
Guten Tag. Ich bin Arthur Caplan aus der Abteilung für Medizinethik des Langone Medical Centers an der New York University. Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass ich nicht zu den Olympischen Spielen fahre. Sie finden im August diesen Jahres in Rio de Janeiro statt und damit in einem Land, das gegen das Zika-Virus kämpft.
Wie wir alle gerade erfahren haben, wird das Zika-Virus von einer bestimmten Art von Stechmücke übertragen, die sich auf unbekannte Weise aus Afrika nach Brasilien und dann nach Mittelamerika sowie in die Karibik eingeschlichen hat. Vermutlich wird sie im Sommer in Richtung Vereinigte Staaten wandern. Sie verbreitet das Zika-Virus und das Dengue-Fieber. Ich weiß nicht genau, warum sich diese Krankheit so explosionsartig ausgebreitet hat. Wahrscheinlich ist die Mücke schließlich hier hergekommen, zum Beispiel mit dem Flugzeug oder versteckt im Gepäck eines Reisenden. Es gibt hier keine Immunität gegenüber der Erkrankung, wie sie sich vermutlich in Afrika teilweise aufbauen konnte. Wie auch immer, das Virus ist hier.
Die meisten Menschen wird das Virus nicht töten; es verursacht bei ihnen lediglich grippeähnliche Symptome. Aber bei Schwangeren gibt es allem Anschein nach eine mögliche Verbindung mit schweren Geburtsfehlern, insbesondere Mikrozephalie. In Brasilien und Kolumbien werden viele Kinder mit dieser Entwicklungsstörung geboren, gekennzeichnet durch einen abnorm kleinen Kopf. Diese führt zu intellektuellen Einschränkungen und zu einer kürzeren Lebenserwartung, denn die Infektion zieht andere Organsysteme ebenfalls in Mitleidenschaft. Ich denke, dass niemand, der Kinder haben möchte oder bereits schwanger ist, sich mit dem Zika-Virus infizieren möchte. Wir wissen nicht, wie lange das Virus im Körper bleibt.
Dies bringt mich zurück zu den Olympischen Spielen. Warum verschieben wir die Olympischen Spiele nicht? Momentan ringt Brasilien sehr damit, die Spiele vorzubereiten. Sie versuchen, die Infrastruktur fertigzustellen, um pünktlich zu Beginn der Wettbewerbe im August bereit zu sein. Das Land verschuldet sich bis zum Hals, um dies zu leisten. Zudem haben wir einige Berichte gesehen, die bezeugen, dass die Wassersportanlagen unhygienisch und verschmutzt seien. Bislang war es den Organisatoren unmöglich, diese zu reinigen. Ich denke, sie haben aufgegeben. So sind die Athleten in den Wassersportarten bereits beeinträchtigt.
Der Terrorismus ist eine ständige Bedrohung. Brasilien steht nicht tonnenweise Geld zur Verfügung. Und nun muss dieses Land auch noch dem Zika-Virus entgegentreten. Vielleicht wird die Epidemie im August ein wenig abflauen, denn dann ist in Brasilien Herbst. Deshalb gibt es ein bisschen weniger Wasser und auch weniger Stechmücken. Aber dennoch: eine Million Menschen wird aufgrund dieses Wettbewerbs dem Virus gegenüber exponiert sein – entweder durch Stechmücken oder Menschen, die es sexuell übertragen können. Ein anderer Weg, den wir gerade erst lernen zu verstehen, sind Bluttransfusionen. Dies sind alles Gründe zu sagen: „Hey, lasst uns doch 6 Monate warten.“
Warum? Wenn wir 6 oder 9 Monate warten würden, hätten wir die Möglichkeit, diese Gebäude fertigzustellen, vielleicht das Wasser zu reinigen, aber auch die Stechmücken zu töten. Wir könnten sicherstellen, allen den richtigen Gebrauch von Repellentien zu vermitteln. Wir könnten sicherstellen, dass finanzielle Mittel vorhanden sind, um den Kindern zu helfen, die mit diesen furchtbaren Geburtsfehlern auf die Welt kamen. Wir könnten versuchen, Kondome zu verteilen, um die sexuelle Übertragung zu kontrollieren, und öffentlich zu ihrem Gebrauch aufzuklären. Es gibt viel zu tun und ein begrenztes Budget, um es umzusetzen. Warum geben wir dem Kampf gegen Zika nicht höhere Priorität als den Vorbereitungen für die Olympischen Spiele?
Ich sagte zu Beginn, dass ich nicht zu den Spielen gehen werde. Nun, ich hatte auch vorher nicht geplant, dorthin zu fahren. Aber wer – sofern die Epidemie im August noch immer besteht – wird sagen: „Lasst uns die Kinder einsammeln und nach Brasilien fahren, um einen Diskuswurf mitten in einer Zika-Epidemie anzusehen?“ Das wird einfach nicht passieren. Die Tourismuszahlen für Brasilien werden fürchterlich sein; die Medien werden ununterbrochen über Zika berichten. Es wird alles ein großes Chaos sein.
Wenn wir die Olympischen Spiele allerdings um 6 oder 9 Monate verschieben, werden wir vielleicht einen besseren diagnostischen Test haben. Vielleicht wird es einen Test geben, der uns ein Screening der Blutspender erlaubt, damit nicht die gesamte Blutversorgung mit diesem Virus infiziert wird. Wir werden vielleicht besser verstehen lernen, wie lange das Virus im Körper verharrt und wie lange es danach dauert, bis Sex wieder sicher ist. Vielleicht werden wir eine Impfung entwickeln können. Dies sind alles positive Ergebnisse, auf die es sich zu warten lohnt. Deshalb frage ich: Warum fordern wir dies nicht? Warum einigt sich das öffentliche Gesundheitswesen nicht darauf, dass es Zeit ist, die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio zu verschieben?
Ich bin Arthur Caplan aus der Abteilung für Medizinethik des Langone Medical Centers an der New York University. Vielen Dank.
Diesen Artikel so zitieren: Gefahr durch das Zika-Virus in Brasilien: „Wir sollten die Olympischen Spiele 2016 jetzt verschieben“ - Medscape - 23. Feb 2016.
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