Individualisierte Anti-IL-5-Therapie bei Asthma: Wie findet man die passenden Patienten?

Thomas Kresser

Interessenkonflikte

20. April 2016

Mannheim – Seit Februar gibt es mit Mepolizumab EU-weit eine neue Option für Patienten mit schwerem, refraktärem, eosinophilem Asthma. Für wen ist die Anti-IL-5-Therapie geeignet, wie wirksam ist sie, wo liegen die Grenzen der Anwendung? Dies diskutierten Experten auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Mannheim [1]. Eine Frage beherrschte den Diskurs: Wie finden sich Patient und passende Therapie?

In ihrem Vortrag zur Phänotypisierung und individualisierten Therapie von Asthma bronchiale versuchte Dr. Stephanie Korn, Leiterin der klinischen Forschung Pneumologie sowie der Asthma- und COPD-Ambulanz an der Universitätsmedizin Mainz, die passende Antwort zu geben. Im Fall der Anti-IL-5-Therapie gegen schweres, eosinophiles Asthma erwies sich dies allerdings als kein leichtes Unterfangen.

Eosinophiles Asthma: Symptomatik und Eosinophilen-Werte

Zunächst geht es darum zu erkennen, dass der Patient an einem schweren, eosinophilen Asthma leidet. Korn nannte einige Hinweise: So sind die Patienten bei Krankheitsbeginn häufig älter als 35 Jahre. Charakteristisch ist ein plötzlicher Krankheitsbeginn mit rascher Verschlechterung der Asthma-Symptomatik. Viele Patienten haben chronische Sinusitis, Nasen-Polypen und sie berichten häufig über fehlenden Geschmacks- und Geruchssinn.

Zudem sprechen diese Patienten in der Regel sehr gut auf orale und systemische Steroide an. „Geht es den Patienten gut, nehmen sie wenig Kortison; geht es ihnen schlechter, dann nehmen sie mehr. So entwickelt sich ein periodischer Verlauf, da die Patienten die Dosis eigenständig hoch- und runtertitrieren“, berichtete Korn aus der klinischen Praxis. Dies geschieht meist 6- bis 8-mal pro Jahr. Eine zusätzliche Anti-IL-5-Therapie mit Mepolizumab (Nucala®) ist nach Angaben der Expertin dann in Erwägung zu ziehen, wenn der Eosinophilen-Wert zusätzlich zur geschilderten Symptomatik über 300 pro µl liegt.

 
Bereits nach der ersten Applikation (von Mepolizumab) kam die Patientin begeistert in der Ambulanz vorbei und sagte, sie sei gesund. Dr. Stephanie Korn
 

Jedoch kann es schwierig sein, die tatsächliche Eosinophilenzahl unter der Kortison-Therapie zu ermitteln. Denn die Eosinophilen-Werte sinken mit der Erhöhung der Kortison-Dosis und umgekehrt. Aber das Steroid sollte auch für die Bestimmung keinesfalls abgesetzt werden, warnte Korn. Die Mainzer Pneumologin rät ihren Patienten, wenn es ihnen schlechter geht, umgehend zum Blutbild vorbeizukommen – noch bevor sie die Dosis erhöhen. Alternativ könne die Kortison-Dosis 1 bis 2 Tage vor einem Blutbild herabgesetzt werden, zum Beispiel von 20 mg auf 12,5 oder 15 mg.

Anti-IL-5 senkt Exazerbationshäufigkeit signifikant

Zeigen sich dann neben den typischen Symptomen erhöhte Eosinophilen-Werte könne die individualisierte Anti-IL-5-Therapie gestartet werden. Mepolizumab wird einmal pro Monat subkutan gespritzt. Der Antikörper greift in die Signalkaskade ein, indem er das Zytokin IL-5 blockiert. Das wiederum bremst Differenzierung und Proliferation der eosinophilen Granulozyten. Chronische Entzündungen der Atemwege werden in der Folge ebenso runterreguliert wie die Atemwegsüberempfindlichkeit.

