Cabozantinib beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom: Ist Sunitinib als Erstlinientherapie bald passé?

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

11. November 2016

Kopenhagen – Bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom mit hohem oder intermediärem Risiko verlängert die Erstlinientherapie mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Cabozantinib das progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant um 2,6 Monate im Vergleich zum bisherigen Therapiestandard Sunitinib.

Prof. Dr. Toni Choueiri

Dieses Ergebnis der Phase-2-Studie CABOSUN stellte Prof. Dr. Toni Choueiri, Direktor des Lank-Centers für Urogenitaltumoren am Dana Farber Cancer Center, Boston, USA, bei der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Kopenhagen vor [1]. „Cabozantinib ist eine neue Therapieoption für bislang unbehandelte Patienten mit Nierenzellkarzinom“, lautete seine Schlussfolgerung.

Diskutant Prof. Dr. Bernard Escudier, Direktor der Abteilung für Nierenkrebs an Institut Gustave-Roussy, Paris, Frankreich, ergänzte: „Natürlich wird diese Studie eine Reihe von Fragen aufwerfen, beispielsweise ob die Ergebnisse auf alle Patienten mit Nierenzellkarzinomen ausgedehnt werden können, also auch Patienten mit einer guten Prognose, oder ob Cabozantinib ein neuer Therapiestandard in der First-Line-Therapie werden sollte und wie man alle derzeit noch laufenden Phase-3-Studien interpretieren kann, in denen die Patienten im Kontrollarm mit Sunitinib behandelt werden.“ Escudier ist jedoch der Ansicht, dass die bislang vorliegenden Daten noch nicht ausreichen, um Cabozantinib für die Erstlinientherapie zu empfehlen. Es sei jedoch trotzdem ein Durchbruch und eine Phase-3-Studie sei sinnvoll.

Cabozantinib wirkt bei Resistenz gegen VEGFR-Hemmer

 
Cabozantinib ist eine neue Therapieoption für bislang unbehandelte Patienten mit Nierenzellkarzinom. Prof. Dr. Toni Choueiri
 

Das Überleben von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom hängt davon ab, welcher Risikogruppe sie zugeordnet werden können. Bei schlechtem oder intermediärem Risiko ist – nicht unerwartet – die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich geringer als bei günstigeren Prognosefaktoren. Auch Knochenmetastasen gehen mit einer schlechteren Prognose einher.

Der VEGFR-Hemmer Sunitinib gilt derzeit als Therapiestandard bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Allerdings entwickeln die Patienten eine Resistenz gegen VEGFR-Hemmer, die z.B. durch eine Aufregulation von MET- und AXL-Rezeptoren bedingt ist.

„Cabozantinib ist ein oraler, kleinmolekularer Inhibitor von Tyrosinkinasen einschließlich VEGF-Rezeptoren, MET und AXL“, erläuterte Choueiri. Er hatte auf dem ECCO/ESMO-Kongress 2015 die Ergebnisse der Phase-3-Studie METEOR präsentiert, nach denen Cabozantinib bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom in der Zweitlinientherapie das progressionsfrei Überleben stärker verlängerte als Everolimus (wie Medscape berichtete). Die Ergebnisse der METEOR-Studie waren Grundlage der Zulassung von Cabozantinib für die Zweitlinientherapie beim Nierenzellkarzinom durch die FDA und die EMA.

 
Natürlich wird diese Studie eine Reihe von Fragen aufwerfen, beispielsweise … ob Cabozantinib ein neuer Therapiestandard in der First-Line-Therapie werden sollte … Prof. Dr. Bernard Escudier
 

Cabozantinib in der Erstlinientherapie

In der Phase-2-Studie CABOSUN verglichen nun Choueiri und seine Kollegen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Cabozantinib (60 mg/Tag) mit Sunitinib (50 mg/Tag) bei 150 therapienaiven Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. „In dieser Studie waren sehr viele Patienten mit schlechten Prognosefaktoren eingeschlossen worden“, erläuterte der US-amerikanische Onkologe. So litten 36% der Patienten unter Knochenmetastasen

Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt: Cabozantinib führte zu einer signifikanten Verlängerung der progressionsfreien Zeit von 5,6 auf 8,2 Monate, was einer relativen Risikoreduktion für Tod und Progression von 31% entsprach (p = 0,012). Der Effekt war in allen vordefinierten Subgruppen nachweisbar.

Auch die objektive Ansprechrate war mit 46 versus 18% signifikant besser als in der Sunitinib-Gruppe. In jeder Gruppe sprach ein Patient komplett auf die Erstlinientherapie an. Bei 87,3% der Patienten unter Cabozantinib und bei 43,6% unter Sunitinib kam es zu einer Verkleinerung des Tumors. Die Studie war nicht darauf ausgelegt, einen Effekt von Cabozantinib auf das Gesamtüberleben zu zeigen. Im Trend jedoch lebten die Patienten mit dem neuen Tyrosinkinase-Inhibitor länger, als mit Sunitinib (30,3 vs 21,8 Monate).

In beiden Armen waren die unerwünschten Wirkungen ähnlich und vergleichbar häufig, obwohl die Patienten im Cabozantinib-Arm im Median 5 Zyklen erhalten hatten, während sie im Sunitinib-Arm nur mit 2 Zyklen therapiert worden waren.

 

REFERENZEN:

1. Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO), 7. bis 11. Oktober 2016, Kopenhagen/Dänemark

 

Kommentar

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