Schutz vor Herzkrankheiten und Krebs – Metaanalyse zeigt, wie viel Vollkornbrot und Müsli dafür verspeist werden müssen

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

21. Juni 2016

Wer verstärkt Vollkornprodukte verzehrt, kann damit sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und sogar Krebs reduzieren. Selbst das Sterberisiko nimmt ab. Eine große Metaanalyse britischer Forscher bestätigt damit den schon in verschiedenen Studien beobachteten protektiven Effekt von Vollkornprodukten – geht dabei aber noch einen Schritt weiter [1]: „Diese bislang sicher umfangreichste Metanalyse liefert erstmals genaue Angaben dazu, welche Aufnahmemengen notwendig sind, um einen Effekt auf die verschiedenen Endpunkte zu erzielen“, kommentiert Prof. Dr. Matthias B. Schulze, der am Deutschen Institut für Ernährungsforschung, Potsdam-Rehbrücke, die Abteilung Molekulare Epidemiologie leitet.

Prof. Dr. Matthias B. Schulze

Pro 90 g Vollkornprodukten mehr am Tag – das sind etwa 2 Scheiben Vollkornbrot und ein Schüsselchen Vollkorncerealien – sank das Risiko für koronare Herzkrankheit um 19%, für kardiovaskuläre Erkrankungen um 22%, für Tod jeglicher Ursache um 17%, für Tod durch Schlaganfall um 14%, für Krebs um 15%, für respiratorische Erkrankungen um 22%, für Infektionskrankheiten um 26% und für Diabetes um 51%.

Ehemalige Vollkornverweigerer profitieren besonders stark

Am meisten profitierten Menschen von einem verstärkten Verzehr von Vollkornprodukten, die vorher gar keine zu sich genommen hatten und ihren Verzehr auf 2 Portionen (à 30 g) am Tag erhöhten.

Die Analyse zeigte außerdem: Viel bringt viel. Bis hinauf zu einer Verzehrmenge von 7,5 Portionen Vollkornprodukten, also 225 g am Tag, beobachteten die Forscher eine fortschreitende Reduktion des Erkrankungsrisikos.

„Unsere Ergebnisse unterstützen Ernährungsleitlinien, die einen verstärkten Konsum von Vollkornprodukten empfehlen, um das Risiko für chronische Erkrankungen und vorzeitigen Tod zu reduzieren”, schlussfolgern die Autoren um Dagfinn Aune von der School of Public Health am Imperial College London.

 
Diese bislang sicher umfangreichste Metanalyse liefert erstmals genaue Angaben dazu, welche Aufnahmemengen notwendig sind, um einen Effekt auf die verschiedenen Endpunkte zu erzielen. Prof. Dr. Matthias B. Schulze
 

In den letzten 10 bis 15 Jahren hat sich eine Menge Evidenz angehäuft, die die gesundheitlichen Vorteile von Vollkornprodukten zeigt. Welche Aufnahmemengen und welche Arten von Vollkornprodukten empfehlenswert sind, ließ sich daraus allerdings noch nicht eindeutig ableiten.

Systematische Analyse von 45 Studien

Aune und seine Kollegen analysierten deshalb 45 prospektive Studien (64 Publikationen), die Angaben zum Zusammenhang zwischen dem Konsum von Vollkornprodukten oder bestimmten Getreidearten und kardiovaskulären Erkrankungen, Krebs und Mortalität machten. Insgesamt überblickten sie so 7.000 Fälle von koronarer Herzkrankheit, 2.000 Schlaganfälle, 26.000 kardiovaskuläre Erkrankungen, 34.000 krebsbedingte Todesfälle und 100.000 Todesfälle insgesamt unter 700.000 Studienteilnehmern.

Die beobachteten Risikoreduktionen waren assoziiert mit dem Konsum von Vollkornbrot, Frühstückscerealien aus Vollkorngetreide, zugesetzter Kleie sowie dem Gesamtkonsum von Brot und Frühstückscerealien. Für eine Assoziation mit Weißmehlprodukten, weißem Reis, Reis insgesamt oder anderem Getreide gab es dagegen nur wenig Evidenz.

Wahrscheinlich nehmen nur wenige Menschen 3 oder mehr Portionen Vollkornprodukte am Tag zu sich, deshalb empfehlen die Autoren um Aune, „die Aufnahme von Vollkorngetreide zu erhöhen und wann immer möglich Vollkornprodukten den Vorzug vor Weißmehlprodukten zu geben.“

„Jede zusätzliche Portion senkt das Risiko“

In einem Editorial stimmen Dr. Cecilie Kyrø und Dr. Anne Tjønneland vom Forschungszentrum der dänischen Krebsgesellschaft in Kopenhagen zu, dass „der verstärkte Verzehr von Vollkornprodukten einen beträchtlichen positiven Effekt auf die Gesundheit der Bevölkerung haben könnte” [2]. Die Autoren räumen ein, dass der Konsum von bis zu 7,5 Portionen am Tag, der in der Metanalyse mit der stärksten Schutzwirkung verknüpft war, „recht hochgesteckt ist, aber machbar.“

 
Unsere Ergebnisse unterstützen Ernährungsleitlinien, die einen verstärkten Konsum von Vollkornprodukten empfehlen, um das Risiko für chronische Erkrankungen und vorzeitigen Tod zu reduzieren. Dagfinn Aune und Kollegen
 

Schulze weist außerdem darauf hin, dass Risikosenkungen über einen weiten Bereich des Konsums zu beobachten gewesen seien. „Aufnahmemengen von 225 Gramm am Tag müssen nicht erreicht werden. Jede zusätzliche Portion senkt das Risiko – insbesondere, aber nicht nur bei Personen, die bislang nur sehr wenige oder gar keine Vollkornprodukte verzehrt haben“, betont er. „Die meisten Risikoschätzungen in dieser Metaanalyse beziehen sich auf eine Aufnahmemenge von 90 g/Tag, also etwa zwei Scheiben Vollkornbrot und eine Portion Müsli. Diese Menge ist auch für einen Normalverbraucher erreichbar.“

Kyrø und Tjønneland verweisen auf Erfahrungen aus Dänemark. Dort habe der Verzehr von Vollkornprodukten in den letzten 10 Jahren durch geschicktes Marketing und Produktentwicklung verdoppelt werden können. Allerdings, warnen sie, müsse dabei „sorgfältig darauf geachtet werden”, dass nicht am Ende Vollkornprodukte mit hohem Zucker- oder Salzgehalt beworben werden.

 

REFERENZEN:

1. Aune D, et al: BMJ 2016;353:i2716

2. Kyrø C, et al: BMJ 2016;353:i3046

 

Kommentar

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