Boston – Schon länger ist bekannt, dass Statine bei Hepatitis-Patienten Leberdekompensationen verhindern können und die Sterblichkeit senken. Nun bestätigt eine große dänische Studie, die auf dem Liver Meeting präsentiert worden ist, dass Statine auch bei einer alkoholischen Zirrhose – kompensiert und dekompensiert – signifikant die Mortalität verringern.

Dr. Ulrich C. Bang
Für Dr. Ulrich C. Bang, University Hospital of Hvidovre, Dänemark „unterstützten die Ergebnisse dieser Studie zusammen mit anderen ähnlichen Studien, die Hypothese, dass Zirrhosepatienten von einer Statintherapie profitieren“.
Dass Statine eine Therapieoption sein könnten, begründete Bang auch mit Daten aus anderen Indikationen. So habe sich in Beobachtungsstudien eine Assoziation zwischen der Einnahme eines Statins mit einer verringerten Rate an Leberdekompensationen und Todesfällen bei Patienten mit einer Hepatitis-C- oder Hepatitis-B-Zirrhose gezeigt. In 2 randomisierten Studien habe unter einer Statintherapie bei Zirrhosepatienten der hepatische venöse Druckgradient abgenommen. Und im Vergleich zu Placebo sank unter Simvastatin bei Zirrhosepatienten nach einer Varizenblutung signifikant die Sterblichkeit.
„Patienten mit einer alkoholischen Zirrhose haben eine sehr geringe Lebenserwartung und bisherige medikamentöse Therapien beeinflussen die Sterblichkeit nur wenig“, so Bang. „Die einzige Therapieoption ist die Lebertransplantation, für die jedoch nur wenige Patienten geeignet sind. Wir benötigen deshalb dringend neue medikamentöse Therapien für alle Patienten mit einer alkoholischen Zirrhose.“
Mehr als 17.000 Patienten retrospektiv ausgewertet
Um den Effekt von Statinen auf die Mortalität und die Rate an Dekompensationen bei Patienten mit einer alkoholischen Leberzirrhose zu untersuchen, werteten Bang und seine Kollegen retrospektiv Daten des Nationalen Dänischen Patientenregisters aus, in dem alle ICD-10-Diagnosen, alle Rezepte mit verschreibungspflichtigen Medikamenten und alle Todesfälle zusammengefasst werden.
Bang stellte die Auswertung der Daten von 17.424 Patienten vor, die zwischen 1995 und 2010 die Diagnose einer alkoholischen Zirrhose erhielten. Die Patienten waren durchschnittlich 56 Jahre alt. 10.339 Patienten hatten eine kompensierte alkoholische Zirrhose und 7.085 eine dekompensierte. Als dekompensiert galt eine Zirrhose, wenn Varizen mit und ohne Blutung, Parazentese oder Gummibandligatur im Register dokumentiert waren. Insgesamt 7,1% der Patienten mit kompensierter und 5,7% mit dekompensierter Zirrhose wurden mit Statinen behandelt, mehr als 80% davon erhielten Simvastatin.
Für die Auswertung wurde nach Alter bei der Diagnose, Geschlecht, sozioökonomischem Status, Einnahme von Diuretika und Betablockern sowie Indikation für die Verschreibung des Statins gematcht. Die gematchte Population umfasste 2.275 Patienten mit kompensierter und 1.435 mit dekompensierter Zirrhose, in jeder Gruppe betrug das Verhältnis von Patienten mit und ohne Statin 1:4. Die gematchten Patienten mit kompensierter Zirrhose waren 57 Jahre und die Patienten mit dekompensierte Zirrhose 55 Jahre alt. Jeweils rund ein Drittel waren Frauen, 69% bzw. 74% nahmen Diuretika und 9% bzw. 38% Betablocker ein.
Mit Statinen weniger Todesfälle und Dekompensationen
Im Beobachtungsraum starben 46% der Patienten mit kompensierter und 51% mit dekompensierter Leberzirrhose (primärer Endpunkt). In der Gruppe der Patienten mit kompensierter Zirrhose betrug die Mortalität ohne Statin 50% und mit Statin 31% (p < 0,0001) – das entspricht einer signifikanten Verringerung der Sterblichkeit um 55% (HR: 0,45; 95%-Konfidenzintervall: 0,37-0,53; p < 0,0001). Die mediane Überlebenszeit betrug 3,5 Jahre ohne Statin und 7,8 Jahre mit Statin.
Auch in der Gruppe der Patienten mit dekompensierter Zirrhose verringerte die Einnahme eines Statins signifikant die Sterblichkeit: Es starben 54% der Patienten, die kein Statin und 38% der Patienten, die ein Statin einnahmen (p < 0,0001) – das entspricht einer signifikanten Verringerung der Sterblichkeit um 45% (HR: 0,55; 95%-KI: 0,45-0,67; p < 0,0001). Die mediane Überlebenszeit betrug 2,2 Jahre ohne Statin und 3,9 Jahre mit Statin.
Die Behandlung mit einem Statin verringerte auch die Wahrscheinlichkeit, dass die kompensierte Lebererkrankung zu einer dekompensierten Erkrankung fortschritt. Von den Patienten, die kein Statin einnahmen, dekompensierte bei 25% die Leber, bei Patienten, die ein Statin einnahmen, war das nur bei 10% der Fall, was einer Reduktion von 69% entspricht (HR: 0,31; 95%-KI: 0,23-0,40; p < 0,0001). Nun müssten diese Ergebnisse in einer randomisierten placebokontrollierten Studie bestätigt werden, so Bang.
Der Effekt der Statine könnte laut Bang auf deren antiinflammatorische Wirkung zurückzuführen sein, die zu einem Rückgang der portalen Hypertonie führe. Dies konnte in einem Mausmodell bereits nachgewiesen werden.
REFERENZEN:
1. AASLD The Liver Meeting; 11. bis 15. November 2016, Boston/USA
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Statine als „Schutzengel“ bei alkohol-bedingter Zirrhose: Weniger Todesfälle und Dekompensationen - Medscape - 12. Dez 2016.
Kommentar