Typ-2-Diabetes: Ob Mono oder Kombi – Metformin bleibt trotz neuer Antidiabetika das Mittel der ersten Wahl

Dr. Ingrid Horn

Interessenkonflikte

3. Mai 2016

Geht es um die orale Monotherapie des Typ-2-Diabetes, führt bei den meisten Patienten kein Weg am Metformin vorbei – das bestätigt nun eine aktuelle Metaanalyse, die auch die neuen Antidiabetika berücksichtigt hat [1].

Um den Blutzucker bei Patienten mit Typ-2-Diabtes zu senken und gleichzeitig das Risiko für Langzeitkomplikationen zu mildern, stehen heutzutage 7 Klassen von Medikamenten zu Verfügung. In einem direkten Vergleich haben nun US-amerikanische Wissenschaftler versucht zu klären, welche Medikation im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit die beste ist. In ihrer in den Annals of Internal Medicine veröffentlichten Metaanalyse kommen sie zu dem Schluss, dass das alt bewährte Metformin als Monotherapie das Mittel der ersten Wahl bleibt.

Dr. Nisa M. Maruthur vom Welsh Center for Prevention, Epidemiology & Clinical Research in Baltimore, und ihre Kollegen haben erstmals auch Studien zu den neuen oralen Antidiabetika wie Gliflozinen (SGLT2-Inhibitoren), Gliptinen (Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren, DPP-4) und Glukagon-ähnliche Peptid-1-Rezeptor-Antagonisten (GLP-1) bewertet. Darunter sei allerdings keine Substanz, die derzeit eine Alternative zu Metformin wäre, schreiben sie.

Die neueren Antidiabetika sind dennoch von Wert

„Diese Metaanalyse bringt kaum neue Erkenntnisse“, äußert Prof. Dr. Michael Roden, Direktor des Deutschen Diabetes Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, gegenüber Medscape. Sowohl die hohe Effektivität von Metformin als auch die Nebenwirkungsproblematik der Sulfonylharnstoffe, vor allem hinsichtlich des Hypoglykämie-Risikos, seien lange bekannt.

Prof. Dr. Michael Roden

Auch bemängelt Roden, dass die aktuelle Literatur nicht vollständig in die Analyse Eingang gefunden hat. „So fehlt die hoch relevante EMP_REG OUTCOME Studie, die für Empagliflozin eine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Endpunkte und Mortalität ergeben hatte“, führt der Düsseldorfer Diabetologe an. Klinisch betrachtet, habe der Einsatz von neueren oralen Glukose-senkenden Medikamenten, die auch zu einer deutlichen Gewichtsreduktion führen, die therapeutischen Möglichkeiten bei Typ-2 Diabetes entscheidend bereichert, zumal sie nebenwirkungsarm seien. Für günstige Kombinationen mit Metformin haben die Autoren der Studie allerdings zumindest Hinweise gefunden.

Metformin punktet gleich mehrfach

Die von Maruthur und ihren Kollegen ermittelten Evidenzen basieren auf 204 Studien aus der ganzen Welt, von denen 116 neueren Datums sind. Im Vergleich mit Sulfonylharnstoffen als Monotherapie ging Metformin eindeutig als Gewinner hervor. Die Autoren bescheinigen diesem Wirkstoff außerdem, dass er zusätzlich zum HbA1c-Wert das kardiovaskuläre Mortalitätsrisiko senkt. Die meisten Antidiabetika erwiesen sich ohnehin laut der Analyse als sehr wirksam zur Senkung des Blutzucker-Spiegels. Eine Ausnahme machten hier nur die DPP-4-Inhibitoren, die weniger effektiv als Metformin und Sulfonylharnstoffe waren.

Als weiteres wichtiges Therapieziel beurteilten Maruthur und ihre Kollegen den Einfluss der Medikamente auf das Körpergewicht. „Hier sind die SGLT-2-Inhibitoren dem Metformin überlegen“, schreiben sie. Metformin ist hier allerdings wirksamer als DPP4-Inibitoren. Alle anderen Antidiabetika beeinflussen das Körpergewicht nicht oder führen sogar zu einer Gewichtszunahme, etwa die Sulfonylharnstoffe oder Thiazolidendione (Glitazone). Der Gewichtsunterschied zwischen allen erfassten Substanzklassen kann dabei bis zu 5 Kilogramm betragen, halten die Autoren fest.

 
Diese Metaanalyse bringt kaum neue Erkenntnisse. Prof. Dr. Michael Roden
 

Add-Ons können das Wirkspektrum günstig beeinflussen

Eine Kombinationstherapie ist interessant, wenn die Monotherapie nicht den gewünschten Erfolg erzielt oder zusätzliche Gesundheitsrisiken des Patienten hinzukommen. „Hinsichtlich der Reduktion des HbA1c erwiesen sich Metformin-basierte Kombinationstherapien im Vergleich zur Metformin-Monotherapie als wirkungsvoller“, schreiben die Wissenschaftler. Von den neuen Antidiabetika seien als Add-on die GLP-1-Rezeptor-Agonisten vorzuziehen, empfehlen sie, auch wenn die Evidenzlage aller verglichenen Kombinationsmöglichkeiten in der Metaanalyse nur als moderat eingeschätzt wurde.

 
Die Evidenz für bestimmte Nebenwirkungen, vor denen FDA oder EMA warnen, ist offenbar geringer oder nicht vorhanden. Prof. Dr. Michael Roden
 

Hinsichtlich der Gewichtsreduktion erwiesen sich unter den neuen Antidiabetika SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptor-Agonisten gegenüber DPP-4-Inhibitoren als überlegen. In Kombination mit Metformin entfalten diese beiden Substanzklassen zudem eine zusätzliche blutdrucksenkende Wirkung, ähnlich wie sie für SGLT-2-Inhibitoren als Monotherapie beschrieben wird. Die gegenwärtige Beweislage spreche auch dafür, dass SGLT-2-Inhibitoren die Herzfrequenz stärker zu senken vermögen als zusätzlich verabreichte Sulfonylharnstoffe.

Alles hat sein Risiko

„Alle Medikamente haben ihre spezifischen Nebenwirkungen, und die neueren sind nicht notwendigerweise sicherer als die älteren“, schreiben Maruthur und ihre Kollegen. In dieser Aussage sieht Roden einen gewissen Nutzen der Metaanalyse. „Die Evidenz für bestimmte Nebenwirkungen, vor denen FDA oder EMA warnen, ist offenbar geringer oder nicht vorhanden“, hält er fest und verweist dabei auf das Risiko einer Pankreatitis bei GLP-1-Agonisten oder einer Herzinsuffizienz bei DPP-4-Hemmern.

Im Grunde genommen bestätigte die Metaanalyse bekannte Nebenwirkungsprofile. Danach kommen Hypoglykämien häufiger bei Sulfonylharnstoffen vor, Magen-Darm-Störungen am häufigsten bei Metformin und GLP-1-Agonisten, und die SGLT-2-Hemmer besitzen das größte Risiko für mykotische Genitalinfektionen.

 

REFERENZEN:

1. Maruthur NM, et al: Ann Intern Med (online) 19. April 2016

 

Kommentar

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