Neues von der WHI-Studie: Frauen mit später Menopause leben länger – oder sind sie einfach nur gesünder?

Julia Rommelfanger

Interessenkonflikte

8. August 2016

Frauen mit langer reproduktiver Phase, die bei der Menopause bereits über 50 Jahre alt sind, haben offenbar besonders gute Chancen, ein hohes Alter zu erreichen. Das ergab eine große Analyse der bekannten Women’s Health Initiative (WHI) [1]. In der prospektiven US-Studie von mehr als 16.000 postmenopausalen Frauen wurden diejenigen mit späterer Menopause viel häufiger älter als 90 Jahre als Frauen mit kürzerer fruchtbarer Phase.

„Wir haben herausgefunden, dass ein höheres Alter beim Eintritt der Menopause und eine längere reproduktive Phase mit einer größeren Chance auf Langlebigkeit einhergehen“, schreibt das Autorenkollektiv der WHI-Analyse um Dr. Aladdin Shadyab von der University of California in San Diego, USA. „Die Wahrscheinlichkeit eines sehr langen Lebens war bei Frauen, die 40 statt nur 33 Jahre lang fruchtbar waren, um 13% höher.“

Obwohl einige Studien bei Frauen mit später Menarche und später Menopause reduzierte allgemeine sowie kardiovaskuläre Mortalitätsraten gezeigt hätten, habe es bisher keine Untersuchung zum Zusammenhang zwischen reproduktiven Faktoren und dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters gegeben, erklären die Autoren.

Wie hängen Menarche, Menopause und hohes Alter zusammen?

Im Rahmen der 1993 gestarteten WHI-Studie hat die Forschergruppe 16.251 Teilnehmerinnen untersucht. Die Frauen waren vor dem 29. August 1924 geboren (Durchschnittsalter bei Studienbeginn: 74,7 Jahre), wurden von 1993 bis 1998 rekrutiert und bis zum 29. August 2014 nachbeobachtet. Ziel der Untersuchung war, herauszufinden, inwiefern Fruchtbarkeitsfaktoren wie Menarche und Menopause mit dem Erreichen des 90. Lebensjahres zusammenhängen.

Mehr als die Hälfte der Frauen (55%) erreichte dieses hohe Alter. Im Mittel waren die Teilnehmerinnen bei der Menarche 12,8 und beim Eintritt der Menopause 49 Jahre alt. Sie hatten im Schnitt 36,1 reproduktive Jahre und wurden 83,7 Jahre alt.

 
Wir haben herausgefunden, dass ein höheres Alter beim Eintritt der Menopause und eine längere reproduktive Phase mit einer größeren Chance auf Langlebigkeit einhergehen. Dr. Aladdin Shadyab und Kollegen
 

Diejenigen, die beim Eintritt der ersten Monatsblutung 12 Jahre oder älter waren, hatten leicht erhöhte Chancen 90 zu werden (Odds Ratio (OR) 1,09) – im Vergleich zu Frauen, die bei der Menarche jünger als 12 Jahre waren. Frauen, die zu Beginn der Menopause – ob auf natürliche Art oder durch einen chirurgischen Eingriff – mindestens 50 waren, erreichten das hohe Alter häufiger  (OR 1,19 für 50-54 Jahre und OR 1,18 für mindestens 55 Jahre) als Frauen, die beim Eintritt ihrer Menopause noch nicht 40 waren.

Eine spätere natürliche Menopause für sich genommen (Menopause durch chirurgische Eingriffe nicht mitgezählt) war ebenfalls ein Indikator für längeres Leben, ebenso wie eine länger andauernde reproduktive Phase.

Anpassung um Gesundheitszustand beeinflusst Ergebnisse

Die Frauen, die 90 Jahre alt wurden, unterschieden sich allerdings nicht nur in reproduktiven Faktoren von denjenigen, die weniger alt wurden. Sie waren aktiver, häufiger Akademikerinnen, tranken eher Alkohol und waren laut eigenen Angaben gesund oder sogar sehr gesund. Sie waren zudem eher Nichtraucher, nicht übergewichtig und hatten weniger altersbedingte Erkrankungen.

