Pfizer stoppt die Entwicklung seines PCSK9-Hemmers Bococizumab und bricht die Phase-3-Studien ab

Deborah Brauser

Interessenkonflikte

4. November 2016

Das Unternehmen Pfizer hat mitgeteilt, dass es die Entwicklung seines PCSK9-Hemmers (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) Bococizumab einstellt. Die Begründung: „Die klinischen Daten lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass der Wirkstoff für Patienten, Ärzte oder Aktionäre einen Nutzen haben könnte“, so die aktuelle Verlautbarung der Pressestelle des Unternehmens [1].

 
Die klinischen Daten lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass der Wirkstoff für Patienten, Ärzte oder Aktionäre einen Nutzen haben könnte. Pfitzer
 

Zudem will der Hersteller den Abbruch von 2 laufenden Studien beantragen. Der injizierbare Wirkstoff wurde in den Untersuchungen darauf geprüft, inwieweit er den LDL-C-Spiegel senkt und zugleich das kardiovaskuläre Outcome der Patienten verbessert. Bococizumab ist bisher in keinem Land zugelassen.

Die FDA (Food and Drug Administration) erteilte erstmals im Juli 2015 mit Alirocumab (Praluent®, Sanofi/Regeneron) die Zulassung für einen PCSK9-Hemmer zur Senkung des LDL-C-Spiegels. Einen Monat später erhielt auch Evolocumab (Repatha®, Amgen) grünes Licht für die gleiche Indikation. In Europa sind beide Wirkstoffe ebenfalls zugelassen. Bococizumab war der in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittene Nachfolger. Es war erwartet worden, dass er der nächste zugelassene Wirkstoff dieser Klasse sein würde. 

Pfizers Entwicklungsprogramm für den PCSK9-Hemmer umfasste insgesamt 8 Phase-3-Studien mit dem Akronym SPIRE (Studies of PCSK9 Inhibition and the Reduction of vascular Events), dies einschließlich der beiden noch laufenden Untersuchungen zum kardiovaskulären Outcome. Die 6 bereits abgeschlossenen SPIRE-Studien hatten ihr Hauptaugenmerk auf die Lipidsenkung gerichtet. In 4 dieser Studien waren die primären Endpunkte erreicht worden.

Die Herstellerfirma schreibt jedoch zu den Ergebnissen der beendeten Studien, dass „klinische Daten aufgetaucht sind, nach denen es u.a. über die Zeit zu einer unerwarteten Abschwächung der LDL-C-Absenkung kam, sowie zu einer stärkeren Immunogenität und zu häufigeren Reaktionen an den Einstichstellen“ – dies im Vergleich zu anderen Vertretern derselben Substanzklasse.

Neben dem Abbruch der weiteren Entwicklung der Substanz hat das Unternehmen auch beschlossen, die SPIRE-1- und SPIRE-2-Studien mit Endpunkten zur Morbidität und Mortalität zu stoppen.

„Wir sind von diesen Ergebnissen enttäuscht, doch sehen wir uns weiterhin in der Pflicht, in Innovationen zu investieren und unsere Kräfte auf Gebiete zu konzentrieren, für die wir Antikörper-Therapien entwickeln können, um einen offenen Bedarf zu decken“, erklärt Dr. James Rusnak, Chefentwickler im Bereich Herz-Kreislauf- und metabolische Erkrankungen bei Pfizer Global Product Development, in einer Stellungnahme.

 
Wir sind von diesen Ergebnissen enttäuscht, doch sehen wir uns weiterhin in der Pflicht, in Innovationen zu investieren … Dr. James Rusnak
 

Wie bereits bei Medscapes Heartwire berichtet, haben die Studien SPIRE-AI, -SI, -HR und -FH ihre primären Endpunkte erreicht. Die Topline-Ergebnisse von SPIRE-LDL und SPIRE-LL zeigten zudem nach 12 Wochen bei erwachsenen kardiovaskulären (Hoch-)Risikopatienten mit primärer oder gemischter Hyperlipidämie, die zusätzlich Statine einnahmen, eine signifikante Verringerung der Ausgangs-Lipidwerte unter Bococizumab gegenüber Placebo.

Das Medikament galt in allen Studien als „gemeinhin sicher und gut verträglich. Die Evaluation der Kreuzreaktivität mit anderen PCSK9-Hemmern erzeugte keine klinisch relevanten Bedenken“, teilt das Unternehmen weiter mit.

Pfizer will die Daten aus den gestoppten Studien zur Auswertung den Studienleitern überlassen, „um die Uneigennützigkeit der Studienteilnehmer zu honorieren und um die klinische Forschung und die Wissenschaft zu unterstützen“, erklärt Dr. Paul M. Ridker, mitvorsitzender Programmleiter von SPIRE und Direktor der Abteilung CV Disease Prevention am Brigham and Women's Hospital in Boston, in einer Veröffentlichung. Die Studienteilnehmer wurden aufgefordert, sich mit Fragen an ihre ärztlichen Studienbegleiter zu wenden.


Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

REFERENZEN:

1. Pfitzer: Pressemitteilung, 1. November 2016

 

Kommentar

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