Auch der Rauch von tabakfreien Wasserpfeifen, so genannten Shishas, kann die Gesundheit gefährden. Darauf weist das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nach Auswertung verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen und eigener experimenteller Messungen in einer Stellungnahme hin [1]. Zwar sind Dampfsteine, Kräutermischungen und Gele tabakfrei – doch harmlos sind sie deshalb nicht.
„Die Schädlichkeit des Rauchens von tabakfreien Wasserpfeifen wird unterschätzt“, stellt Dr. Frank Henkler aus der Abteilung Produktsicherheit beim BfR klar. Beim Gebrauch von Wasserpfeifen entstehen die gesundheitlich bedenklichen Substanzen vor allem durch die Verbrennungsprozesse von Kohle.
„Eine Verbrennung setzt immer viele gesundheitsschädliche Produkte frei, durch die Pyrolyse entstehen viele Kanzerogene – unabhängig vom Tabak“, fügt der Biochemiker hinzu. Daher berge schon der reine Verbrennungsprozess oder eine Erhitzung von Tabak und Kräutern erhebliche gesundheitliche Risiken.
Im Vergleich mit Tabak enthalten Kräuterzigaretten oder handelsübliche Kräutermischungen für Wasserpfeifen zwar keinen Suchtstoff, aber die Inhalation von Verbrennungsprodukten bleibt bestehen. Das Fehlen von Nikotin ist mit ein Grund dafür, dass die toxikologischen Gefahren der Inhalation im Vergleich zu Tabak unterschätzt werden, erklärt Henkler im Gespräch mit Medscape.
Giftige Emissionen: Kohlenmonoxid, Formaldehyd und mehr
Neben Nikotin und Teer – die bei tabakfreien Produkten für Wasserpfeifen nicht enthalten sind – werden beim Shisha-Rauchen vergleichsweise hohe Mengen anderer Substanzen freigesetzt:
Kohlenmonoxid (CO),
Benzol,
Acetaldehyd,
Formaldehyd,
Brenzcatechin,
Hydrochinon,
2-Furanaldehyd,
Glycerin und
1,2-Propandiol.
Benzol und Formaldehyd können beim Menschen bekanntermaßen Krebs auslösen. Weitere kanzerogene Stoffe im Wasserpfeifenrauch sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, tabakspezifische Nitrosamine und bedenkliche Metalle, einschließlich Arsen, Chrom, Nickel und Cadmium. Das Gefährdungspotenzial vieler Pyrolyseprodukte (z.B. der Furan-Verbindungen) wurde laut BfR bisher nur unzureichend charakterisiert.
Das BfR schätzt, dass beim täglichen Rauchen einer Wasserpfeife ähnliche gesundheitliche Risiken bestehen wie bei einem moderaten Zigarettenkonsum (etwa 10 Zigaretten pro Tag). Allerdings ist ein direkter Vergleich der Risiken von Wasserpfeifen- und Zigarettenrauch schwierig, denn trotz der vergleichsweise hohen Benzolgehalte im Wasserpfeifenrauch wurden andere charakteristische kanzerogene Emissionen von Tabakzigaretten in Wasserpfeifenrauch nicht nachgewiesen.
Hohe Benzolgehalte durch Verbrennung von Holzkohle
Das BfR hat in einer experimentellen Studie 2015 die Schadstoffprofile in den Emissionen von Wasserpfeifen bestimmt, die durch die Pyrolyse des Tabaks oder die Verbrennung der Holzkohle entstehen. Jens Schubert und seine Kollegen fanden dabei hohe Benzolgehalte, die etwa 6-fach über denen im Rauch von Tabakzigaretten lagen und überwiegend aus der Kohleverbrennung stammten.
Das heißt aber nicht, dass die Emissionen von Wasserpfeifen gefährlicher sind als die von Tabakzigaretten, stellt Henkler klar: „Das kann man nicht so isoliert sehen. Benzol ist nur ein Schadstoff von vielen. In Tabakrauch sind bis zu 8.000 Stoffe – und über 100 davon können Krebs erregen“, erklärt der Biochemiker.
„Bei kanzerogenen Stoffen gibt es keinen Schwellenwert, und unterschiedliche Gehalte in den Emissionen führen nicht zwangsläufig zu höheren oder gesundheitlichen Risiken“, so Henkler. Hinzu komme, dass in der Studie die Emissionen aus Holzkohle nicht umfassend untersucht wurden. Es bleibt zu prüfen, inwieweit die Ergebnisse auf andere Holzkohlesorten und Produkte übertragbar sind.
