Erstes positives Ergebnis in der adjuvanten Therapie des Nierenzellkarzinoms: Länger krankheitsfrei mit Sunitinib

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

17. Oktober 2016

Kopenhagen – Bei Patienten mit Nierenzellkarzinom, die ein hohes Rezidivrisiko haben, kann eine adjuvante Behandlung mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Sunitinib das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zu Placebo verlängern. Dies ergab die Phase-3-Studie S-TRAC. Deren Ergebnisse hat Prof. Dr. Alain Ravaud, Medizinische Onkologie, Hôpital Saint André, Bordeaux, Frankreich, bei der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) 2016 in Kopenhagen vorgestellt [1]. Die Studienergebnisse wurden parallel online im New England Journal of Medicine publiziert [2].

„Der Effekt einer einjährigen adjuvanten Therapie war anhaltend: Auch nach drei und nach fünf Jahren waren mehr mit Sunitinib behandelte Patienten ohne Rezidiv als mit Placebo behandelte Patienten“, berichtete der französische Onkologe. Diskutant Dr. Axel Bex, Abteilung für Urologie, Niederländisches Krebsinstitut, Amsterdam, wies darauf hin, dass dies „die erste Studie überhaupt ist, die ein positives Ergebnis für die adjuvante Therapie bei Nierenzellkarzinom ergeben hat.“

Die bislang aus Studien vorliegenden Ergebnisse sind jedoch nicht eindeutig, und sowohl Ravaud als auch Bex sind der Meinung, dass Sunitinib derzeit noch kein Standard in der adjuvanten Therapie des Nierenzellkarzinoms ist, die Ergebnisse der Studie ändern also die derzeitige Praxis (noch) nicht.

Bisher nur negative Studien

 
Auch nach drei und nach fünf Jahren waren mehr mit Sunitinib behandelte Patienten ohne Rezidiv als mit Placebo behandelte Patienten. Prof. Dr. Alain Ravaud
 

Die Prognose des Nierenzellkarzinoms (RCC) hängt vom Krankheitsstadium und der Risikoklassifizierung bei der Diagnose ab. 16% aller RCC sind loko-regionär, bis zu 40% dieser Patienten erleiden einen Rückfall und entwickeln Metastasen. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei lokoregionärem RCC (Stadium III) bei 53%, bei metastasierter Erkrankung bei 8%.

„Zytokine, Hormonbehandlung, Immuntherapie und Radiotherapie waren alle nicht wirksam in der adjuvanten Therapie des RCC“, erinnerte Ravaud. Auch in der ASSURE-Studie zeigte sich kein Effekt der Tyrosinkinase-Inhibitoren. In dieser Studie, veröffentlicht im Mai 2016, war die adjuvante Behandlung mit Sunitinib, Sorafenib und Placebo bei 1.943 Patienten mit intermediärem und hohem Risiko verglichen worden.

Adjuvante Therapie bei hohem Rezidivrisiko

In der Phase-3-Studie S-TRAC untersuchten Ravaud und seine Kollegen nun prospektiv und randomisiert, ob eine adjuvante Therapie mit Sunitinib das krankheitsfreie Überleben bei Patienten mit lokoregionärem RCC und hohem Rezidivrisiko im Vergleich zu Placebo verlängert. Sekundäre Endpunkte waren Gesamtüberleben, Sicherheit, Parameter zur Lebensqualität und Biomarkeranalysen.

Zwischen September 2007 und April 2011 wurden in 99 Zentren in 21 Ländern 615 Patienten aufgenommen. Von diesen wurden 308 maximal über ein Jahr (oder bis zum Rezidiv oder zum Abbruch wegen Toxizität) mit Sunitinib (50 mg/Tag) in Zyklen über 4 Wochen, gefolgt von 2 Wochen Pause und 306 mit Placebo behandelt. Therapieunterbrechungen oder eine Dosisreduktion auf 37,5 mg/Tag waren erlaubt.

Die demographischen Parameter der beiden Gruppen waren ähnlich. In der Sunitinib-Gruppe wurden 55,6%, in der Placebo-Gruppe 69,4% über ein Jahr behandelt, häufigster Abbruchgrund unter Sunitinib waren mit 27,5% unerwünschte Wirkungen, unter Placebo mit 19,4% die Progression der Erkrankung.

Das krankheitsfreie Intervall dauerte bei unabhängiger Beurteilung mit Sunitinib im Median 6,8 Jahre, mit Placebo 5,6 Jahre (Hazard-Ratio HR 0,761, 95%-Konfidenzintervall KI 0,59-0,98, p=0,030). Das krankheitsfreie Überleben war aber bei Beurteilung durch die Untersucher nicht mehr signifikant unterschiedlich mit 6,5 und 4,5 Jahren, einem HR von 0,81 und einem p-Wert von 0,08.

„Wichtig ist, dass sich die Kurven sehr früh teilen und der Effekt über die Zeit aufrecht erhalten werden konnte“, erläuterte Ravaud. Nach 3 Jahren waren in der Sunitinib-Gruppe 64,9% der Patienten, in der Placebo-Gruppe 59,5% krankheitsfrei, nach 5 Jahren waren es 59,3 bzw. 51,3%. Die Daten zum Gesamtüberleben sind derzeit noch nicht reif.

 
Dies ist die erste Studie überhaupt, die ein positives Ergebnis für die adjuvante Therapie bei Nierenzellkarzinom ergeben hat. Dr. Axel Bex
 

Schwere unerwünschte Wirkungen traten bei 21,9% der Patienten unter Sunitinib und bei 17,1% der Patienten unter Placebo auf. Die Lebensqualität der Patienten wurde durch Sunitinib in den Parametern Diarrhö und verminderter Appetit eingeschränkt.

Weitere Ergebnisse abwarten

Als Gründe für die unterschiedlichen Ergebnisse der S-TRAC und ASSURE-Studie nannte Bex unterschiedliche Patientenzahlen (mehr Patienten in der ASSURE), unterschiedliche Risikogruppen (höheres Risiko in der S-TRAC), unterschiedliche Dosierungen sowie das zentrale Review in der S-TRAC-Studie.

Nach Aussage von Bex sollte die ideale adjuvante Therapie die okkulte Erkrankung beseitigen, das Überleben verlängern, akzeptable Nebenwirkungen haben und die Lebensqualität verbessern. Analysiere man jedoch die Aussagekraft der Ergebnisse der S-TRAC, seien Qualität der Evidenz, Nutzen-Risiko-Verhältnis und auch die Kosten für adjuvantes Sunitinib eher als mäßig einzuordnen. Bevor er einen Tyrosinkinase-Inhibitor in der adjuvanten Therapie einsetze, müssten reife Überlebensdaten aus S-TRAC und ASSURE vorliegen, zudem würde er die Einzelergebnisse weiterer laufender Studien sowie einer Metaanalyse dieser Studien abwarten.

 

REFERENZEN:

1. Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO), 7. bis 11. Oktober 2016, Kopenhagen/Dänemark

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....