Neue Asthma-Leitlinie noch in diesem Jahr: Ohne Theophyllin, aber mit Biologika und Tiotropium

Manuela Arand

Interessenkonflikte

9. März 2016

Leipzig – Ziemlich genau 10 Jahre nach der letzten Leitlinie zum Asthma bronchiale wollen die Deutsche Atemwegsliga (DAL) und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) noch in diesem Jahr eine neue evidenzbasierte Fassung der Leitlinie vorlegen. Den Abschnitt zur Pharmakotherapie des Asthma bronchiale stellte Prof. Dr. Roland Buhl, Mainz, beim 57. DGP-Kongress in Leipzig vor [1].

Prof. Dr. Roland Buhl

Leitlinie schreiben – ein schwieriges Geschäft

Dass es bis zur Neufassung der Leitlinie so lange gedauert hat, liegt vor allem an dem erheblichen bürokratischen Aufwand, den die Erstellung evidenzbasierter Leitlinien inzwischen mit sich bringt. „Die Global Initiative on Asthma (GINA) ist die einzige Gruppe, die hinter den Kulissen so viel Professionalität zur Verfügung hat, dass regelmäßige Updates der Empfehlungen stattfinden können, die die aktuellen Entwicklungen abbilden“, betonte Buhl, der am Universitätsklinikum Mainz den Schwerpunkt Pneumologie leitet. Doch auch GINA bezeichne ihre Empfehlungen inzwischen nicht mehr als Leitlinie, da der Aufwand für eine evidenzbasierte Leitlinie in so kurzen Intervallen nicht mehr zu bewältigen sei.

Auch in der neuen Asthma-Leitlinie werden die Therapieempfehlungen einem Stufenschema folgen, das sich am Schweregrad der Erkrankung orientiert (siehe Tabelle). Für Stufe 1, bei leichtem Asthma, werden primär schnell und kurz wirksame Beta2-Agonisten (SABA) empfohlen. Alternativ sollte man dem Patienten anbieten, bereits jetzt eine niedrig dosierte Dauertherapie mit einem inhalativen Kortikosteroid (ICS) zu beginnen, weil gut belegt ist, dass dies langfristig dazu beiträgt, Lungenfunktion und Krankheitskontrolle zu erhalten.

 
Die Global Initiative on Asthma (GINA) ist die einzige Gruppe, die … so viel Professionalität zur Verfügung hat, dass regelmäßige Updates der Empfehlungen stattfinden können. Prof. Dr. Roland Buhl
 

In Einzelfällen können auch ein kurz wirksames Anticholinergikum (SAMA) oder SABA plus SAMA erwogen werden. Aufgegeben wurde dagegen die Bedarfstherapie mit Formoterol, da dieser lang wirksame Beta2-Agonist (LABA) zwar rasch Symptome lindert, aber eine LABA-Monotherapie auf lange Sicht ungünstige Effekte hat.

ICS bleiben die Therapiebasis ab Stufe 2

Auf den folgenden Stufen bilden ICS die Basis der Therapie, auf Stufe 2 noch niedrig bis mittel dosiert als Monotherapie. Hier stellen Leukotrienrezeptor-Antagonisten (LTRA) die einzige Alternative im Stufenschema dar. Als Bedarfstherapie dienen weiterhin SABA.

Zur Bedarfstherapie kann ab Stufe 3 alternativ zum SABA auch eine Fixkombination aus ICS und Formoterol verordnet werden, allerdings nur, wenn die Fixkombination auch für die Erhaltungstherapie verwendet wird, und vorzugsweise für Patienten mit instabiler Erkrankung, die häufiger exazerbieren. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass dies die Asthmakontrolle verbessern kann.

Die Fixkombination ICS (niedrige bis mittlere Dosis)/LABA stellt hier ohnehin die Therapie der Wahl dar. Mittel bis hochdosierte ICS oder ICS plus LTRA seien nachrangige Alternativen, da ICS/LABA klar stärker wirke, erklärte Buhl. Das Leitliniengremium führt außerdem die Kombination ICS/Tiotropium „in begründeten Fällen“ an. Das lang wirksame Antimuskarinikum (LAMA) Tiotropium ist zwar in der EU noch nicht für diese Therapiestufe zugelassen, aber in anderen Ländern.

Ab Stufe 4 wird das Triple ICS/LABA/LAMA empfohlen

 
Theophyllin ist ganz klar kein gutes Antiasthmatikum. Es gehört … zu den Medikamenten …, die Patienten am häufigsten auf die Intensivstation bringen. Prof. Dr. Roland Buhl
 

In Stufe 4 legen sich die Autoren dagegen ganz klar fest: Hier sollte der Patient das Triple ICS/LABA/Tiotropium bekommen, wobei das ICS mittel bis hoch zu dosieren ist. Als Alternative kann noch ein LTRA als Kombinationspartner dazukommen.

Auf Stufe 5 kommen als Add-on Biologika hinzu, denen der Vorzug vor oralen Kortikosteroiden (OCS) zu geben ist. Ihre Einsetzbarkeit ist allerdings durch Wirkmechanismus und Zulassung limitiert: Der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab kann bei schwerem allergischem Asthma gegeben werden, der Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab, erst seit wenigen Wochen verfügbar, nur bei schwerem eosinophilem Asthma.

Die Leitlinie zieht die Grenze für den Einsatz von Mepolizumab bei einer Eosinophilenzahl von 300/µl und nicht schon bei 150/µl, wie es laut Zulassung möglich wäre. Der Grund liegt laut Buhl darin, dass die durchschnittliche Eosinophilenzahl in Deutschland bei 250 bis 300/µl liegt und man vermeiden möchte, dass die Indikation zu stark ausgeweitet wird.

Falls der Patient für ein Biologikum nicht infrage komme oder trotz Biologika-Therapie schlecht kontrolliert bleibe, könne ein OCS dazu gegeben werden, dies aber in der niedrigsten effektiven Dosis, wie Buhl betonte.

Pharmakotherapie in der neuen Asthma-Leitline 2016

Theophyllin nur noch für Sonderfälle

Theophyllin schreibt die neue Leitlinie nur noch einen sehr untergeordneten Stellenwert zu. „Es gibt Kollegen, die nach wie vor Theophyllin verordnen möchten. Denen wollten wir den Boden nicht ganz unter den Füßen wegziehen“, sagte Buhl. „Aber Theophyllin ist ganz klar kein gutes Antiasthmatikum, und es gehört ganz klar zu den Medikamenten in der Pneumologie, die Patienten am häufigsten auf die Intensivstation bringen.“

Deshalb soll Theophyllin – wenn überhaupt – nur nach sehr sorgfältiger Abwägung, in niedriger Dosierung und unter Spiegelkontrolle verordnet werden. Es gibt einzelne Patienten, die schon seit Jahren mit Theophyllin gut eingestellt sind und die es weiter bekommen können – auch das sei ein Grund, es (noch) nicht ganz aus der Leitlinie zu werfen. Patienten neu auf Theophyllin einzustellen, sollte aber vermieden werden.

 

REFERENZEN:

1. 57. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 2. bis 5. März 2016, Leipzig

 

Kommentar

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