studie hatten 62 Kinder und junge Erwachsene mit CD19-positiver B-ALL CAR-T-Zellen erhalten [3].
Grupp präsentierte die Wirksamkeitsdaten der ersten 50 Patienten, die über 3 Monate nachbeobachtet werden konnten. Hiervon erreichten 82% ein komplettes Ansprechen mit keiner nachweisbaren minimalen Resterkrankung (MRD). Nach 6 Monaten waren 60% ohne Rückfall, 89% überlebten 6 Monate. Auch mit Tisagenleucel-T war das Zytokin-Freisetzungs-Syndrom häufig. Es trat bei 79% der Patienten auf (Grad 3 und 4 je 27%). Bis zum Auftreten des Syndroms dauerte es im Mittel 3 Tage, über die Hälfte der Patienten (59%) mussten deshalb auf die Intensivstation verlegt werden. Es traten jedoch keine Todesfälle auf.
Nach Ansicht von Budde ist die CAR-T-Zelltherapie keine Behandlungsmethode für den ambulanten Bereich. Derart komplexe Therapien mit potenziell sehr schweren unerwünschten Wirkungen sollten nur in erfahrenen Zentren eingesetzt werden.
T-Lymphozyten mit Chimärem Antigen-Rezeptor (CAR-T-Zellen) sind eine neue Therapieoption für Patienten mit malignen Erkrankung. Zur Herstellung wird ein adoptiver Zelltransfer eingesetzt, bei dem Zellen aus dem Blut des Patienten modifiziert, vermehrt und dann dem Patienten wieder infundiert werden. Bei der CAR-Technologie werden die T-Zellen mit neuen, chimären Antigen-Rezeptoren (CAR) ausgestattet, so dass sie Tumorzellen erkennen können. Bindet eine T-Zelle mit einem CAR an eine Tumorzelle, wird die Immunabwehr aktiviert. Im Unterschied zu den physiologischen T-Zell-Rezeptoren (TCR) wirken CARs unabhängig vom gewebetypischen humanen Leukozytenantigen(HLA)-Profil. Damit können CAR-T-Zellen auch Tumorzellen angreifen, die als eine Art Tarnstrategie nur noch wenige HLA-Moleküle auf der Oberfläche exprimieren. CAR-T-Zellen können neben Proteinen auch Kohlenhydrate, glykosylierte Proteine oder Proteoglykane erkennen. Das erweitert ihr Potential zur Bindung an Tumorantigene deutlich. |
REFERENZEN:
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: CAR-T-Zell-Therapie bietet beim refraktären B-Zell-Lymphom gute Chancen auf Remission – ist aber nicht ganz ohne Risiko - Medscape - 20. Dez 2016.
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