Joggerphimose, Intimrasur, Schaumbad-Zystitis und Radfahren als Potenzrisiko – urologische Risiken in Sport und Freizeit

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

20. September 2016

Urologische Gefahren in Sport und Freizeit werden unterschätzt, so die deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), die das Thema in einer aktuellen Stellungnahme aufgreift [1]. „Es ist in jedem Fall sinnvoll Patienten auf mögliche urologische Gefahren in Sport und Freizeit hinzuweisen und sie entsprechend zu beraten“, sagt auch PD Dr. Frank Oberpenning, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am St. Agnes-Hospital Bocholt, gegenüber Medscape. Sport ist in erster Linie mit gesunder Lebensführung assoziiert – dass dabei auch Gefahren für die Gesundheit lauern, sei vielen nicht bewusst.

Bekannt ist, dass Kraftsportler – durch die Einnahme von Anabolika – Impotenz, Unfruchtbarkeit, Nierenschäden und Brustwachstum riskieren. „Die Deutsche Gesellschaft für Urologie warnt seit langem vor den Folgen des Dopings in deutschen Fitness-Studios“, sagt dazu Prof. Dr. Christian Wülfing, Pressesprecher der DGU. Doch nicht nur Doping schadet, auch ungeeignete Sportkleidung, ausgedehnte Wellnessbäder und der anhaltende Trend zu Intimrasuren können Schäden hervorrufen.

Doping: Unter Freizeitsportlern auf dem Vormarsch

 
Es ist in jedem Fall sinnvoll Patienten auf mögliche urologische Gefahren in Sport und Freizeit hinzuweisen und sie entsprechend zu beraten. PD Dr. Frank Oberpenning
 

Medikamentenmissbrauch im Leistungs- und Kraftsportbereich ist nicht neu, doch zunehmend entdecken auch Freizeitsportler leistungssteigernde Präparate und schmerzlindernde Medikamente für sich. Laut DGU setzen zwischen 200.000 und 400.000 Kraftsportler in Deutschland auf Steroide und Anabolika. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Mit gravierenden Nebenwirkungen für Männer: „Steroid-Akne, Missstimmungen bis hin zur Depression“, zählt Wülfing auf. Und das seien noch die mildesten Folgen des Steroidmissbrauchs. Männer werden meist erst dann beim Urologen vorstellig, wenn sie an Gynäkomastie leiden oder Erektionsstörungen auftreten.

„Das Problem des Missbrauchs von leistungssteigernden Substanzen im Sport- und Freizeitbereich ist nicht durch die Urologen und deren Aufklärungsbemühungen allein zu lösen. Hier ist vor allem die Politik gefordert, mehr für die Prävention an Schulen zu sorgen sowie die Schwarzmärkte für Anabolika auszutrocknen“, betont Wülfing. Aus Sicht der DGU ist der Anabolika-Missbrauch das größte Problem im Sport-und Freizeitbereich.

Von scharfen Intimrasuren besser die Finger lassen

Voll im Trend liegen Intimrasuren: Optisch wirkt im Genitalbereich alles viel hygienischer. „Die nachteiligen Folgen, die von Intimrasuren ausgehen können, werden definitiv unterschätzt“, bestätigt Oberpenning. Denn die Rasur führt zu kleinsten Verletzungen, über die Viren und Bakterien in den Körper gelangen. In der Folge kommt es z. B. sehr viel leichter zu Infektionen mit Herpes-Viren oder Humanen Papillomaviren (HPV), die Feigwarzen verursachen oder das Risiko für bestimmte Krebsformen erhöhen können.

