US-Wahlen: Ein Präsident Donald Trump – was würde dies für das Gesundheitssystem der USA bedeuten?

Christina Sartori

Interessenkonflikte

12. Oktober 2016

Auch wenn Donald Trump seit der Veröffentlichung eines Gespräch-Mitschnitts einige Unterstützer verloren hat: Noch ist nichts entschieden und es ist durchaus möglich, dass er in wenigen Wochen zum Präsidenten der USA gewählt wird. Was würde das für das Gesundheitssystem der USA bedeuten?

Die amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Gail Wilensky, Leiterin von Medicare und Medicaid unter Präsident George H.W. Bush und heute Senior Fellow der internationalen Gesundheitsorganisation Project Hope, antwortet in einem Artikel des New England Journal of Medicine auf diese Frage [1].

Darin betont sie gleich zu Beginn ihrer Analyse, dass nicht nur die Wahl des zukünftigen Präsidenten, sondern ebenso die nächste Kongress-Wahl entscheidend sein wird für die Ausrichtung des amerikanischen Gesundheitssystems in den folgenden Jahren. Denn in der Regel kann nur der Kongress innenpolitische Gesetze verabschieden.

Mit Trump das Aus für „Obamacare“?

Trump hat für den Fall seiner Wahl bisher mehrere Änderungen in der Gesundheitspolitik angekündigt, die Vorschlägen der Republikaner entsprechen. Zum einen würde Trump den „Affordable Care Act (ACA) widerrufen, der umgangssprachlich auch als „Obamacare“ bezeichnet wird. Von verschiedenen Ausnahmen abgesehen, verpflichtet dieses Bundesgesetz, das 2010 verabschiedet worden ist, jeden Amerikaner eine Krankenversicherung abzuschließen, wenn er nicht anderweitig abgesichert ist. Gleichzeitig müssen Versicherungsunternehmen jeden Patienten annehmen. Trump habe allerdings bisher kaum angedeutet, was er sich anstelle des ACA vorstellt, so Wilensky.

Donald Trump

Des Weiteren plane Trump die Verfügbarkeit von „Health Saving Accounts“ (HSA) zu erweitern: Steuerfreie Spareinlagen, die dafür gedacht sind, Kosten für medizinische Behandlungen zu bezahlen, die nicht durch eine Versicherung abgedeckt werden. Trump will außerdem erlauben, dass Versicherungen über die Grenzen von Bundesstaaten hinweg verkauft werden können und er beabsichtigt, Medicaid zu einem „Block Grant Program“ zu machen. Das bedeutet, dass jedes Bundesland nach eigenen Regeln dieses Geld ausgeben kann.

Angekündigt hat Trump auch, dass Versicherte vor starken Beitragserhöhungen oder Ausschlüssen aufgrund von schon bestehenden Krankheiten geschützt werden sollen und dass Versicherte, deren Versicherung nicht vom Arbeitgeber getragen wird, ihre Versicherungsprämien von der Steuer abziehen können.

Im Gegensatz zu anderen Republikanern schlägt Trump außerdem vor, den Import von Medikamenten zu erlauben und Medicare die Verhandlung von Medikamentenpreisen zu gestatten. Medicare ist die öffentliche und bundesstaatliche Krankenversicherung für Senioren und behinderte Menschen.

Was beabsichtigen die Republikaner?

Wilensky beschreibt auch die Positionen des „Republican Platform Committees“ (GOP), dem nationalen Organisationsgremium der Republikaner. Diese spiegeln einige der Positionen wider, die Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, befürwortet.

In den Ausführungen des GOP werde deutlicher als es von Trump bisher formuliert wurde festgestellt, wo die Grenzen der Macht des Präsidenten liegen: Er solle Kraft seiner legalen Möglichkeiten den Ausbau des ACA stoppen, um im Folgenden mit uneingeschränkter Unterstützung der Republikaner im Kongress dessen Aufhebung zu unterschreiben.

