Bislang nicht behandelte Frauen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem Brustkrebs können von der Kombinationstherapie aus Palbociclib und Letrozol profitieren: Diese Therapie verlängerte das progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant von 14,5 Monaten unter Letrozol allein auf 24,8 Monate unter der Kombination. Häufigste Grad-3/4-Nebenwirkungen waren Neutropenie, Leukopenie und Fatigue, eine febrile Neutropenie war jedoch selten. Dies ergab die doppelblinde, randomisierte Phase-3-Studie PALOMA-2.

Prof. Dr. Richard S. Finn
Prof. Dr. Richard S. Finn, Abteilung Hämatologie und Onkologie, David Geffen School of Medicine an der Universität von Kalifornien, Los Angeles, und seine Kollegen haben die Studienergebnisse im New England Journal of Medicine publiziert [1]. „Das progressionsfreie Überleben von 24,8 Monaten im Median in PALOMA-2 ist länger als die Zeit, die in anderen Phase-3-Studien bei Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs erreicht wurde", so die Autoren. „Ob sich dies in einem längeren Überleben niederschlägt, ist noch unklar, bis die Nachbeobachtungszeit komplett durchlaufen ist.“
„Die CDK4- und CDK6-Hemmung in Kombination mit Antiöstrogenen ist eindeutig ein neuer Standard für die Behandlung von fortgeschrittenem Östrogenrezeptor-positivem Brustkrebs“, kommentierte Prof. Dr. Antonio Carlos Wolff, Abteilung für Onkologie, Johns Hopkins Universität, Sidney Kimmel Comprehensive Cancer Center, Baltimore, im begleitenden Editorial [2]. Er wies auf die vor kurzem publizierten Ergebnisse der MONALEESA-2-Studie mit Ribociclib hin, die ein ähnliches Design aufwies (wie Medscape berichtete). Die 2 CDK4/CDK6-Hemmer zeigten in beiden Studien eine ähnlich gute Wirksamkeit und eine vergleichbare Toxizität. Dies lasse einen klassenspezifischen Effekt vermuten, so Wolff.
Neues Zellzyklus-Target
„Oral applizierbare Arzneimittel, die potent und spezifisch die Aktivität der Cyclin-D-abhängigen Kinasen CDK4 und CDK6 hemmen, repräsentieren Antineoplastika, die einen Paradigmenwechsel einleiten“, so die Überzeugung von Prof. Dr. Charles J. Sherr, Howard Hughes Medical Institute und Abteilung für Tumorzellbiologie, St. Jude Children’s Research Hospital, Memphis, Tennessee, in einem weiteren Artikel in derselben Ausgabe des New England Journal of Medicine [3].
Im Gegensatz zu klassischen zytotoxisch wirkenden Substanzen, die Zellen durch Angriff der DNA-Replikation (S-Phase) oder Mitose (M-Phase) während der Zellteilung abtöten, stoppen die CDK4/CDK6-Hemmer die Progression durch Angriff in der G1-Phase. Diese veranlassen den Zellzyklus, sich in einen Ruhezustand (G0) zurückzuziehen, oder sie lösen möglicherweise auch einen dauerhaften Stopp (Seneszenz) aus.
Kombinationstherapie: Schlüssel zum klinischen Erfolg
„Sowohl Ruhezustand als auch Seneszenz können die Tumorprogression verhindern und dabei helfen, das progressionsfreie Überleben zu verlängern“, so Sherr. Die ersten Ergebnisse mit CDK4/CDK6-Inhibitoren in Phase-1-Studien waren aber enttäuschend, in Monotherapie wirkten sie nicht ausreichend. Das Interesse an diesen Substanzen erwachte erst wieder, als gefunden wurde, dass sie synergistisch mit Inhibitoren von Mitogen-Signaltransduktionswegen wirkten. Die Kombinationstherapie war der Schlüssel zum klinischen Erfolg. Neben Palbociclib (Pfizer) befinden sich Abemaciclib (Lilly) und Ribociclib (Novartis) in den fortgeschrittenen Phasen der klinischen Entwicklung.
Die EU-Kommission hat im November 2016 Palbociclib (Ibrance®, Pfizer) zur oralen Einnahme in Kombination mit einem Aromatasehemmer oder in Kombination mit Fulvestrant für die Behandlung von Frauen mit fortgeschrittenem (metastasiertem) Östrogenrezeptor-positivem und HER2-negativem Mammakarzinom zugelassen.
