Trump-Care statt Obama-Care – was erwartet das US-Gesundheitssystem unter dem neuen Präsidenten Donald Trump?

Interessenkonflikte

10. November 2016

Die amerikanischen Wähler haben in der Nacht zum Mittwoch die politische Geschichte auf den Kopf gestellt, als sie den Republikaner Donald Trump zu ihrem neuen Präsidenten gewählt haben.

Jetzt wird der Immobilienmagnat und Reality-TV-Star, der vor jubelnden Menschenmassen verkündete, dass er „Amerika wieder groß machen“ wird, wahrscheinlich als eine der ersten Maßnahmen versuchen, sein Versprechen wahrzumachen, Präsident Barack Obamas Affordable Care Act (ACA) abzuschaffen. Ziel dieses auch als Obama-Care bezeichneten Gesetzes ist, dass alle US-Bürger krankenversichert sind. Trumps Ansatz ist es dagegen, mit Lösungen der freien Marktwirtschaft gegen die Probleme der US-Gesundheitsversorgung vorzugehen – eine Strategie, die die Republikaner schon seit Jahren befürworten.

Werden die Wahlkampfversprechen nun auch umgesetzt?

Als Neuling auf dem politischen Parkett hatte Trump zunächst 16 andere republikanische Kandidaten in den Vorwahlen aus dem Feld geschlagen und nun hat er die Demokratin Hillary Clinton besiegt. Dies alles, obwohl seine Prahlereien, die Beleidigungen und die Tonaufzeichnungen, in denen er damit angibt, Frauen begrapscht zu haben, jedem anderen Kandidaten sicherlich den Kopf gekostet hätten. Doch letztlich war den Wählern Trump anscheinend  immer noch lieber als Clinton, die ein Vierteljahrhundert politischer Kontroversen über verlorengegangene Regierungs-Mails und die Sex-Skandale ihres Ehemanns und Ex-US-Präsidenten Bill Clinton im Gepäck hat.

Schon am Mittwochmorgen – als noch gar nicht alle Stimmen ausgezählt waren – erklärte  die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) Trump zum Gewinner der Präsidentschaftswahl, nachdem er 279 Stimmen erhalten hatte – 9 mehr als er zum Sieg gebraucht hätte.

Trump behielt alle Staaten, die 2012 für den republikanischen Kandidaten Mitt Romney gestimmt hatten, und gewann zudem Staaten mit vormals demokratischer Mehrheit wie Florida, Iowa, Ohio und Pennsylvania für sich. Er konnte gut 48% des Stimmenanteils der an der Wahl teilnehmenden Bevölkerung auf sich vereinen, verglichen mit 47% für Clinton, wie die The New York Times berichtet.

Ob es Trump gelingen wird, seine Wahlkampfversprechen tatsächlich in die Realität umzusetzen, hängt natürlich von der Legislative, dem United States Congress, ab. Die Wahlergebnisse deuten darauf hin, dass der Stillstand am Capitol Hill noch bis ins Jahr 2017 dauern könnte, es sei denn der Autor von The Art of the Deal [ein Buch, das Trump 1987 gemeinsam mit einem Journalisten geschrieben hat] meistert die Kunst des politischen Kompromisses. Die Demokraten haben es nicht geschafft, wieder die Kontrolle über den Senat zu gewinnen, aber es wird erwartet, dass sie mindestens einen Sitz dazubekommen. Damit wären sie bei 47, einschließlich der 2 Sitze, die von unabhängigen Abgeordneten gehalten werden, die mit ihnen stimmen. Das stärkt ihre Fähigkeit, die republikanische Gesetzgebung zu behindern. Den Republikanern ist es gelungen, die Mehrheit im House of Representatives zu behalten, auch wenn sie etwas kleiner sein wird.

„Wir müssen sicherstellen, dass niemand durchs Raster fällt”

Bei Obamas erfolgreicher Wiederwahl vor 4 Jahren beschäftigten die Wähler vor allem die wirtschaftliche Lage und die Sicherheit ihrer Jobs. 2016 nahmen diese Belange hinter den persönlichen Charakteristika der Kandidaten nur Platz 2 ein, wie eine Umfrage der  Kaiser Family Foundation (KFF) im vergangenen Monat zeigte.

