DANISH-Studie: ICD-Therapie bei nicht-ischämischer Herzinsuffizienz – verhindert plötzliche Herztodesfälle und enttäuscht trotzdem

Sonja Böhm

Interessenkonflikte

29. August 2016

Konsequenzen für die Leitlinien? Eher nicht

Was bedeutet dies nun für die Leitlinien? Die ESC hatte erst kurz vor dem Kongress ihre neuen Leitlinien zur Herzinsuffizienz veröffentlicht. Darin hat der ICD für die Herzinsuffizienz nicht-ischämischer Ursache eine Klasse-Ib-Empfehlung erhalten, dies eben aufgrund der limitierten Datenlage, betonte Prof. Dr. Frank Ruschitzka, Leiter der Akuten Kardiologie am Universitären Herzzentrum Zürich und Mitautor der neuen Leitlinien, der die Pressekonferenz moderierte. „Ich sehe keine Veranlassung, aufgrund dieser Studie, diese Empfehlung nun rasch wieder zu ändern“, sagte er. Auch seine Mit-Moderatorin Prof. Dr. Mariell Jessup, University of Pennsylvania und Presbyterian Medical Center, Philadelphia, eine der leitenden Mitautorinnen der US-Guidelines, äußerte sich für die USA ähnlich: „Es gibt keine Pläne, die Leitlinien wegen dieser Ergebnisse umzuschreiben”, bestätigte sie.

 
Ich sehe keine Veranlassung, aufgrund dieser Studie, diese Empfehlung nun rasch wieder zu ändern. Prof. Dr. Mariell Jessup
 

Und Køber, gefragt, wie er es denn persönlich in Zukunft mit der ICD-Implantation halten werde, stieß ins gleiche Horn: „Wir haben es bislang nicht bei jedem Patienten gemacht, und wir werden dies auch in Zukunft nicht bei jedem tun.“ Bestätigt fühle er sich aber durch die Ergebnisse auch, die ICD-Implantation weiterhin jüngeren Patienten mit nicht-ischämischer systolischer Herzinsuffizienz anzubieten, sagte er. Und auch Ruschiska verwies darauf, dass es auch bereits in den europäischen Leitlinien die Einschränkung gebe, dass – um für einen ICD in Frage zu kommen – die Patienten noch eine entsprechende Prognose und Lebenserwartung haben sollten.

Allerdings bedeutet dies auch: DANISH wurde gemacht, weil die bisherigen Empfehlungen auf Metanalysen kleiner Studien und Subgruppen-Analysen beruhten. Nun kann man sich nach DANISH wieder nur auf eine Subgruppen-Analyse, dieser – immerhin größeren – Studie berufen. „Normalerweise würde ich sagen, ich glaube nicht an Subgruppen-Analysen“, sagte Køber. „Aber in diesem Fall – wie leider so oft – haben wir nichts anderes. Und ich greife für meine Therapieentscheidungen dann eben auf die Evidenz zurück, die ich habe.“ 

 
Dementsprechend ist der absolute Benefit eines ICD in einer alltagstypischen Patientenpopulation mit möglichst optimaler Basistherapie wohl eher klein. Prof. Dr. John McMurray
 

In einem begleitenden Editorial zur Studie verweist der schottische Kardiologe Prof. Dr. John McMurray, British Heart Foundation, Cardiovascular Research Center, Universität Glasgow, darauf, dass die typische Population von Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz und eingeschränkter linksventrikulärer Ejektionsfraktion in der Praxis eher älter und kränker ist als die Studienteilnehmer, also mehr Komorbiditäten hat [3].

„Dementsprechend ist der absolute Benefit eines ICD in einer alltagstypischen Patientenpopulation mit möglichst optimaler Basistherapie wohl eher klein.“ Auch sei der ICD natürlich teuer und habe auch Nebenwirkungen (in DANISH hatten die ICD-Patienten ein erhöhtes Infektionsrisiko von 5,1 vs 0,8% und 5,9% erlitten unangemessene Schocks). „Wir sollten daher den Einsatz des ICD bei denjenigen Patienten vermeiden, die wahrscheinlich nicht profitieren werden“, schreibt McMurray. Er plädiert aufgrund der DANISH-Studie für einen noch gezielteren Einsatz des ICD,  räumt aber auch ein: „Es wird eine Herausforderung für die Zukunft sein, genau diese Hochrisiko-Patienten zu identifizieren.“  

 

REFERENZEN:

  1. European Society of Cardiology (ESC) Congress, 27. bis 31. August 2016, Rom (Italien)

  2. Køber L, et al: NEJM (online) 28. August 2016

  3. MCMurray JJV, et al: NEJM (online) 28. August 2016

 

Kommentar

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