Mit den steigenden Außentemperaturen steigt auch das Risiko für Grill-Liebhaber, sich mit Salmonellen oder Campylobacter zu infizieren. Dies bestätigt eine gerade in Nature Journal Scientific Reports publizierte deutsche Studie. „Die statistische Analyse zeigt, dass ein Anstieg der Außentemperatur positiv mit dem Anstieg der Salmonellen- und Campylobacter-Fälle korreliert [1]“, schreiben die Autoren um Dr. Josef Yun, Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Koautor Prof. Dr. med. vet. Günter Klein, Direktor des Instituts ergänzt im Gespräch mit Medscape: „Wir fanden einen Zeitverzug zwischen dem Anstieg der Temperaturen und dem Auftreten beziehungsweise der Meldung der Erkrankungen. Was uns überrascht hat, war, dass es zwischen den Großstädten und ländlichen Regionen, die in unsere Analyse eingingen, keine Unterschiede gab.“
Unterschiedliche Regionen, Jahre und Analysen – ein eindeutiger Trend

Prof. Dr. med. vet. Günter Klein
Die retrospektive Analyse von zwischen 2001 und 2004 gesammelten Daten ist die erste Studie dieser Art für Deutschland, betonen die Autoren. Sie nutzten dafür die wöchentlich beim Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten Infektionen mit Campylobacter (C. jejuni und C. coli) und Salmonellen (S. Enteritidis und S. Typhimurium). Die Wochendurchschnitts- und -höchsttemperaturen erhielten sie aus Daten des Deutschen Wetterdienstes. Zur Ermittlung der Korrelationen setzten sie Regressions-, Zeitreihen- und Kreuzkorrelationsanalysen ein.
Erstes Kernergebnis: Tatsächlich stieg an allen Orten in allen Jahren die Inzidenz der Infektionen mit den Temperaturen an.
Kernergebnis Nummer 2: Der Zeitverzug zwischen dem Temperaturanstieg und einer Meldung beim RKI betrug durchschnittlich 4 bis 5 Wochen.
Weitere Erkenntnisse aus der Analyse:
Salmonella Enteritidis und Campylobacter jejuni sowie coli werden von Temperaturen unter 5 Grad Celsius nicht beeinflusst, erst ab dieser Temperatur steigt die Inzidenz stetig an.
Bei Campylobacter jejuni-Infektionen zeigt sich ein Plateau bei Temperaturen über 18 Grad Celsius.
Der Effekt des Temperaturanstiegs auf den Anstieg der Infektionshäufigkeit war in allen 4 untersuchten Jahren ähnlich.
Wahrscheinliche Ursachen für das erhöhte Infektionsrisiko: Salmonellen vermehren sich bei warmen Temperaturen schneller und Campylobacter vermehrt sich zwar nicht in den Lebensmitteln, wird in der warmen Zeit aber eher auf die Masttiere im Stall übertragen, z.B. über Fliegen.
Prävention in der Küche und am Grill
Was kann man Patienten zur Prävention raten? Hauptinfektionsquelle für Campylobacter ist Geflügelfleisch, bei den Salmonellen sieht es ähnlich aus – nur kommen hier Speisen aus oder mit Rohei noch dazu.
„Der wichtigste Tipp, den Ärzte Patienten zur Prävention mitgeben können, ist sicherlich, dass sie rohes Fleisch nicht in Kontakt mit Salaten oder anderen verzehrfertigen Speisen bringen dürfen“, betont Klein. „So lassen sich Kreuzkontaminationen vermeiden.“ Unterschiedliche Schneidebretter und Messer für Fleisch und Salat sowie das akribische Händewaschen nach der Fleischzubereitung können schützen.
„Auf Platz zwei käme der Tipp, Fleisch, vor allem Geflügel, gut durchzubraten“, ergänzt Klein. Ob vegetarische beziehungsweise vegane Wurst- oder Fleischimitate ein Infektionsrisiko mit sich bringen, ist noch unbekannt, gibt er zu bedenken – dazu sei gerade eine Dissertation in Vorbereitung. Auch für Vegetarier berge manch ein Gartenfest eine Infektionsgefahr, wenn sie selbstgemachte Mayonnaise oder Tiramisu verzehren. „Gerade, wenn solche Speisen ungekühlt stundenlang auf dem Buffet stehen und dann erst verzehrt werden, können sich Salmonellen stark vermehren“, warnt Klein.
An der Studie war auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beteiligt. Speziell zum Thema Sicherheit beim Grillen hat das BfR kürzlich ein Video mit Dr. Niels Bandick aus der Abteilung für Biologische Sicherheit veröffentlicht, das zusätzliche Grill-Tipps für gesundheitsbewusste Verbraucher enthält, zum Beispiel diese:
Fleisch und Fisch beim Grillen nicht verkohlen lassen, versehentlich verkohltes Grillgut nicht verzehren. Der Grund: Heterozyklische aromatische Amine, die sich darin bilden, begünstigen Krebs.
Vermeiden, dass Fett in die Kohle oder auf die Heizschlangen des Elektrogrills tropft. Auch hierbei entstehen kanzerogene Stoffe, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe.
Wer mit Aluminiumschalen grillt, sollte das Grillgut erst später, auf einem Teller oder einer Platte, würzen. Denn gesalzene und saure Speisen können Aluminiumionen aus Folien lösen.
Noch immer 70.000 Campylobacter-Infektionen pro Jahr
Die neue Studie, ergänzt Klein, ist auch ein Signal an Landwirte, Schlachthofbetreiber und den Handel. „Man kann schon beim Tier ansetzen, verhindern, dass die Erreger über die Belüftung oder Besucher in die Ställe gelangen“, nennt er ein Beispiel. „Wir wissen inzwischen auch, dass moderne Schlachthöfe mit sehr gutem Hygienekonzept zur Prävention von Infektionen beitragen.“ Wenn zudem der Handel vor allem in der Sommerzeit die Lagerzeit reduziert und Mindesthaltbarkeitsdaten heruntersetzt, kann das ebenfalls präventiv wirken, legt die neue Studie nahe.
Die beim RKI aus ganz Deutschland gemeldeten Infektionen waren von 2014 auf 2015 leicht rückläufig. 2014 vermeldete das RKI noch 70.972 Campylobacter- und 16.222 Salmonellen-Fälle, 2015 70.190 Campylobacter- und 13.823 Salmonellen-Fälle. „Aber nur rund jede 10. Infektion wird überhaupt gemeldet“, gibt Klein zu bedenken, „viele wissen noch nicht, dass man das nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.“
Klein wünscht sich, dass Ärzte bei Patienten mit starker Übelkeit und/oder Durchfall vor allem in warmen Zeiten stets an solche Infektionen denken, gegebenenfalls darauf testen und umfassend beraten. „Auch wissen viele Patienten noch nicht, dass in seltenen Fällen mehrere Monate nach der Infektion durch Campylobacter eine reaktive Entzündung auftreten kann, die eventuell chronisch wird“, merkt er an. „Darum sollte bei entsprechenden Symptomen die Anamnese immer sehr sorgfältig sein.“
REFERENZEN:
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Sommer, Sonne, Salmonellen: Infektionsrisiko für Grill-Fans steigt mit der Außentemperatur - Medscape - 24. Aug 2016.
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