Informationsangebot vom Cochrane Netzwerk: Wie behandele ich häufige Krankheiten von Flüchtlingen und Asylbewerbern?

Christina Sartori

Interessenkonflikte

2. Mai 2016

Für Ärzte in Europa, die Flüchtlinge und Asylbewerber behandeln, gibt es seit April 2016 ein neues Informationsangebot im Internet. Zu 5 Themengebieten, die bei dieser Patientengruppe besonders häufig sind, bietet das Cochrane Netzwerk evidenzbasierte Empfehlungen an: zu Impfungen, Tuberkulose, posttraumatischer Belastungsstörung und Depression, Gewalterfahrungen und Infektionen der Haut. Zu jedem dieser Themengebiete werden mehrere konkrete Fragestellungen beantwortet [1].

In vielen Herkunftsländern wird nicht mehr ausreichend geimpft

Beim Thema „Impfen“ werden zum Beispiel Impfstoffe gegen Keuchhusten bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit verglichen. Zudem werden die Vor- und Nachteile der Hepatitis-B-Auffrisch-Impfung analysiert. Außerdem gibt es jeweils Informationen zur Wirksamkeit der postexpositionellen Impfungen gegen Masern, Röteln und Windpocken.

Weitere Empfehlungen betreffen die MMR-Impfung (Masern, Mumps, Röteln) sowie die Möglichkeit, Neugeborene vor Tetanus zu schützen. Diese Indikationen treten bei Flüchtlingen und Asylsuchenden häufiger auf, da sie meistens aus Ländern kommen, in denen das Gesundheitssystem kaum noch funktioniert und z.B. Impfungen seit Jahren nicht mehr flächendeckend durchgeführt werden.

In Deutschland selten für Flüchtlinge ein mögliches Risiko: Tuberkulose

Die schlechte medizinische Versorgung in den Heimatländern führt außerdem dazu, dass Flüchtlinge und Asylsuchende häufiger an Tuberkulose leiden – eine Krankheit, die Ärzte in Deutschland bisher nur selten behandeln müssen. Zusammengestellt wurden daher Übersichtsartikel zu verschiedenen Behandlungsmethoden der Tuberkulose, aber auch zu der Frage, ob es sinnvoll ist, alle Kontaktpersonen eines TB-Patienten auf Tuberkulose zu testen.

Flucht und schlechte Unterbringung ermöglichen Gewalt gegen Frauen und Kinder

Unter dem Stichwort „Gewalt“ werden u.a. Behandlungsmethoden für Kinder und Jugendliche evaluiert, die sexuell missbraucht worden sind. Außerdem geht es um die Frage: Sollten alle Frauen nach Gewalterfahrungen durch ihren Partner befragt werden, oder sollte man dies nur bei Frauen mit bestimmten Symptomen tun? Ein weiterer Punkt, für den eine evidenzbasierte Bewertung angeboten wird, betrifft die medikamentöse Behandlung möglicher oder tatsächlicher Sexualstraftäter.

Häufig leiden Flüchtlinge unter posttraumtischen Belastungsstörungen

Menschen, die gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen und über gefährliche Wege nach Europa gelangt sind, leiden sehr häufig an posttraumatischen Belastungsstörungen oder Depressionen. Dementsprechend bietet die Website „Health of refugees and asylum seekers in Europe“ zu 12 verschiedenen Aspekten dieses Themas Informationen: Es werden zum Beispiel Ergebnisse zur Wirksamkeit und Nebenwirkungen verschiedener Antidepressiva angeboten, und man findet Analysen zur pharmakologischen Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Bezogen auf Kinder und Jugendliche geht es u.a. um die Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Antidepressiva der neuen Generation und um die Wirksamkeit unterschiedlicher psychologischer Behandlungsformen von posttraumatischem Stress.

Thema Hautinfektionen

Schlechte hygienische Verhältnisse während der Flucht, aber auch während der Unterbringung in Flüchtlingszentren, bringen es mit sich, dass manche Flüchtlinge an Infektionen der Haut erkranken. Evidenzbasierte Empfehlungen für die Behandlung von Krätze, Impetigo und Wundrose finden sich im Kapitel Hautinfektionen. Ebenso wird dargestellt, welche Maßnahmen verhindern, dass sich trotz der Enge in Flüchtlingsunterkünften ein Krätzebefall ausbreitet.

Von wem, für wen?

Das Angebot richtet sich vorwiegend an Ärzte. Es entstand durch eine Zusammenarbeit der Cochrane Collaboration mit dem Projekt Evidence Aid, das evidenzbasierte Empfehlungen für Gesundheitsnotfälle anbietet, dem Kinderarzt Leo Ho, Mitglied der internationalen Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“, und Dr. Kevin Pottie, Gründungsdirektor der Immigrant Health Clinic of Ottawa in Kanada. Alle Artikel sind frei zugänglich und in Englisch verfasst.

 

REFERENZEN:

1. Cochrane Library: Health of refugees and asylum seekers in Europe, 19. April 2016

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....