Leipzig – Patienten mit hepatischen und renalen Grunderkrankungen haben eine deutlich gesteigerte Infektanfälligkeit. Das macht sie nicht nur besonders anfällig für ambulant erworbene Pneumonien (CAP), sondern erhöht auch das Risiko komplizierter und letaler Verläufe.
Die Leberzirrhose werde hinsichtlich des Immundefizits, das damit einhergehe, meistens unterschätzt, erklärte Prof. Dr. Klaus Dalhoff, stellvertretender Leiter der Medizinischen Klinik III – Pulmologie, Universität Lübeck, beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin [1]: „Das Ausmaß ist dem definierter Immunerkrankungen durchaus vergleichbar.“ Je nach Ursache beeinträchtigen vielfältige pathologische Prozesse die Immunabwehr.
Leberzirrhose schwächt die Akute-Phase-Reaktion
Portale Hypertension und Organschaden führen zu einer Barrierestörung, die das Eindringen pathogener Keime begünstigt. Alkohol reduziert die Phagozytenfunktion, eine chronische Hepatitis kann die adaptive Immunität herabsetzen. Hinzu kommt eine verminderte Akute-Phase-Reaktion, was vermutlich das Sterberisiko im frühen Stadium der CAP erhöht.
Wichtig zu wissen: Durch die verminderte Syntheseleistung der Leber ist auf CRP als diagnostisches Instrument kein Verlass mehr: „Ein CRP-Wert von 30 bis 50 mg/dl ist bei einem Zirrhotiker durchaus mit einer schweren Sepsis vereinbar“, betonte Dalhoff.
Im Falle einer CAP findet man bei Zirrhosekranken häufiger positive Blutkulturen als Zeichen der Bakteriämie. Als Erreger dominieren wie sonst auch Pneumokokken, aber auch Pseudomonas aeruginosa und andere gramnegative Problemkeime lassen sich gehäuft nachweisen.
Die Wahl des Antibiotikums sollte bei Patienten mit Leberschädigung mit besonderer Vorsicht erfolgen, da viele Wirkstoffe potenziell hepatotoxisch sind. Das gilt besonders für Fluorchinolone, aber auch für Makrolide, Sulfonamide und Tetrazykline. Penicilline und Cephalosporine sind dagegen als weniger problematisch für die Leber zu bewerten.
Bei chronischer Niereninsuffizienz CAP häufiger durch MRSA verursacht
Auch bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz ist Gefahr im Verzug, wenn sich eine CAP dazukommt. Das Sterberisiko steige vor allem bei älteren Patienten mit dem Grad der Nierenfunktionsstörung deutlich an, erklärte Dalhoff. Er warnte zugleich vor Fallstricken bei der Nierenfunktionsdiagnostik.
Das Serumkreatinin wird zwar auf den Laborzetteln noch ausgewiesen, ist aber kein geeigneter Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion, weil es erst ansteigt, wenn die Clearance deutlich eingeschränkt ist. Deshalb wird heute meist die anhand von Alter, Geschlecht und Serumkreatinin abgeschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) herangezogen.
Dieser Wert bezieht sich auf eine durchschnittliche Körperoberfläche: „Immer, wenn der Patient mit Körpergröße oder Gewicht nach oben oder unten ausreißt, müssen Sie das gedanklich adaptieren“, so Dalhoff. Oder noch einmal nachrechnen mithilfe der Cockroft-Gault-Formel, für die es Rechner im Internet gibt.
Kommt es bei Patienten mit Niereninsuffizienz zu einer CAP, finden sich häufiger als sonst multiresistente Erreger, vor allem Staphylococcus aureus. „Bei Patienten mit Niereninsuffizienz sollten Sie auch ohne CAP öfter mal daran denken, einen MRSA-Abstrich zu machen“, empfahl Dalhoff.
REFERENZEN:
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Diesen Artikel so zitieren: Günstiger „Nährboden“: Wie Leber- und Nierenerkrankungen der ambulant erworbenen Pneumonie den Weg bahnen - Medscape - 19. Apr 2016.
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