Chicago – Die Lokalisation eines Kolonkarzinoms ermöglicht es, Rückschlüsse auf die optimale Therapie und die Überlebenschancen des Patienten zu ziehen, so das Ergebnis einer retrospektiven Analyse aus der CALGB/SWOG 80405(Alliance)-Studie: Patienten, deren Tumor erstmals im linken, also im absteigenden Kolon, Sigmoideum und Rektum auftrat, hatten eine bessere Überlebenschance als Patienten, deren Tumor zuerst im rechten Kolon – im Blinddarm und aufsteigenden Kolon – nachgewiesen wurde.
„Schon früher gab es Hinweise in klinischen Studien, dass die Tumorlokalisation die Prognose eines Kolorektalkarzinoms beeinflussen kann. Der Effekt, den wir nun in dieser Analyse beobachtet haben, war jedoch weitaus größer als wir erwartet hatten“, sagte Prof. Dr. Alan P. Venook von der Universität von Kalifornien, San Francisco, bei einer Vorab-Pressekonferenz zum Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology ASCO, der Anfang Juni in Chicago stattfinden wird [1]. „Diese Befunde werden vermutlich unsere Therapie- und Forschungsansätze verändern“, so der Onkologe.
In der Phase-3-Studie CALGB/SWOG 80405 waren Wirksamkeit und Verträglichkeit von Bevacizumab und Cetuximab jeweils in Kombination mit Chemotherapie (FOLFOX oder FOLFIRI) in der Erstlinienbehandlung von Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom verglichen worden, wobei sich zwischen den beiden Therapieansätzen keine Unterschiede in der Wirkung auf das progressionsfreie und das Gesamtüberleben zeigten.
Venook und seine Kollegen untersuchten nun retrospektiv, wie sich die Lokalisation des Primärtumors auf das Überleben der Patienten auswirkte. Bei 293 Patienten war der Primärtumor im rechten Kolon, bei 732 Patienten im linken Kolon angesiedelt, bei 66 Patienten lag der Ursprung im Colon transversum und bei 46 Patienten war er unbekannt.
Primärbefall im linken Kolon erhöht Überlebenschance
Patienten mit Primärtumor im linken Kolon lebten mit 33,3 Monaten im Median signifikant länger als Patienten mit Primärtumor im rechten Kolon mit 19,4 Monaten (Hazard-Ratio: 1,60, p < 0,001). Diese Unterschiede wurden auch in den beiden Therapiegruppen festgestellt. In der Bevacizumab-Gruppe überlebten Patienten mit linksseitigem Kolonkarzinom 31,4 Monate, mit rechtem Primärtumor 24,2 Monate.
Als besonders „dramatisch“ bezeichnete Venook den Unterschied im Gesamtüberleben von fast 20 Monaten in der Cetuximab-Gruppe: Hier überlebten Patienten mit linksseitigem Kolonkarzinom 36 Monate, mit rechtsseitigem Tumor 16,7 Monate (HR: 1,987, p < 0,001). „Das ist ein wirklich dramatischer Befund, der für die meisten von uns wirklich überraschend war“, so Venook.
Cetuximab nur bei linksseitigem Kolonkarzinom sinnvoll?
Aus diesen Befunden ergeben sich möglicherweise Konsequenzen für die Therapie, denn bei linksseitigem Tumor überlebten Patienten unter Cetuximab länger als unter Bevacizumab (36 vs 31,4 Monate), während bei rechtsseitigem Tumor Bevacizumab besser wirkte als Cetuximab (24,2 vs 16,7 Monate). „Es sieht so aus, als ob Patienten mit rechtsseitigem Kolonkarzinom von einer Therapie mit Cetuximab nicht profitieren“, so Venook. Diese – allerdings retrospektiv erhobenen – Daten würden demnach dagegen sprechen, Cetuximab oder andere EGFR-Antikörper bei Patienten einzusetzen, deren Tumor zunächst im rechten Kolon aufgetreten war.
Venook wies darauf hin, dass derzeit 44.000 Tumorproben dieser Patienten weiter analysiert werden. Er hofft damit belegen zu können, dass die Lokalisation des Tumors als Surrogat für einen biologischen Marker dienen kann: „Die Kolonlokalisation kann uns bei Entscheidungen helfen, die wir im Kontext mit allen anderen gesammelten Informationen treffen“, so der kalifornische Onkologe. Und ab jetzt sei es sinnvoll, in Studien zum Kolorektalkarzinom die Patienten nach der Lokalisation des Primärtumors zu stratifizieren.
Venook wird die detaillierten Ergebnisse dieser Post-hoc-Analyse bei der Jahrestagung der ASCO am 5. Juni 2016 in Chicago vorstellen.
REFERENZEN:
1. American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2016 Annual Meeting, 3. bis 7. Juni 2016, Chicago/USA
Diesen Artikel so zitieren: Asymmetrische Überlebenschancen: Bei Primärtumor im linken Kolon überleben mehr Darmkrebs-Patienten - Medscape - 27. Mai 2016.
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