Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) wird künftig eigene fachärztliche Versorgungsforschung durchführen und hat hierfür das Deutsche Institut für Fachärztliche Versorgungsforschung (DIFA) gegründet. Geplant ist eine Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg beziehungsweise mit Prof. Dr. Matthias Augustin, Direktor des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen. Dies teilt einer der DIFA-Geschäftsführer Dr. Rolf Koschorrek auf Anfrage von Medscape Deutschland mit.

Dr. Rolf Koschorrek
„Wir wollen valide Daten zur fachärztlichen Versorgung außerhalb der GKV-Grundversorgung vorlegen. Für uns relevante Daten wie Zuzahlungen in Praxen oder Leistungen von Privatversicherten gehen nicht in die kassenärztlichen Routinedaten ein. Deshalb haben wir uns vorgenommen, dies auf eine eigene Basis zu stellen“, sagt Koschorrek, der auch politischer Berater der SpiFa ist. Er war als CDU-Gesundheitspolitiker bis 2013 Mitglied im Deutschen Bundestag. Anschließend hatte der Zahnarzt das Berliner Büro des Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte übernommen.
Aufgabe des DIFA soll es sein, Aspekte der fachärztlichen Versorgung in Deutschland zu analysieren und medizinische, organisatorische, epidemiologische und ökonomische Parameter zu berücksichtigen. Unter der Leitung des DIFA sollen also sowohl medizinische als auch ökonomische Daten vorgelegt und analysiert werden, die die Leistung der Fachärzte abbilden.
Fachärzte haben enorme gesamtwirtschaftliche Bedeutung
Einige Kennzahlen haben die Fachärzte gesammelt und in der Broschüre „Der medizinisch-ökonomische Fußabdruck 2016“ im März präsentiert. Dieser „Fußabdruck“ sei beträchtlich, betont der SpiFA-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich in einer Pressemitteilung. Fachärzte hätten eine enorme gesamtwirtschaftliche Bedeutung – sie investierten rund eine Milliarde Euro in den Aufbau und Erhalt von Arbeitsplätzen.
Von den insgesamt 334.200 Ärzten in Klinik und Praxis sind 87% Fachärzte. 71,2 Millionen Behandlungen am Patient werden pro Quartal durch Fachärzte in Klinik und Praxis erbracht, so die Daten, die aus verschiedenen Quellen wie Statistisches Bundesamt, KBV, GKV-Spitzenverband und Zi-Praxis-Panel gesichtet wurden.
Jeder niedergelassene Facharzt behandelt demnach ungefähr 3.060 Fälle pro Jahr. In der Klinik sind es 19,6 Millionen. Dabei findet 93% der fachärztlichen Versorgung im ambulanten Versorgungsbereich statt und 7% im versorgungsintensiven stationäre Bereich.
Die Fachärzte in Klinik und Praxis leisten ferner pro Jahr rund 438 Millionen Arbeitsstunden. Davon entfallen rund 172 Millionen Stunden pro Jahr auf die niedergelassenen Fachärzte und 266 Millionen Stunden pro Jahr auf die Fachärzte in Kliniken. Die durchschnittliche Arbeitszeit in der Praxis liegt bei rund 53,9 Stunden, in der Klinik bei rund 38,5 Stunden pro Woche, so weitere Zahlen im medizinisch-ökonomischen Fußabdruck 2016.
Netzwerk von Versorgungsforschungs-Praxen in Planung
Das DIFA werde nun ein Netzwerk von Versorgungsforschungs-Praxen aufbauen und Forschungsprojekte mit Originaldaten durchführen, erläutert Koschorrek. Dabei könnten die einzelnen Mitgliedsverbände fachliche Themen einbringen. „Wir wollen unseren Mitgliedern keine Projekte aufoktroyieren. Die Projekte sollen vor allem aus ihrer Mitte entstehen“, betont er. Geplant sei es ferner, einen Versorgungsindex zu etablieren – analog dem Ifo-Index, als Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung der Fachärzte in Praxen und Klinik.
Anhand der Daten könnten dann sicherlich auch politische Forderungen gestellt werden, sagt Koschorrek: Das DIFA sei jedoch keineswegs ein „Agitations- oder Propagandawerkzeug“, um fachärztliche Interessen durchzusetzen. „Es liegt vielmehr in unserem Interesse auf der Basis von validen Daten zu wissen, wie der Stand der fachärztlichen Versorgung in Deutschland ist“, betont er. „Auf dieser Grundlage wird es künftig sicherlich für Verhandlungspartner schwieriger, die Wünsche der Fachärzte einfach vom Tisch zu wischen.“
Fachärzte hätten in Sachen Versorgungsforschung gegenüber den Hausärzten Nachholbedarf, meint Koschorrek. Der Deutsche Hausärzteverband, der relevante Daten über das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung (ZI) beziehe, sei hier durchaus vorbildhaft für die Fachärzte. „Wir können uns auch vorstellen, mit den Hausärzten hier zusammen etwas zu machen“, meint Koschorrek. Gemeinsame Projekte seien auch mit Kostenträgern oder der Industrie denkbar.
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Diesen Artikel so zitieren: Neues Institut soll fachärztliche Versorgung erforschen – auch außerhalb der GKV-Routinedaten - Medscape - 20. Apr 2016.
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