PALOMA-2: Palbociclib plus Letrozol
In der randomisierten, offenen Phase-2-Studie PALOMA-1 (Palbociclib: Ongoing Trials in the Management of Breast Cancer) verlängerte die Kombination aus Palbociclib und Letrozol bei Frauen mit HER2-negativem, Hormonrezeptor-positivem fortgeschrittenem Mammakarzinom in der Erstlinientherapie das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu alleiniger Letrozoltherapie um 10 Monate. In der PALOMA-3-Studie verlängerte Palbociclib plus Fulvestrant bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem fortgeschrittenem Mammakarzinom, die mit einer endokrinen Therapie vorbehandelt waren, das PFS ebenfalls signifikant von 3,8 auf 9,2 Monate im Vergleich zu Fulvestrant allein (wie Medscape berichtete).
Finn und seine Kollegen verglichen nun in der Phase-3-Studie PALOMA-2 bei 666 postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem bislang unbehandeltem Mammakarzinom randomisiert Wirksamkeit und Verträglichkeit der Kombinationstherapie aus Palbociclib plus Letrozol mit Placebo plus Letrozol. 444 Patientinnen erhielten Palbociclib (125 mg/Tag in Zyklen über 3 Wochen Therapie, gefolgt von 1 Woche Therapiepause) plus Letrozol (2,5 mg/Tag); 222 Patientinnen erhielten Placebo plus Letrozol. Die Studie wurde in 186 Zentren in 17 Ländern durchgeführt.
Zehn Monate länger ohne erneute Progression
Der primäre Endpunkt, die Verbesserung des PFS, wurde erreicht: Die Frauen in der Palbociclib-Gruppe lebten im Median 10,3 Monate länger ohne erneute Progression als die Frauen in der Letrozolgruppe (24,8 vs. 14,5 Monate, Hazard-Ratio 0,58, p < 0,001). Der Effekt war übereinstimmend in allen Subgruppen nachweisbar. Die Gesamtansprechrate lag in der Intention-to-Treat-Population unter der Kombination bei 42%, mit der Monotherapie bei 35% (p = 0,031), die klinische Nutzenrate bei 85% bzw. 70% (p < 0,001). Die Daten zum Gesamtüberleben sind noch nicht reif. Diese Analyse wird durchgeführt, wenn 390 Patientinnen gestorben sind.
Die mediane relative Dosisintensität betrug 93% für Palbociclib und 100% für Letrozol in der Verumgruppe und 100% in der Kontrollgruppe. Häufigster Grund für einen Studienabbruch war Krankheitsprogression: 38,7% der Palbociclib/Letrozol-Gruppe und 56,3% der Placebo/Letrozol-Gruppe brachen die Studie daher ab. Wegen unerwünschten Wirkungen beendeten 9,7% in der Palbociclib- und 5,9% in der Kontrollgruppe die Studie. Häufigste unerwünschte Wirkungen in der Palbociclib-Gruppe waren Neutropenie, Fatigue, Nausea, Arthralgie und Alopezie. Bei 66,4% der Palbociclib-Patientinnen kam es zu Neutropenie Grad 3/4 (Kontrollgruppe 1,4%), bei 24,8% zu Leukopenie Grad 3/4 (Kontrollgruppe 0). Eine febrile Neutropenie trat bei 1,8% der Patientinnen in der Verumgruppe und in keinem Fall in der Kontrollgruppe auf.
Wolff abschließend in seinem Editorial: „Palbociclib ist teuer und geht mit toxischen Wirkungen einher. Einige Patientinnen profitieren auch stark von Antiöstrogenen allein in der Erstlinientherapie. Wir müssen lernen, wie wir diese Frauen erkennen können, so dass wir die CDK4/CDK6-Inhibitoren bei denen einsetzen, die davon am meisten profitieren können.“
REFERENZEN:
1. Finn RS, et al: NEJM 2016;375:1925-1936
2. Wolff AC: NEJM 2016;375:1993-1995
3. Sherr CJ: NEJM 2016;375:1920-1923
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Fortgeschrittener hormonsensitiver Brustkrebs: Palbociclib-Kombi verzögert Progression um zehn Monate - Medscape - 1. Dez 2016.
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