„Starkes“ Statement des IQWiG: Thuliumlaser läuft beim benignen Prostata-Syndrom der Standard-OP den Rang ab

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

2. September 2016

Beim benignen Prostata-Syndrom (BPS) schneidet die Thuliumlaser-Resektion (TmLRP) hinsichtlich Klinikdauer und Komplikationen offenbar etwas besser ab als die Transurethrale Prostataresektion (TURP), der Standardeingriff. Das ist das Ergebnis einer Bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin IQWiG [1].

Prof. Dr. Thorsten Bach

Im Auftrag des G-BA hatte das IQWiG die aktuelle Literatur zur photoselektiven Vaporisation (PVP), zur Thuliumlaser-Enukleation (TmLEP) und zur Thuliumlaser-Resektion (TmLRP) aufgearbeitet. „Neu ist, dass die Thuliumlaser-Resektion vom IQWiG deutlich positiver bewertet wird, als das noch 2009 der Fall war. Hinsichtlich des zu erwartenden Nutzens – weniger Komplikationen und eine kürzere Aufenthaltsdauer in der Klinik – ist das ein starkes Statement“, sagt Prof. Dr. Thorsten Bach, Leiter der Urologie des Asklepios Klinikums Hamburg-Harburg.

Anders als bei früheren Bewertungen, bei denen der Stellenwert der neueren, weniger eingreifenden Verfahren teilweise unklar geblieben war, lieferten die neuen Daten Hinweise auf einen Vorteil der Thuliumlaser-Resektion, so das IQWiG. Im Gutachten  heißt es: Unter TmLRP zeigte sich bei den perioperativen Endpunkten eine kürzere Krankenhausverweildauer und eine kürzere Katheterisierungsdauer im Vergleich zur Standardbehandlung. Hinsichtlich der Symptomlinderung schnitt die TmLRP ähnlich gut ab wie die Referenztherapie TURP.

TmLRP: Bluttransfusionen seltener und irritative Miktionssymptomatik geringer

Laut IQWiG fanden sich beim Abgleich der Daten zu den unerwünschten Ereignissen Hinweise, dass Bluttransfusionen bei der TmLRP seltener erforderlich sind und schwere Blutungen bei der Behandlung seltener auftreten als unter der Standardbehandlung. Für den Endpunkt irritative postoperative Miktionssymptomatik gebe es einen Anhaltspunkt für einen geringeren Schaden der TmLRP im Vergleich zur Standardbehandlung.

 
Neu ist, dass die Thuliumlaser-Resektion vom IQWiG deutlich positiver bewertet wird, als das noch 2009 der Fall war. Prof. Dr. Thorsten Bach
 

Auch bei der Symptomatik sei die TmLRP der Standard-OP nicht unterlegen: Die Behandlungsergebnisse aus 6 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt knapp 600 Patienten fielen hinsichtlich der Symptom-Verringerung nicht schlechter aus als bei der TURP. Und sowohl bei 2 perioperativen Endpunkten (Dauer Klinikaufenthalt und Katheterisierung) als auch bei 2 schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen (schwere Blutungen und Notwendigkeit von Bluttransfusionen) seien die Ergebnisse der TmLRP besser. Das IQWiG weist allerdings darauf hin, dass die Studien aufgrund methodischer Defizite nur eingeschränkt aussagekräftig seien, und sieht deshalb keinen Beleg, sondern nur einen Hinweis auf einen Vorteil der TmLRP.

Noch ist die TURP Referenzstandard bei BPS, doch: „Laserverfahren sind auf dem Vormarsch. Unter ihnen wird die photoselektive Vaporisation, der Greenlaser, deutlich häufiger eingesetzt als die Thuliumlaser-Resektion oder die Thuliumlaser-Enukleation“, berichtet Bach.

Für die photoselektive Vaporisation PVP konnte die Nichtunterlegenheit allerdings nicht nachgewiesen werden. Zwar fällt der Vergleich mit der Standardtherapie bei der Dauer der Klinikaufenthalte und der Katheterisierung sowie bei bestimmten Nebenwirkungen zugunsten der PVP aus. Laut IQWiG lässt sich anhand der Studiendaten aber nicht nachweisen, dass die PVP in Hinblick auf die Linderung der Symptome zumindest nicht relevant unterlegen ist. Letzteres gilt auch für die Thuliumlaser-Enukleation (TmLEP), die zudem auch bei keinem anderen Zielkriterium bessere Ergebnisse aufzuweisen hat.

 
Laserverfahren sind auf dem Vormarsch. Unter ihnen wird die photoselektive Vaporisation, der Greenlaser, deutlich häufiger eingesetzt als die Thuliumlaser-Resektion oder die Thuliumlaser-Enukleation. Prof. Dr. Thorsten Bach
 

Dass die PVP in der Bewertung durch das IQWiG nicht so gut abschnitt wie die Thuliumlaser-Resektion könnte auch damit zu tun haben, dass sich das Leistungsvermögen der Laser in den vergangenen Jahren deutlich und kontinuierlich verbessert hat, gibt Bach zu bedenken und fügt hinzu: „Die Bewertung des Verfahrens bei unterschiedlichen Leistungszahlen erscheint heterogen und schwierig.“

Zahl der Lasereingriffe hat sich von 2012 auf 2014 fast verdoppelt

Dabei überrascht es nicht, dass für die Thuliumlaser-Resektion bessere Daten vorliegen als für die Enukleation, die erst seit 2009 eingesetzt wird und damit noch neuer als die Resektion ist. „Die Studien zur Enukleation sind neueren Datums und einige sind auch noch nicht abgeschlossen“, erklärt Bach.

Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, werden noch weitere Stellungnahmen folgen. Erst wenn alle Einschätzungen vorliegen, wird der G-BA beraten und abschließend zu einem Ergebnis kommen. Bach erwartet nicht, dass sich dadurch die Leitlinien ändern. In der deutschen S2e-Leitlinie zur instrumentellen Therapie des benignen Prostatasyndroms werden die 3 im IQWiG-Bericht bewerteten Verfahren hinsichtlich ihrer Effekte schon jetzt als mit der TURP vergleichbar und aufgrund dessen als Alternative eingestuft.

Dass die Laserverfahren bei BPS immer mehr eingesetzt werden, spiegeln die Zahlen des statistischen Bundesamtes 2012 bis 2014 wider. Die Zahl der Gesamtbehandlungen (OPs aufgrund von BPS) liegen pro Jahr bei 60.000. Im Jahr 2012 waren darunter 5.500 Laseroperationen, 2013 bereits 9.000 Lasereingriffe und 2014 sogar 10.000 Laseroperationen. „Von 2012 auf 2014 stellt das fast eine Verdopplung dar. Die photoselektive Vaporisation macht davon zwischen 40 und 50 Prozent aus“, berichtet Bach.

 

REFERENZEN:

  1. Pressemitteilung des IQWiG vom 08. August 2016  

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....