Ausblick auf die neuen Empfehlungen zur COPD: Welche Nische bleibt für inhalatives Kortison?

Manuela Arand

Interessenkonflikte

14. März 2016

Leipzig – Der Stellenwert der inhalativen Kortikosteroide (ICS) in der Behandlung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) steht schon seit einiger Zeit zur Debatte. In Kürze werden neue Studienergebnisse erwartet, die die Diskussion weiter befeuern und die GOLD-Strategie verändern dürften.

Prof. Dr. Claus Vogelmeier

Der Einfluss der internationalen Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD), die seit 2001 Empfehlungen für Prävention, Diagnostik und Therapie der COPD formuliert, ist nicht zu unterschätzen. „Die meisten Länder schreiben in ihren nationalen Leitlinien die GOLD-Empfehlungen einfach ab, obwohl GOLD gar nicht den Anspruch erhebt, eine Leitlinie zu sein“, berichtete Prof. Dr. Claus Vogelmeier, der dem GOLD-Komitee angehört, beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) in Leipzig [1].

Vogelmeier, der am Universitätsklinikum Marburg die Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie leitet, geht davon aus, dass das Komitee im Update 2016 den Stellenwert der ICS neu bewerten wird. Zurzeit werden ICS für Patienten empfohlen, deren Lungenfunktion stark eingeschränkt ist (FEV1 unter 50% vom Soll) und/oder die häufig akute Exazerbationen erleiden. Dabei sollte grundsätzlich immer ein lang wirksamer Bronchodilatator mit an Bord sein, betonte der Pneumologe.

Den aktuellen Anlass für die Neubewertung der ICS werden die Ergebnisse der FLAME-Studie liefern, die im Mai beim Kongress der American Thoracic Society vorgestellt werden sollen. In FLAME wird eine Fixkombination aus ICS und lang wirksamem Beta2-Agonisten (LABA) gegen eine rein bronchodilatatorische Therapie mit einer Fixkombination aus LABA und lang wirksamem Antimuskarinikum (LAMA) getestet (Fluticason/Salmeterol versus Glycopyrronium/Indacaterol).

FLAME: LAMA/LABA schlägt ICS/LABA bei Exazerbationen

Eine Besonderheit der Phase-3-Studie, die mit 3.362 Patienten und einer Laufzeit von 52 Wochen für pneumologische Verhältnisse relativ groß ist, stellt zum einen die Patientenpopulation dar: Es handelt sich um Patienten mit schwerer bis sehr schwerer Atemwegsobstruktion, die im Jahr vor Studieneinschluss mindestens eine klinisch relevante Exazerbation erlitten haben, also das klassische ICS-Klientel.

 
Die meisten Länder schreiben in ihren nationalen Leitlinien die GOLD-Empfehlungen einfach ab, obwohl GOLD gar nicht den Anspruch erhebt, eine Leitlinie zu sein. Prof. Dr. Claus Vogelmeier
 

Zum anderen wurde das Exazerbationsrisiko als primärer Endpunkt gewählt. Demonstriert werden sollte zunächst, dass LAMA/LABA der Kombination ICS/LABA beim Exazerbationsschutz nicht unterlegen ist. Anschließend sollte auf Überlegenheit von LAMA/LABA geprüft werden.

Schon vorab ließ Studiensponsor Novartis International wissen, dass der Überlegenheitsnachweis geglückt sei, unter LAMA/LABA also weniger Exazerbationen aufgetreten sind als unter ICS/LABA. FLAME führt damit in direkter Linie fort, was in den Studien ILLUMINATE und LANTERN begonnen hatte – ILLUMINATE hatte die Überlegenheit von LAMA/LABA über ICS/LABA hinsichtlich Exazerbationen bei Patienten ohne Exazerbationsanamnese gezeigt, LANTERN bei Patienten mit und ohne Exazerbationen. 

ICS erhöhen bei COPD das Pneumonie-Risiko

 
Der Therapieweg wird künftig direkt zur reinen Bronchodilatation führen, ICS werden nur noch einen Nebenweg darstellen. Prof. Dr. Claus Vogelmeier
 

Dabei darf nicht vergessen werden, dass ICS für COPD-Patienten ein Risiko darstellen –  anders als beim Asthma, wo sie das unverzichtbare Rückgrat der Therapie bilden. Studien haben immer wieder gezeigt, dass COPD-Patienten unter ICS/LABA gehäuft Pneumonien erleiden. Schon deshalb warnen Experten vor einem „Einsatz per Gießkanne“.

Vogelmeier geht davon aus, dass die Resultate von FLAME, wenn sie erst publiziert sind, die GOLD-Strategie nachhaltig beeinflussen werden: „Dann kann man ICS/LABA nicht mehr gleichberechtigt neben LAMA/LABA stehen lassen. Der Therapieweg wird künftig direkt zur reinen Bronchodilatation führen, ICS werden nur noch einen Nebenweg darstellen. Es kommt darauf an, genau zu definieren, wann Patienten noch für ICS infrage kommen.“ 

 

REFERENZEN:

1. 57. DGP-Kongress, 2. bis 5. März 2016, Leipzig

 

Kommentar

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