„Die Anwendung kommerziell verfügbarer Blut- und Urintests zur Früherkennung und zum Screening für das Vorliegen eines Harnblasenkarzinoms außerhalb von Studien soll nicht erfolgen.“ Dies ist ein wesentliches Fazit der kürzlich publizierten S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms, an der alle maßgeblichen Fachgesellschaften und Berufsverbände mitgearbeitet haben [1].
Nur Test auf eine Mikrohämaturie zum Screening geeignet
Die einzige Untersuchung, die die Leitlinie im Screening symptomfreier Patienten für angemessen hält, ist der Test auf eine Mikrohämaturie mit einem einfachen Urinstix. Alle anderen Tests seien zu wenig spezifisch oder sensitiv oder zu teuer als allgemeine Suchmethode.
Allerdings sei eine weiterführende onkologische Diagnostik angebracht, wenn mehrfach nacheinander eine Hämaturie festgestellt und Infektionen ausgeschlossen wurden, wie in der Leitlinie formuliert wird, die unter gemeinsamer Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) erarbeitet wurde.
Die gleiche Empfehlung gilt auch für Hochrisikogruppen wie für Raucher, für Patienten nach Bestrahlungen im kleinen Becken, für Patienten nach Behandlung mit Arzneimitteln, die das Risiko für einen Blasenkrebs erhöhen (Cyclophsophamid, Chlornaphazin, Phenazetin, Aristolochiasäure) und ebenso für Menschen, die beruflich über lange Zeit mit aromatischen Aminen in Berührung gekommen sind.
In der Leitlinie sind die Begründungen dafür aufgeführt, weshalb alle gängigen frühdiagnostischen Methoden zum Screening von symptomfreien Patienten nicht geeignet sind (siehe Tabelle). Vor dem Hintergrund, dass diese diagnostischen Instrumente sämtlich unbefriedigend sind, kommt der Aufklärung der Risikopatienten und der Beachtung der Frühsymptome eine große Bedeutung zu.
Ist der Urin dunkel gefärbt, obwohl die Trinkmenge ausreicht?
Liegen eine Pollakisurie oder ein Harndrang vor?
Können eine Blaseninfektion oder eine Prostataerkrankung ausgeschlossen werden?
Wenn ein erster Verdacht auf ein Malignom besteht, sieht die Sache anders aus. Dann sind sämtliche aufgeführten Methoden, dazu Zystoskopie mit Biopsie, Immunhistochemie und weitere Marker entsprechend fachärztlichem Urteil notwendiges und auch von der neuen Leitlinie nicht angezweifeltes Werkzeug.
Mögliche Screeningmethoden für das Harnblasenkarzinom und Begründung der Ablehnung durch die S3-Leitlinie Harnblasenkarzinom
Methode |
Begründung der Ablehnung |
Urinzytologie |
Standardverfahren in der Differenzialdiagnostik. Herabgesetzte Sensitivität bei gut und mittelgradig differenzierten Blasentumoren. |
Zytokeratine |
Sensitivität ist anderen molekularen Markern oft unterlegen, Spezifität schlechter als Urinzytologie. |
NMP 22 (Nukleäres Matrix Protein 22) |
Erhöht nicht nur beim Malignom, sondern auch bei Entzündungen und Hämaturie. Hohe Sensitivität, aber schlechte Spezifität selbst bei Hochrisikogruppen. Ergebnisse bessern sich bei Kombination mit weiteren Tests. |
FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, UroVysion) |
Genetische Diagnostik. Detektionsrate ähnlich wie mit der Zytologie, aber deutlich höhere Kosten. Kann bei nicht eindeutiger Zytologie die Sicherheit erhöhen. |
BTA (Blasentumor Assoziiertes Antigen) |
Geeignet in der Nachsorge. Reagiert auch auf unspezifische Hämaturien und Entzündungen, deshalb als Screening ungeeignet. |
Immunocyt/uCyt+ |
Geeignet in der Nachsorge in Kombination mit Zytologie und Zystoskopie. Hilfreich bei der Detektion des Carcinoma in situ und niedriggradiger Tumoren. Wird nicht durch Hämaturien und Entzündungen beeinflusst. Für die Diagnostik sind mindestens 500 Zellen notwendig; Bewertung derzeit noch zu untersucherabhängig. |
REFERENZEN:
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Neue S3-Leitlinie Harnblasenkrebs: Experten erteilen allen Screening-Tests eine klare Absage – mit Ausnahme des Urinstix - Medscape - 2. Nov 2016.
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