CONSERVE-Studie: Koronar-CT kann vielen Brustschmerz-Patienten die invasive Katheter-Abklärung ersparen

Sonja Böhm

Interessenkonflikte

1. September 2016

Rom –Laut deutschem Herzbericht sind 2014 in Deutschland über 900.000 diagnostische Linksherzkatheter-Untersuchungen erfolgt. Viele davon wären eventuell vermeidbar – was auch sehr viel Geld sparen könnte. Diesen Schluss lässt zumindest die beim europäischen Kardiologenkongress in Rom nun vorgestellte und viel beachtete CONSERVE(Coronary Computed Tomographic Angiography for Selective Cardiac Catheterization)-Studie zu [1].

Ebenso sicher – und deutlich billiger

CONSERVE hatte geprüft, was es bringt, wenn bei Brustschmerz-Patienten mit Verdacht auf eine Koronararterien-Erkrankung dem Kathetereingriff ein nicht invasives Koronar-CT vorgeschaltet wird. Das Ergebnis: Im Vergleich zur sofortigen direkten invasiven Angiographie ist dieses Vorgehen ebenso sicher und außerdem deutlich billiger.  

Studienleiter Prof. Dr. Hyuk-Jae Chang, Yonsei University College of Medicine, Seoul, Korea, stellte die Ergebnisse der Studie im Namen des CONSERVE-Studienteams während einer Hotline-Session in Rom vor. Mit Hilfe des vorgeschalteten kardialen CT habe die Zahl der invasiven Linksherzkatheter-Untersuchungen in der Studie um 78% reduziert werden können, betonte er. Gleichzeitig habe sich aber die Rate an MACE (Major Adverse Cardiovascular Events) in den beiden Gruppen nicht unterschieden.

 
Das ist eine wichtige und schöne Studie. Prof. Dr. Stephan Achenbach
 

„Das ist eine wichtige und schöne Studie“, kommentierte Prof. Dr. Stephan Achenbach, Erlangen, die Ergebnisse während der Hotline-Session. Er wies allerdings darauf hin, dass die insgesamt über 1.500 Studienteilnehmer mit stabilem Brustschmerz nur eine Klasse-2-Indikation für eine diagnostische Katheteruntersuchung hatten – und es sich insgesamt um eine Kohorte mit „sehr niedrigem Risiko“ handelte. Doch sei es sehr schwierig, klinisch vorauszusagen, welche Patienten tatsächlich eine Koronarstenose haben und selbst Ischämie-Tests lieferten nicht immer definitive Antworten, räumte er ein. Andererseits habe die koronare Computer-Tomographie Angiographie (CTA) eine hohe Sensitivität und eine hohe negativ prädiktive Aussagekraft.  

Das Koronar-CT als „Gatekeeper“ zum Katheterlabor

Chang fasste die Schlussfolgerung der Studie folgendermaßen zusammen: „Die Botschaft ist, wenn wir die koronare CTA als ‚Gatekeeper‘ zum Katheterlabor bei stabilen symptomatischen Patienten mit Verdacht auf KHK einsetzen, reduzieren wir Kosten – bei ausreichender Sicherheit.”

 
Wenn wir die koronare CTA als ‚Gatekeeper‘ zum Katheterlabor bei stabilen symptomatischen Patienten mit Verdacht auf KHK einsetzen, reduzieren wir Kosten – bei ausreichender Sicherheit. Prof. Dr. Hyuk-Jae Chang
 

CONSERVE war eine randomisierte kontrollierte Multicenter-Studie. Die insgesamt 1.530 Teilnehmer mit Brustschmerz hatten alle entsprechend der Leitlinien der US-amerikanischen Fachgesellschaften ACC/AHA eine Indikation für eine diagnostische Linksherzkatheter-Untersuchung. Sie wurden randomisiert und erhielten entweder direkt die invasive Katheteruntersuchung oder zunächst ein Herz-CT und die Katheteruntersuchung wurde nur veranlasst, wenn das kardiale CTA entsprechende Hinweise ergeben hatte – die weitere diagnostische Vorgehensweise war dann den behandelnden Ärzten überlassen.

Primärer Studienendpunkt war die MACE-Rate nach einem Jahr. Als MACE galten: Herzinfarkt, instabile Angina pectoris, dringende Revaskularisierungen, Schlaganfall, Hospitalisierung oder Tod aufgrund einer kardiovaskulären Ursache. In beiden Gruppen betrug die MACE-Rate 4,6%.

Nur die Hälfte der Kosten – und weniger Koronarinterventionen

 
Die CT-geführte Strategie kann vielleicht die Diagnose-Behandlungs-Kaskade bei der invasiven Katheter-Angiographie entkoppeln. Prof. Dr. Hyuk-Jae Chang
 

Die CONSERVE-Studienautoren haben – als sekundären Endpunkt – auch die Kosten für die beiden unterschiedlichen Strategien berechnet. Dies in US-Dollar und auf Basis des US-Gesundheitssystems. Während danach für einen Patienten, der direkt ins Katheterlabor geht, 6.740 US-Dollar aufgewendet werden müssen, kostet das Vorgehen bei selektiver Katheter-Untersuchung und vorgeschaltetem CT nur 3.338 US-Dollar pro Patient. 

Im Vergleich spreche daher alles für das vorgeschaltete Kardio-CT, betonte Chang: eine 78%ige Reduktion der invasiven Katheter-Untersuchungen, zudem war die Zahl der Revaskularisierungen insgesamt in der Gruppe mit direktem Kathetereinsatz höher (Differenz 41%), und die Strategie verursachte nur etwa die Hälfte der Kosten.

Doch Chang geht es nicht nur um die Kosten: „Die CT-geführte Strategie kann vielleicht die Diagnose-Behandlungs-Kaskade bei der invasiven Katheter-Angiographie entkoppeln. Denn durch sie wird eine unnötig hohe Zahl von Revaskularisierungen gefördert und die Patienten sind in der Folge einem nicht zu vernachlässigenden Risiko im Zusammenhang mit der invasiven Prozedur ausgesetzt.“

 

REFERENZEN:

  1. European Society of Cardiology (ESC) Congress, 28. bis 31. August 2016, Rom (Italien)

 

Kommentar

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