Außerdem fordert das GOP

  • zu beenden, dass Versicherungen, die nicht vom Arbeitgeber unterstützt werden, steuerlich schlechter gestellt sind,

  • Medicare in ein Block Grant Program umzuwandeln,

  • Versicherungshandel über die Staatengrenzen hinweg zu erlauben

  • und die Verfügbarkeit von Health Saving Accounts auszubauen.

Die Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat

Im Gegensatz zu Trump veröffentlichte Ryan im Sommer einige Details dazu, welche Regelungen anstelle des ACA treten sollten: Anstelle von Zuschüssen für die Versicherungsbeiträge sollen US Bürger, die weder durch Medicare, Medicaid noch durch ihren Arbeitgeber krankenversichert sind, einen Steuerfreibetrag erhalten, der zurückgezahlt werden muss.

Um dies zu finanzieren, soll die bisher für alle Arbeitgeber unterstützte Krankenversicherungen geltende Steuerfreiheit eingeschränkt werden und nur noch bis zu einem Höchstbetrag gelten, der abhängig von der individuellen Steuerhöhe festgelegt wird.

Versicherte, die weiterhin ihre Versicherung behalten, dürften nicht aufgrund von Vorerkrankungen ausgeschlossen oder höher eingestuft werden. Die Beiträge dürften abhängig vom Alter der Versicherten unterschiedlich sein, wobei der Beitrag für das älteste Familienmitglied 5 Mal so hoch sein kann wie für das jüngste. Derzeit gilt eine Grenze für den Unterschied von 3:1. Durch die Umwandlung in ein „Block Program“ erhielten die einzelnen Bundesstaaten mehr Gestaltungsfreiraum und könnten z.B. körperlich gesunde Erwachsene Leistungsempfänger zum Arbeiten verpflichten.

Vom Senat ist bisher noch kein vergleichbarer Vorschlag veröffentlich worden, doch einige republikanische Senatoren haben an Vorschlägen mitgearbeitet, die eine Reform von Medicare und eine Alternative zu ACA beinhalten.

Vielleicht müssen sich Demokraten und Republikaner einigen

Besonders in diesem Jahr sei der Ausgang der Präsidentenwahl und anderer Wahlen nicht vorherzusagen, betont Wilensky. Sie hält aber für wahrscheinlich, dass im Repräsentantenhaus weiterhin die Republikaner die Mehrheit besitzen werden, während sich die Verhältnisse im Senat zu Gunsten der Demokraten ändern könnten.

Diese unterschiedlichen Mehrheiten in Repräsentantenhaus und Senat würden nach Wilenskys Meinung bedeuten, dass für alle Änderungen in der Gesundheitspolitik sowohl die Demokraten, als auch die Republikaner stimmen müssten.

Die Republikaner könnten Strategien zur Ablösung von ACA-Versicherungen unterstützen. Sowohl für Republikaner, als auch für Demokraten ist es denkbar, dass sie folgendes unterstützen: Bundesstaaten, die bisher Medicaid nicht ausgebaut haben, erhalten für 3 Jahre 100% finanzielle Unterstützung für Medicaid aus dem Bundeshaushalt. Die Regierung könnte auch den Wechsel zwischen Medicaid und einem anderem Versicherungsschutz erleichtern, indem sie ermöglicht, dass Medicaid-Versicherte ihre Medicaid-Zuschüsse nutzen, um andere Versicherungen abzuschließen und ihre anderen Versicherungs-Zuschüsse, um Medicaid-Versicherungsschutz zu erwerben.

Letztendlich ist für Wilensky jedoch die wichtigste Frage: Falls die Republikaner die Wahl um das Präsidentenamt oder die Mehrheit im Senat verlieren – oder beides: Werden sie dann bereit sein, den ACA zu verbessern oder werden sie darauf beharren, den ACA komplett zurückzunehmen?

 

REFERENZEN:

1. Wilensky GR: NEJM 2016;375:1312-1313

 

Kommentar

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