Eher faserreich, fettarm und wenig rotes Fleisch? Die Datenlage zur Ernährung bei Krebs ist dünn

Simone Reisdorf

Interessenkonflikte

15. März 2016

Berlin – Können Krebspatienten ihr Rezidiv- und Sterberisiko durch Befolgung bestimmter Ernährungsempfehlungen beeinflussen? Dieser Frage versuchte Prof. Dr. Ute Nöthlings, Ernährungsepidemiologin an der Universität Bonn, beim Deutschen Krebskongress in Berlin zu beantworten [1].

„Es gibt mehr und mehr Studien, die sich mit dieser Frage beschäftigen, zum Beispiel für Darmkrebs. Für Brustkrebs gibt es bereits systematische Bewertungen der Datenlage“, erläuterte Nöthlingsgegenüber Medscape Deutschland

Wer Darmkrebs hat, profitiert womöglich von Fleischrestriktion

Doch bislang ist die Datenlage nach Aussage von Nöthlings eher lückenhaft. Sie präsentierte unter anderen 3 Studien zur Ernährung bei Darmkrebs und deren Einfluss auf die Mortalität.

Prof. Dr. Ute Nöthlings

© Universität Bonn/Lannert

So wurden in einer prospektiven Kohortenstudie 1.009 Patienten mit Kolorektalkarzinom im Stadium III daraufhin untersucht, ob sie eher einem „vernünftigen“ oder eher einem „westlichen“ Ernährungsmuster folgten. Die vernünftige Ernährung war gekennzeichnet durch einen hohen Obst- und Gemüseanteil sowie Geflügel und Fisch. Die westliche Ernährung beinhaltete mehr Fleisch und viel Fett sowie verarbeitetes Getreide und Süßes.

Die Ernährungsgewohnheiten der Patienten wurden 2-mal im Krankheitsverlauf – während und 6 Monate nach der adjuvanten Chemotherapie, also etwa 4 bzw. 14 Monate nach der Operation – nach einem sehr detaillierten Protokoll abgefragt. Jeder Patient wurde einer von 5 Quintilen für die vernünftigen und einer von 5 Quintilen für die westlichen Lebensmittel zugeordnet.

„Bei Personen, die zur obersten Quintile für ein westliches Ernährungsmuster gehörten, war das Risiko für ein Krebsrezidiv auf das 2,8-Fache, das Sterberisiko – je nach Adjustierung – auf das 2,3- bis 2,6-Fache und das kombinierte Risiko für die Wiederkehr der Krebserkrankung und Tod jeglicher Ursache auf das 3,3-Fache erhöht, verglichen mit den Personen in der untersten Quintile“, fasste Nöthlings die Studienergebnisse zusammen. Der Nachteil für die Patienten mit hohem Anteil westlicher Nahrung war jeweils statistisch signifikant (p < 0,001).

„Dagegen war kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Krebsrezidive oder der Mortalität zwischen den Personen in der höchsten versus der niedrigsten Quintile für die ‚vernünftige‘ Ernährung erkennbar“, so die Expertin.

In einer Kohortenstudie ging es speziell um rotes bzw. verarbeitetes Fleisch. Sie ergab für Menschen mit hohem Fleischkonsum vorund nach der Darmkrebsdiagnose eine um den Faktor 1,8 erhöhte krebsbezogene Sterblichkeit (höchste vs niedrigste von 4 Quartilen). Bei Personen, die entweder nur vor oder nur nach der Feststellung der Krebserkrankung viel rotes Fleisch gegessen hatten, waren die Zahlen dagegen nicht aussagekräftig.

Allerdings waren Gesamtsterblichkeit und kardiovaskuläre Sterblichkeit derjenigen, die in ihrem Leben vor der Krebsdiagnose oft zu verarbeitetem Fleisch gegriffen hatten, erhöht.

In einer weiteren Kohortenstudie, die Nöthlings zitierte, ging es nicht um den Fleischkonsum, sondern um Milch, Vitamin D und Kalzium. Hier zeigte sich eine reduzierte Gesamtmortalität bei hoher Kalzium- und Milchzufuhr (jeweils -18%); die krebsbezogene Sterblichkeit war jedoch nicht signifikant verringert.

Sollten Brustkrebspatientinnen faserreich und sojahaltig essen?

In einer 2014 erschienenen systematischen Übersichtsarbeit über 85 Studien wurden Daten von 164.416 Frauen mit Brustkrebs ausgewertet, von denen 42.572 gestorben waren. „Die Autoren waren hier sehr zurückhaltend mit konkreten Empfehlungen“, so Nöthlings, „sie sahen aber zumindest Hinweise auf drei grundsätzliche Tendenzen“:

1. Frauen, die sich sowohl vor als auch nach der Diagnose faserreichernährten, hatten ein geringeres Risiko, an Brustkrebs zu sterben.
2. Das Sterberisiko war möglicherweise auch bei denjenigen Patientinnen verringert, die nach der Brustkrebsdiagnose vermehrt Sojaprodukte aßen.
3. Frauen, die vor der Feststellung des Mammakarzinoms viel Fett und vor allem gesättigte Fette konsumiert hatten, zeigten ein erhöhtes Sterberisiko. Man könnte also umgekehrt ableiten, dass eine fettarme Ernährung vor der Diagnose womöglich zu einem verbesserten Überleben führt.

Diese Zusammenhänge können aber nicht als sicher gelten, die Studien waren methodisch recht unterschiedlich aufgebaut.

 

REFERENZEN:

1. 32. Deutscher Krebskongress, 24. bis 27. Februar 2016, Berlin

 

 

Kommentar

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