Elektrische Wasserpfeifen eher die Ausnahme
Wie Henkler bestätigt, werden vereinzelt auch elektrisch beheizte Wasserpfeifen genutzt. Unbedenklich sind die elektrisch betriebenen Geräte aber nicht. Sie vermeiden zwar die schädliche Kohleverbrennung, setzen aber Pyrolyseprodukte aus dem verwendeten Tabak oder aus den erhitzten Kräutermischungen frei.
„Eine elektrische Beheizung von Wasserpfeifen ist aber eher die Ausnahme, wir müssen also davon ausgehen, dass in der Regel Holzkohle verwendet wird – mit allen schädlichen Folgen“, so Henkler.
Wasserpfeifen schädigen Herz und Kreislauf und fördern COPD
Dass der gewohnheitsmäßige Tabakkonsum durch Wasserpfeifen Puls und Blutdruck erhöht, die Lungenfunktion beeinträchtigt und zur Kohlenmonoxid-Intoxination führt, wies eine amerikanische Studie 2015 nach.
Mit dem Langzeitkonsum von Wasserpfeifen werden chronische Bronchitis, Lungenemphysem und koronare Herzerkrankung in Verbindung gebracht. Daran ist nicht nur Nikotin beteiligt, sondern auch Verbrennungsprodukte wie Kohlenmonoxid, die unabhängig vom Tabak entstehen.
Dass das Rauchen von Wasserpfeifen wahrscheinlich COPD verursacht, legen die Ergebnisse einer Metaanalyse aus 2011 nahe. Inwieweit der Tabakkonsum durch Wasserpfeifen das Lungenkrebsrisiko erhöht, lässt sich allerdings wegen methodischer Einschränkungen der verwendeten Studien nicht klären, u.a. weil häufig nicht klar zwischen Wasserpfeifen- und Zigarettenrauchern unterschieden wird.
Noch wenig Kenntnisse über die Verbrennung von Kräutern und Pilzen
Über Pyrolyseprodukte, die durch das Erhitzen von Kräutermischungen entstehen, ist nur sehr wenig bekannt. Zum Rauchen von Pilzen oder pilzhaltigen Kräutermischungen liegen dem BfR keine Informationen vor. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass – abgesehen von Nikotin und Nitrosaminen – die Pyrolyse von Pflanzenmischungen und Pilzen zu ähnlichen Emissionen wie beim Tabak führt. Bei Shisha-Pasten (Gelen) birgt schon der Verbrennungsprozess allein entsprechende Risiken.
Eine Bewertung der verwendeten Zusatzstoffe (Färbemittel, Aromen, mineralische Grundmasse) ist aufgrund der unzureichenden Datenlage derzeit nicht möglich. Auch zu Dampfsteinen liegen dem BfR bislang nur wenige Daten vor.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersuchte in einer Pilotstudie die Auswirkungen der Shiazo (Dampfstein)-Wasserpfeife auf die Innenraumluft. Zwar wurde die vom Konsumenten inhalierte Formaldehydmenge nicht direkt bestimmt, die in der Innenluft erreichten Konzentrationen lagen teilweise aber deutlich über den als toxikologisch unbedenklich abgeleiteten Werten.
Viele Jugendlichen haben Wasserpfeifen ausprobiert
Shishas sind bei Jugendlichen stark trendabhängig und phasenweise sehr populär: Laut Tabakatlas 2015 des Deutschen Krebsforschungszentrums haben die Hälfte bis zwei Drittel der Jugendlichen das Rauchen von Wasserpfeifen ausprobiert. Der vergleichsweise hohe Prozentsatz der „Jemalsnutzung“ erfasst aber auch das einmalige Ausprobieren. Der 30-Tagesgebrauch bei 17 Jahre alten Jungen lag bei 25%, bei den altersgleichen Mädchen bei 15% und somit deutlich niedriger.
REFERENZEN:
1. Stellungnahme des BfR vom 29. November 2016
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Wasserpfeifen – die unterschätzte Gefahr: Kohleverbrennung setzt viele gesundheitsschädliche Substanzen frei - Medscape - 13. Dez 2016.
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