Die Gesundheitsversorgung stand auf der Liste der Dinge, die für die Wähler in diesem Jahr wichtig waren, sehr weit unten, und Obama-Care, wie der ACA genannt wird, fand sich noch weiter unten, wie die Umfrage zeigte.

Gefragt, was im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung die Top-Prioritäten für den nächsten Präsidenten und den Congress sein sollte, nannten die Befragten diese 3 als erstes:

  • Er solle dafür sorgen, dass teure Medikamente für chronische Krankheiten wie Hepatitis und Krebs erschwinglich werden (74%).

  • Er solle die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente generell senken (63%).

  • Und: Er solle sicherstellen, dass Krankenversicherungen genug Ärzte und Krankenhäuser in ihrem Verbund haben (57%).

Nur 37% gaben an, dass die Abschaffung des ACA der erste Tagesordnungspunkt für den neuen Präsidenten sein sollte. In einer weiteren Befragung waren mehr der Teilnehmer dafür, den ACA zu behalten oder sogar auszuweiten (49%) als ihn zurückzufahren oder gar ganz abzuschaffen (41%)

Die meisten Ankündigungen Trumps zur Gesundheitsversorgung haben sich auf den ACA fokussiert, er will, dass der Congress Obamacare komplett aufhebt. Nichtsdestotrotz hat er sich öffentlich für eine Gesundheitsversorgung ausgesprochen, die leichter zugänglich, erschwinglicher und von höherer Qualität ist. „Wir müssen … sicherstellen, dass niemand durchs Raster fällt, nur weil er sich keine Versicherung leisten kann“, heißt es auf seiner Wahlkampf-Homepage.

Mehr Wettbewerb und Steuererleichterungen gehören zu Trumps Rezepten

Eines seiner am meisten angepriesenen „Rezepte” für die Gesundheitsversorgung ist, es Versicherungsunternehmen zu erlauben, ihre Versicherungen auch über die Bundesstaatsgrenzen hinweg zu verkaufen. Damit will er den Wettbewerb anheizen und so die Versicherungsprämien reduzieren.

Zwei andere feste Größen in seinen Planungen für das amerikanische Gesundheitssystem sind, es den Leuten zu erlauben, Geld vor der Versteuerung (pre-tax dollars) zu verwenden, um Versicherungen zu bezahlen und Sparkonten für medizinische Ausgaben anzulegen. Dies würde laut Trump vor allem junge gesunde Amerikaner ansprechen, die sich hochabzugsfähige Versicherungspläne leisten können.

Trump hat versprochen, Medicaid  zu verbessern, indem er Programme der einzelnen Bundesstaaten mit Bundesmitteln in Form frei verwendbarer Zuschüsse unterstützt. Wie andere Republikaner ist Trump der Meinung, dass über frei verwendbare Zuschüsse den Bundesstaaten ihr rechtmäßiges Mitspracherecht bei der Verwendung der Gelder erhalten werden sollte. Gleichzeitig sagt Trump, dass er während seiner Regierungszeit Jobs schaffen will, die die Abhängigkeit von Medicaid und dem Childrens Health Insurance Program verringern.

Mit Blick auf eine freie Konsumgesellschaft will Trump, dass Ärzte und Krankenhäuser offenlegen, wie viel sie für ihre Leistungen verlangen, so dass der Patient sich nach den besten Preisen umsehen kann. Außerdem schlägt er vor, den Amerikanern zu ermöglichen, billigere Arzneimittel aus dem Ausland zu importieren, so lange diese sicher und verlässlich sind.

Trump-Care könnte teuer werden

Aber noch einmal: Wie viel Trump von all diesen Plänen umsetzen kann, wird davon abhängen, ob die festgefahrene Situation im Congress bestehen bleibt oder irgendwann aufbricht. Die RAND Corporation hat mittlerweile ermittelt, dass 25 Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz verlieren und es die US-Regierung bis 2018 rund 40 Milliarden US-Dollar kosten wird, wenn alle von Trumps Schlüsselvorschlägen für die Gesundheitsversorgung umgesetzt werden.

„Trump-Care“ könnte letztlich genauso zum Streitthema werden wie Obama-Care.


Dieser Artikel wurde von Nadine Eckert aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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