 
Das Problem des Missbrauchs von leistungssteigernden Substanzen im Sport- und Freizeitbereich ist nicht durch die Urologen und deren Aufklärungs-bemühungen allein zu lösen. Prof. Dr. Christian Wülfing
 

Sinnvoll sei zwar, die Haare im Intimbereich kurz zu halten, von scharfen Rasuren aber rät Oberpenning ab. „Die Mikroläsionen erleichtern nicht nur Viren und Bakterien das Eindringen in den Körper, auch Furunkeln bilden sich dadurch leichter und häufiger.“ Oberpenning verweist auf Studien und einen Bericht im Independent, die belegen, dass Mikroläsionen ein Eindringen von Herpes-Viren oder HPV-Viren erleichtern. „Es ist durchaus sinnvoll, wenn Ärzte Patienten auf die nachteiligen Folgen von Intimrasuren hinweisen“, betont er.

„Schaumbad-Zystitis“ und Intimpiercings

Auch häufiges Duschen kann unter Umständen schaden: „Tägliches Duschen mit aggressiven Seifen und die Verwendung von Intimsprays zerstören den Schutzmantel der Haut und reizen die Schleimhäute im Genital- und Analbereich. Bakterien haben so leichtes Spiel und lösen beispielsweise Harnwegsinfekte aus“, erklärt Oberpenning. Auf ausgedehnte Wellness-Bäder sollten Frauen besser verzichten – „Schaumbad-Zystitis“ wird eine Blasenentzündung als Folge ausgedehnter Bäder genannt.

 
Die nachteiligen Folgen, die von Intimrasuren ausgehen können, werden definitiv unterschätzt. PD Dr. Frank Oberpenning
 

Durch Intim-Piercings kann es zu Blutungen kommen, die das Infektionsrisiko erhöhen. Nerven und Schwellkörper des Penis können geschädigt werden, Kondome reißen. Aus urologischer Sicht ist Intimschmuck nicht zu empfehlen. Wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, sollte sich der Verletzungsrisiken für sich selbst und den Partner bewusst sein.

Risiken durch Joggen und Fahrradfahren

Die Joggerphimose wiederum ist die Folge falscher Sportbekleidung – und nicht allzu häufig. Oberpenning selbst ist bislang nur ein Fall bekannt, „doch der war für den Patienten ausgesprochen schmerzhaft“. Die Ursache seien Nylonhosen gewesen. Die sähen zwar trendy aus, der Stoff führe auf der Haut aber zu verstärkter Reibung. Infolge kann sich die Vorhaut entzünden, anschwellen und die Eichel durch Narbenbildung verengen. Vermeiden lässt sich das einfach dadurch, dass statt Nylon Baumwoll-Kleidung verwendet wird.

Fahrradfahren stelle für die meisten Männer kein relevantes Risiko dar. „Wenn beim Radfahren allerdings lange Zeit Druck auf den Damm ausgeübt wird, kann das die Nerven, die auch die Schwellkörper versorgen, beeinträchtigen“, erklärt DGU-Präsident Prof. Dr. Kurt Miller. Das kann vor allem bei Männern zum Problem werden, die länger als 3 Stunden pro Woche Rad fahren.

 
Tägliches Duschen mit aggressiven Seifen und Intimsprays zerstören den Schutzmantel der Haut und reizen die Schleimhäute im Genital- und Analbereich. PD Dr. Frank Oberpenning
 

Treten Taubheitsgefühle im Dammbereich auf oder strahlen diese in den Penis aus, sollte man definitiv etwas ändern, maßgeblich sind Sattel und Sitzposition. Bei der richtigen Sitzposition hat Fahrradfahren einen positiven Effekt auf die Potenz, denn es fördert die Durchblutung im Beckenbereich.

Wichtig sei, bei Veränderungen im männlichen Genitalbereich einen Urologen aufzusuchen. Nicht immer sind solche Probleme schmerzhaft, wie im Falle einer Phimose oder einer Hodenprellung durch Stoßverletzungen beim Fußball oder Hockey. „Von Selbstversuchen mit Kühlakkus rät die DGU generell ab, denn der Penis und insbesondere die Hoden sind sehr empfindlich gegenüber Temperaturen, sodass selbst mit haushaltsüblichen Eisakkus bereits nach kürzester Zeit Erfrierungserscheinungen drohen können“, ergänzt Wülfing.

 

REFERENZEN:

1. Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 23. August 2016

 

Kommentar

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