 
Reproduktive Ereignisse wie Menarche oder Menopause könnten auch einfach Indikatoren für den allgemeinen Gesundheitszustand sein. Dr. Aladdin Shadyab und Kollegen
 

In einer Analyse, die den Gesundheitszustand und altersbedingte Erkrankungen berücksichtigte, war der Zusammenhang zwischen späterer Menarche und langem Leben nicht länger signifikant. Ebenso verlor der Zusammenhang zwischen dem Alter beim Eintritt der Menopause und langem Leben nach Anpassung um den Gesundheitszustand seine Signifikanz. Bestehen blieb jedoch der Zusammenhang zwischen Dauer der reproduktiven Phase und der Lebenserwartung. Alle anderen Anpassungen blieben ohne Auswirkung auf den festgestellten Zusammenhang.

Östrogenmangel erhöht Herzrisiko

Wie sich reproduktive Faktoren auf die Lebenserwartung auswirken, ist bisher nicht ganz klar. Die Autoren um Shadyab führen mehrere Mechanismen an, die den Zusammenhang erklären könnten: So ging in einigen Studien eine frühe Menarche mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht, Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen im Erwachsenenalter einher. Eine spätere Menopause und mehr fruchtbare Jahre standen dagegen mit einem verringerten kardiovaskulären Risiko in Zusammenhang.

„Das lässt vermuten, dass eine längere Ausschüttung von Geschlechtshormonen aus den Eierstöcken kardioprotektiv wirkt“, schreiben die Autoren.

Auf der anderen Seite können schädliche Verhaltensweisen wie Rauchen nicht nur die Funktion der Eierstöcke frühzeitig schädigen, was eine frühe Menopause zur Folge haben könnte, sondern auch das kardiovaskuläre System beeinträchtigen. Gestützt werde diese Vermutung durch die Erkenntnis, dass Frauen mit später Menarche weniger häufig kardiovaskuläre Erkrankungen aufwiesen als diejenigen, die eine frühere Menarche angaben. Zudem gaben Frauen mit späterer Menopause einen besseren Gesundheitsstand an als Frauen mit früherer Menopause, was diese Vermutung ebenfalls unterstütze, schreiben Shadyab und Kollegen.

„Reproduktive Ereignisse wie Menarche oder Menopause könnten auch einfach Indikatoren für den allgemeinen Gesundheitszustand sein“, vermuten die Wissenschaftler.

Doch beim Zusammenspiel von Reproduktion und Lebensalter spielen auch die Gene eine wichtige Rolle. Genetische Faktoren wurden in zahlreichen Studien mit dem Einsetzen von Menarche und Menopause in Zusammenhang gebracht. „Das deutet darauf hin, dass ein gemeinsamer Satz genetischer Faktoren die Verbindung zwischen diesen reproduktiven Faktoren und Langlebigkeit sein könnte“.

Die Autoren schlagen weitere Studien vor, die klären könnten, inwiefern sich der Lebensstil sowie genetische und Umweltfaktoren auf Menarche, Menopause und reproduktive Phase auswirken, um den Mechanismus, der hinter dem Zusammenhang zwischen Reproduktion und Lebenserwartung steht, näher zu beleuchten.

Angesichts der schon seit einiger Zeit zu beobachtenden Trends zu früherer Menarche, späterer Menopause und zunehmender Lebenserwartung, seien außerdem Untersuchungen mit jüngeren Geburtskohorten notwendig, um die Verbindung zwischen dem Eintritt reproduktiver Ereignisse und der Lebenserwartung von Frauen genauer definieren zu können.

 

REFERENZEN:

1. Shadyab AH, et al: Menopause (online) 25. Juli 2016

 

Kommentar

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