Insulin einsparen bei Typ-1-Diabetes: Mit SGLT2-Inhibitoren könnte es funktionieren

Manuela Arand

Interessenkonflikte

9. Mai 2016

Berlin Dass Metformin eine Option bei ausgewählten Patienten mit Typ-1-Diabetes sein könnte, steht zwar noch in der aktuellen Leitlinie für Kinder und Jugendliche, wurde aber inzwischen entkräftet. Hemmstoffe des natriumabhängigen Glukosetransporters SGLT-2 dagegen könnten sich tatsächlich beim Typ-1-Diabetes etablieren, bei Kindern wie bei Erwachsenen, hieß es beim 51. Jahreskongress der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Berlin [1].

Prof. Dr. Thomas Danne

In der Kinderdiabetologie werden die Therapieziele oft nicht erreicht, erinnerte Prof. Dr. Thomas Danne, Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“, Hannover. Besonders schlecht gelinge die Stoffwechseleinstellung zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr, wenn die Patienten andere Prioritäten haben als ihren Diabetes.

„Ich glaube fest daran, dass die SGLT2-Inhibitoren einen neuen Ansatz bei Typ-1-Diabetes bieten können – ich verspreche mir sehr viel davon“, betonte Danne. Denn anders als bei den meisten anderen oralen Antidiabetika hänge deren Wirkung weder von der Betazellfunktion noch von der Insulinsensitivität der Zielorgane ab.

SGLT2-Inhibitoren hemmen bekanntlich in der Niere die Glukoserückresorption im proximalen Tubulus, so dass pro Tag ca. 80 g Glukose mit dem Urin ausgeschieden werden. Das senkt nicht nur Blutzucker und HbA1c, sondern auch das Körpergewicht und den Blutdruck. In Tierversuchen konnte auch gezeigt werden, dass sich Betazellfunktion und Insulinresistenz bessern.

Überexpression von SGLT2 auch beim Typ-1-Diabetes

Auch beim Typ-1-Diabetes induziert die Hyperglykämie eine Überexpression und Überaktivität von SGLT2 im proximalen Tubulus, sodass umso mehr Glukose reabsorbiert wird, je schlechter der Diabetes eingestellt ist. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, könnte sich also auch beim Typ-1-Diabetes lohnen.

Tatsächlich gibt es einige Studien, die einen Nutzen dieses Therapieansatzes zeigen, bisher allerdings ausschließlich an Erwachsenen, wie Prof. Dr. Baptist Gallwitz, Universität Tübingen, berichtete. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es zu einer mäßigen HbA1c-Reduktion um ca. 0,3 Prozentpunkte kommt – bei gleichzeitigem Rückgang des Insulinbedarfs, weniger Blutzuckerschwankungen und einer Gewichtsabnahme um 1,5 bis 2 kg.

Prof. Dr. Baptist Gallwitz

Nicht zu vergessen sei dabei auch die Endpunktstudie EMPA-REG OUTCOME, die erstmals für ein orales Antidiabetikum einen Rückgang der kardiovaskulären und Gesamtsterblichkeit gezeigt habe. Auf der Sollseite steht als klassenspezifische Nebenwirkung eine Zunahme der Harnwegsinfekte aufgrund der Glukosurie.

Potenzial für Betazellfunktionserhalt?

„EMPA-REG OUTCOME hat die Diabetologie in ihren Grundfesten erschüttert“, findet auch Danne. Mit einem derart positiven Studienausgang habe die wissenschaftliche Gemeinschaft nicht gerechnet. Seiner Ansicht nach hat die SGLT-2-Inhibition außerdem das Potenzial, die Restfunktion der Betazellen zu erhalten und könnte sich daher besonders für frisch diagnostizierte Patienten eignen.

Danne wies aber auch darauf hin, dass unter Empagliflocin vermehrt diabetische Ketoazidosen (DKA) aufgetreten sind, und dies auch bei euglykämischer Stoffwechselsituation (wie Medscape berichtete). Die DKA sei zwar eine gut schulbare und beherrschbare Nebenwirkung, aber eine Off-label-Verordnung wolle gut überlegt sein.

 
Ich glaube fest daran, dass die SGLT2-Inhibitoren einen neuen Ansatz bei Typ-1-Diabetes bieten können – ich verspreche mir sehr viel davon. Prof. Dr. Thomas Danne
 

Metformin hat in aktueller Studie enttäuscht

Dagegen hat Metformin eine lange Geschichte in der Diabetestherapie – vor allem natürlich beim Typ-2. Das Biguanid wurde für den Typ-1-Diabetes primär wegen günstiger Effekte auf Gewicht und Lipidstoffwechsel als Option bei übergewichtigen Patienten gehandelt, bei denen keine Stoffwechselkontrolle gelingen will.

Kurz nach Erscheinen der aktuellen S3-Leitlinie zeigte aber bereits eine randomisierte klinische Studie, dass zwar gewisse Effekte auf Adipositas-Parameter und Insulindosis zu verzeichnen waren, die Blutzuckereinstellung aber nicht gebessert wurde. Zudem komplizierten massive gastrointestinale Probleme die Therapie, sodass die Autoren von der additiven Gabe von Metformin beim Typ-1-Diabetes abraten.

Als weitere Kandidaten für eine additive Therapie beim Typ-1-Diabetes kämen eventuell Acarbose – erhoffter Effekt: weniger Hypoglykämien aufgrund verzögerter Glukoseresorption – und GLP-1-Analoga infrage, ergänzte Gallwitz.

Letztere sind ebenfalls schon in einigen kleineren Studien an Typ-1-Patienten erprobt worden. Sie können wie SGLT2-Hemmer zur Reduktion von Gewicht und Insulinbedarf beitragen, haben aber wenig zusätzlichen Effekt auf den HbA1c-Wert. Die Daten zu Blutzuckerschwankungen und Hypoglykämien sind uneinheitlich.

 

REFERENZEN:

1. 51. Diabetes Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft, 4. bis 7. Mai 2016, Berlin

 

Kommentar

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