DREAM – eine multizentrische, doppeltblinde, placebokontrollierte Studie – hat die Wirkung von Mepolizumab bei Patienten mit schweren, wiederholten Exazerbationen und eosinophiler Inflammation getestet. Für die Dauer von einem Jahr erhielten 621 Studienteilnehmer an 81 Zentren in 13 Ländern Mepolizumab in 3 unterschiedlichen Dosierungen oder ein Placebo als Infusionen in vierwöchentlichen Intervallen. Die Exazerbationshäufigkeit nahm signifikant um 48% (75 mg), 39% (250 mg) und 52% (750 mg) ab, die Verträglichkeit war gut. Aufgrund der Ergebnisse der DREAM-Studie und einer weiteren Untersuchung, der MENSA-Studie, hat die EMA Mepolizumab EU-weit zugelassen.

Allerdings: „Was wir in der Studie initial nicht gesehen haben, war ein positiver Einfluss auf die Lungenfunktion. Das war ein Hoch und Runter bei den FEV1-Werten“, ergänzte Korn. Doch auch wenn das Fazit der Studie laute, dass Mepolizumab keinen positiven Effekt auf die Lungenfunktion habe, widerspreche dies ihren eigenen Erfahrungen. Sie beschrieb den Fall einer 57-jährigen Patientin mit Asthma-Erstdiagnose im Jahr 2010, die bereits mit Kortison behandelt wurde. In den letzten 12 Monaten hatte sie 3 steroidpflichtige Exazerbationen und eine chronische Sinusitis. Die Lungenfunktion lag bei etwa 45%, die Eosinophilen-Zahl war mit 660 pro Mikroliter trotz Kortison deutlich erhöht.

Die Patientin habe dann im Rahmen einer Studie Mepolizumab bekommen. „Bereits nach der ersten Applikation kam die Patientin begeistert in der Ambulanz vorbei und sagte, sie sei gesund“, berichtete Korn. Der günstige Verlauf habe sich anhand der Werte bestätigen lassen: Die Lungenfunktion hatte sich normalisiert. Bis heute gehe es der Patientin unter der Therapie gut und sie müsse keine oralen Steroide mehr einnehmen. Das sei der Effekt, den man erwarten könne – allerdings nur im günstigsten Fall und beim richtigen Patienten.

Therapie erst nach exakter Charakterisierung der Patienten

Für den Therapieerfolg sei es wichtig, die Patiententypen exakt zu charakterisieren. Das ist auch unter einem anderen Aspekt von Bedeutung: Die Anti-IL-5-Therapie ist mit monatlichen Kosten von etwa 2000 Euro eine teure Therapie. „Wenn die Therapie aber anspricht, dann bereits nach der ersten Gabe. Das berichten uns auch die Patienten“, erklärte Korn.

 
Wenn die Therapie aber anspricht, dann bereits nach der ersten Gabe. Das berichten uns auch die Patienten. Dr. Stephanie Korn
 

Normalerweise therapiere sie dann erst einmal für 4 Monate weiter. „Wenn es den Patienten gut geht, führen wir die Therapie auf unbestimmte Zeit fort“, berichtete sie. Wer die hohen Therapiekosten scheue, sollte spezialisierte Zentren und Netzwerke nutzen, empfahl sie.

Gerade bei schwerem Asthma ist es wichtig, die Patienten exakt zu charakterisieren. Das gelte für die Anti-IL-5-Therapie gegen eosinophiles Asthma ebenso wie für die Anti-IgE-Therapie bei allergischem Asthma. Bereits heute gehörten ein Gesamt-IgE, ein Allergietest und ein Differentialblutbild zur Standard-Diagnostik.

 

REFERENZEN:

1. 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V., 9. bis 12. April 2016, Mannheim

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....