Berlin – Die Inzidenz des malignen Melanoms steigt in den westlichen Industriestaaten pro Jahr um etwa 4,5% an. Neben dem oft tödlichen schwarzen Hautkrebs sind aber auch Erkrankungen an weißem Hautkrebs, also Basalzell- und Plattenepithelkarzinome, eine Bedrohung. „Sie sind mit erheblicher Morbidität verbunden“, konstatierte Dr. Peter Mohr, Chefarzt an der Klinik für Dermatologie der Elbe Kliniken Buxtehude, beim Deutschen Krebskongress in Berlin [1]. „Die Patienten müssen oftmals im Gesicht operiert werden und behalten entstellende Narben zurück.“
Das 2008 bundesweit eingeführte 2-jährliche Hautkrebs-Screening, das gesetzlich Versicherten ab einem Alter von 35 Jahren soll helfen, Patienten mit malignen Melanomen, Basalzellkarzinomen (Basaliomen) oder Plattenepithelkarzinomen (Spinaliomen) frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, vorzugsweise durch vollständige Entfernung des Tumors im Frühstadium. Zum Nutzen der Screeningmaßnahme zog Mohr im Gespräch mit Medscape Deutschland eine insgesamt positive Zwischenbilanz.
Hoher Nutzen, geringer Aufwand – und eine NNS von 116
So müssen laut einer von Mohr zitierten Studie zwar 620 Personen gescreent werden, um ein malignes Melanom zu entdecken, 920 Personen, um ein Spinaliom und 184 Personen, um ein Basaliom zu entdecken. Betrachte man aber alle 3 Krebsentitäten zusammen, so finde sich schon bei jedem 116. Teilnehmer des Screenings ein bösartiger Hauttumor, die Number Needed to Screen (NNS) für die Entdeckung einer Hautkrebserkrankung liege also bei 116.

Dr. Peter Mohr
Ein weiteres Argument für das Hautkrebs-Screening: Die körperliche Untersuchung ist nicht-invasiv und nimmt nur wenig Zeit in Anspruch – wer gescreent wurde und keinen Befund hat, der hatte zumindest nichts auszustehen und darf für die nächste Zeit beruhigt sein, wie Mohr betont.
Dies gilt nicht im gleichen Umfang für diejenigen, denen im Rahmen des Screenings verdächtige Hautläsionen entfernt werden. Trotzdem steigt gerade bei ihnen das Verhältnis zwischen Nutzen und Aufwand sprunghaft an. Auf Nachfrage von Medscape Deutschland nannte Mohr konkrete Zahlen: Vermutet und entfernt der Dermatologe ein Basalzellkarzinom, liegt er damit in jedem 2. Fall richtig, von den vermuteten Plattenepithelkarzinomen ist jedes 4. ein Treffer und von den potenziellen malignen Melanomen jedes 15. „Die Number Needed to Excise (NNE), ist jeweils sehr niedrig“, lobt der Experte die deutschen Dermatologen.
Zehntausende Hauttumoren rechtzeitig exzidiert
Prof. Dr. Iris Zalaudek von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie in Graz, Österreich, nannte beim Kongress ähnliche Zahlen für das maligne Melanom und schlüsselte sie noch weiter auf: Laut einer von ihr vorgestellten Studie liegt die NNE für ein malignes Melanom insgesamt zwar bei 30, in spezialisierten Hautkrebszentren jedoch nur bei 5. Gerade in den Hautkrebszentren sind demnach in den letzten Jahren deutliche Fortschritte zu verzeichnen gewesen.
„Mithilfe von Hochrechnungen zur Inzidenz der drei Tumorarten lässt sich ermitteln, dass wir mit dem Screening pro Jahr etwa 80.000 bösartige Hauttumoren in einem frühen Stadium entdecken und entfernen, wenn weiterhin – wie derzeit – knapp ein Drittel der Berechtigten die Vorsorgetermine wahrnimmt“, fasst Mohr den Nutzen des Screenings zusammen.
Dermatoskop steigert die Trefferrate
Das Hautkrebs-Screening kann laut Mohr vom Hautarzt oder vom geschulten Hausarzt durchgeführt werden. Verdachtsdiagnosen sollten aber auf jeden Fall vom Dermatologen bestätigt werden.
Letzterer ist für die Untersuchung in der Regel auch besser ausgerüstet; er setzt häufig ein Dermatoskop ein. Dies wird zwar nicht von allen Krankenkassen bezahlt, die Zuzahlung kann sich für den Patienten aber lohnen: Laut 2 Studien von G. Argenziano und Kollegen sowie von H. Kittler und Kollegen, auf die Zalaudek verwies, erhöht sich allein durch die Anwendung dieses kleinen Auflichtmikroskops die „Ausbeute“ an entdeckten malignen Melanomen um relative 25%.
UV-Index zeigt an, wann man die Sonne besser meiden sollte Wer sein Hautkrebsrisiko minimieren möchte, sollte direkte Sonneneinstrahlung vor allem mittags meiden wenn die UV-Belastung am stärksten ist. Eine Entscheidungshilfe kann dabei der UV-Index sein. Er kann online abgerufen werden, beispielsweise beim Deutschen Wetterdienst und wird im Sommer oftmals auch im Zusammenhang mit der Wettervorhersage veröffentlicht. „Der UV-Index ist aber derzeit noch wenig bekannt und wird kaum genutzt“, bedauerte Mohr im Gespräch mit Medscape Deutschland. Für die praktische Anwendung der Skala erläuterte er: „Ab Werten von acht aufwärts im UV-Index ist das Hautkrebsrisiko sehr hoch und der Aufenthalt im Freien sollte eingeschränkt werden. Ist dies nicht möglich oder nicht gewünscht, sollte man besondere Vorsorge treffen, etwa Sonnenschutzmittel anwenden und/oder lange Kleidung tragen.“ Er schlägt vor, dass z.B. Erzieherinnen den Eltern ihrer Kindergartenkinder einen Hinweis auf zu erwartende starke UV-Strahlung am Folgetag mitgeben, etwa ein kleines Informationsblatt. „Dann können die Eltern ihre Kinder entsprechend kleiden und ihnen Sonnenschutzcreme einpacken, was sie sonst vielleicht vergessen würden“, so Mohr. Denn noch besser als die Frühentdeckung maligner Melanome sei deren Vermeidung, und wiederholte Sonnenbrände in der Kindheit gelten als einer der wichtigsten Risikofaktoren. |
REFERENZEN:
1. 32. Deutscher Krebskongress, 24. bis 27. Februar 2016, Berlin
Diesen Artikel so zitieren: Hautkrebs-Screening ein voller Erfolg: Jährlich 80.000 maligne Tumoren frühzeitig entdeckt und entfernt - Medscape - 17. Mär 2016.
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