Die Qualität des Mammografie-Screenings in Deutschland ist hoch. Wie im aktuellen Bericht der „Kooperationsgemeinschaft Mammographie“ für das Jahr 2013 zu lesen ist, war nur bei 3% der Frauen, die wiederholt an dem Vorsorgeprogramm teilgenommen hatten, eine weitere Abklärung notwendig [1]. Bei gut zwei Drittel der erneut eingeladenen Frauen konnte eine Brustkrebserkrankung bereits durch ergänzende bildgebende Verfahren ausgeschlossen werden.
Die jährliche Auswertung zeige, dass die Qualitätssicherung auch bei der Vermeidung unnötig vieler falsch-positiver Befunde greife, lautet das Resümee von Dr. Vanessa Kääb-Sanyal in einer Pressemitteilung. „Die Ärztinnen und Ärzte im Screening müssen jedem begründeten Verdacht auf eine Brustkrebserkrankung nachgehen, um kein Karzinom zu übersehen. Auf der anderen Seite gibt es für die Anzahl von ergänzenden Abklärungsuntersuchungen ganz klare Vorgaben der Europäischen Leitlinien, um Frauen nicht unnötig zu belasten“, führt die Geschäftsführerin der Kooperationsgemeinschaft darin weiter aus.
Alter und wiederholte Teilnahme beeinflussen die Wiedereinbestellungsrate
Die 3% Frauen, bei denen eine weitere Abklärung nötig war, betrafen zwar die größere Gruppe der Teilnehmerinnen (die wiederholt an der Früherkennung teilgenommen hatten), sind aber nur ein Teil der Wahrheit. Bei den Teilnehmerinnen, die sich erstmals einer Mammografie unterzogen hatten, zeigten sich bei fast 10% Auffälligkeiten, die keinen eindeutigen Befund ergaben. Dennoch: Mit 4,5% aller untersuchten Frauen bleibt die Rate der Wiederholungsuntersuchungen unterhalb des EU-Grenzwertes von 5%.
Die Rate kann jedoch nicht beliebig gesenkt werden, wie Dr. Karin Bock, Leiterin des Mammographie-Referenzzentrums Südwest in Marburg, gegenüber Medscape erklärte. „Um die Brustkrebsentdeckungsrate von 0,6 Prozent zu erreichen, kann auch eine ideale Wiedereinbestellungsrate nicht unter 0,6 Prozent liegen.“ Manche Zeichen für Brustkrebs seien in der Bildgebung äußerst diskret und damit nicht eindeutig. Im Interesse der Früherkennung und der Vermeidung falsch-negativer Befundungen sei eine höhere Zahl an Wiedereinbestellungen zur Abklärungsdiagnostik schwer vermeidbar, so das Fazit der Frauenärztin, die auch als Oberärztin an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Gießen und Marburg in Marburg tätig ist.
Laut Qualitätsbericht entfallen 77% der Erstuntersuchungen auf Frauen im Alter zwischen 50 und 54 Jahren. „In dieser Altersgruppe können häufiger prämenopausale, durch hormonelle Schwankungen bedingte funktionelle gutartige Veränderungen der Brust wie Zysten vorkommen, die nicht unmittelbar als solche identifizierbar sind“, führt Bock als einen der Gründe für die höhere Wiedereinbestellungsrate an. Außerdem fehlten bei erstuntersuchten Frauen häufiger Voraufnahmen, die zu Vergleichszwecken herangezogen werden können, als bei älteren Frauen bzw. Frauen, die wiederholt am Screening-Programm teilgenommen hätten.
Die hohe Prozessqualität übertrifft EU-Vorgaben mehrfach
Die Bereitschaft, die Befundung weiter abklären zu lassen, war bei den rund 130.000 wiedereinbestellten Frauen generell hoch. 98% folgten der Empfehlung zur Wiedervorstellung. Bei etwa 35.000 dieser Frauen konnte der Anfangsverdacht durch ergänzende bildgebende Verfahren nicht ausgeräumt werden, so dass ihnen eine minimal-invasive Biopsie empfohlen wurde. In der Hälfte der Fälle bestätigte sich durch die Gewebeentnahme der Verdacht auf Brustkrebs. Laut Bericht bedeutet dies, dass bundesweit bei 6 von 1.000 untersuchten Frauen Brustkrebs diagnostiziert wird.
Die Qualität der Prozesskette übertrifft dabei die Normen der EU-Leitlinie. So waren 59% der invasiven Karzinome kleiner als 15 Millimeter. Die EU-Empfehlung liegt bei mindestens 50%. Ohne Befall der Lymphknoten waren 78% – im Vergleich zur EU-Vorgabe von mindestens 75%. Der Anteil prognostisch ungünstiger Karzinome lag mit 21% unter dem EU-Referenzwert von maximal 25%.
Eine Grundlage für diese guten Werte liefert die diagnostische Qualität. Bei lediglich 20.565 Frauen oder 0,7% mussten die Screening-Mammografie-Aufnahmen wegen mangelnder Bildqualität wiederholt werden. Die EU-Empfehlung liegt bei unter 1%.
Den Biopsien wird eine besonders hohe Zuverlässigkeit bescheinigt: Ihre Wiederholungsrate betrug 1,3% und liegt damit weit unter dem EU-Referenzwert von unter 10%. Konkret mussten 440 Fälle nochmals überprüft werden, weil das Ergebnis der Gewebeuntersuchung im Vergleich mit der vorausgegangenen Mammografie und der Ultraschalluntersuchung nicht ausreichend übereinstimmte. Zum Einsatz kamen vor allem Stanzbiopsien unter Ultraschallkontrolle und Vakuumbiopsien unter Röntgenkontrolle. Beide Verfahren erwiesen sich qualitativ als gleich gut.
Das Erstergebnis wird schnell übermittelt
Erstmals wurde auch erfasst, wie schnell die Frauen über das Ergebnis der Mammografie informiert werden. Weil die Wartezeit für die Frauen belastend ist, fordert die EU-Leitlinie, dass mindestens 90% der untersuchten Frauen die Mitteilung innerhalb von 7 Werktagen nach der Mammografie zugegangen sein sollte. Mit einer Quote von 92,5% liegen deutsche Mammografie-Screenings über dem empfohlenen Prozentsatz.
Werden Abklärungen notwendig, sollte laut EU-Vorgabe zwischen Terminvorschlag, Maßnahme und Ergebnisübermittlung bei 90% der Frauen jeweils nicht mehr als eine Woche verstreichen. Diese Vorgabe wurde aktuell nicht erreicht. Laut Bericht waren die Wartezeiten nur unzureichend erfassbar und werden zudem aufgrund der differenzierten diagnostischen Maßnahmen als unrealistisch angesehen.
Zu wenige Frauen nahmen teil
Am Brustkrebs-Früherkennungsprogramm haben 2013 rund 2,9 Millionen Frauen teilgenommen. Das entspricht 57% der Eingeladenen. Die Akzeptanzquote liegt damit deutlich unter der Mindestanforderung der EU-Leitlinie von über 70%.
REFERENZEN:
1. Deutsches Mammographie-Screening-Programm: Jahresbericht Qualitätssicherung 2013
Medscape Nachrichten © 2016 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Bericht zum Mammografie-Screening: Für Frauen, die wiederholt daran teilnehmen, ist die Gefahr falsch positiver Befunde gering - Medscape - 1. Aug 2016.
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