Eluxadolin: Wirksam gegen Durchfälle bei Reizdarm – jedoch noch nicht der Durchbruch

Dr. Ingrid Horn

Interessenkonflikte

29. Januar 2016

Der Opioid-Rezeptor-Modulator Eluxadolin ist seit Mitte 2015 in den USA zur Behandlung von Reizdarm-Patienten mit Diarrhoe zugelassen. Im New England Journal of Medicine (NEJM) sind kürzlich die Ergebnisse von 2 randomisierten Placebo-kontrollierten Phase-3-Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit dieses Wirkstoffes veröffentlicht worden [1]. Danach profitieren Patienten, die auf Eluxadolin ansprechen, davon, dass sich unter der Therapie die Stuhlkonsistenz verbessert und schmerzhafte Darmbewegungen nachlassen.

„Bei Patienten, die über sechs Monate zweimal täglich eine Dosis von 100 Milligramm Eluxadolin erhalten, ist eine anhaltende Reduktion der Symptome beobachtbar“, schreiben Dr. Anthony J. Lembo von der Harvard Medical School in Boston und seine Koautoren. Das gelte unabhängig vom Geschlecht, wie weiter zu lesen ist. Der Einsatz des Wirkstoffes unterliegt damit nicht der Einschränkung von Alosetron, einem 5-HT3-Anatagonisten, der in den USA unter speziellen Auflagen nur für Frauen bei sonst nicht beherrschbaren Durchfällen zugelassen ist.

Prof. Dr. Wolfgang Kruis

Eluxadolin ist kein Durchbruch

In Deutschland sollen rund 20% der Bevölkerung durch ein Reizdarm-Syndrom in ihrem Alltag beeinträchtigt sein. „Ein großer Anteil der Reizdarm-Patienten, die von Durchfällen geplagt werden, hat einen überdurchschnittlich hohen Leidensdruck“, äußert Prof. Dr. Wolfgang Kruis, Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus Kalk in Köln, gegenüber Medscape Deutschland. Angesichts der beim Reizdarm-Syndrom eingeschränkten medikamentösen Therapie-Optionen seien neue Wirkstoffe zweifelsohne notwendig, ist er überzeugt.

 
Ein großer Anteil der Reizdarm-Patienten, die von Durchfällen geplagt werden, hat einen überdurchschnittlich hohen Leidensdruck. Prof. Dr. Wolfgang Kruis
 

Im Gegensatz zu den USA sind in Deutschland weder Alosetron noch das Antibiotikum Rifaximin und der an Opioid-Rezeptoren angreifende Wirkstoff Eluxadolin hierfür zugelassen. „Eine Standard-Therapie gibt es ohnehin nicht, weshalb wir in Köln das Behandlungsregime individuell an der Anamnese des Durchfall-Patienten ausrichten“, erläutert der Gastroenterologe weiter.

Die vorgelegten Ergebnisse zur Wirksamkeit von Eluxadolin hält Kruis allerdings nicht für sehr überzeugend. „Ich bin skeptisch, ob Eluxadolin auf dieser Basis in Deutschland zugelassen und erstattungsfähig wird“, meint der Kölner Kliniker, der die Arbeitsgruppe „Therapie von Durchfall und Schmerz“ bei der aktuellen S3-Leitlinie zum Reizdarm-Syndrom geleitet hatte. Er stößt sich daran, dass die absoluten Wirkungsunterschiede in den Prozentangaben zwischen den Behandlungsgruppen in Bezug auf Placebo mit 7 bis 13 bzw. 4 bis 13 nach 12 bzw. 26 Wochen Therapie eher bescheiden ausfallen, auch wenn sie meist signifikant sind.

Wirksam, aber nur bei einem moderaten Teil von Patienten

In den beiden Multicenter-Studien, die Furiex Pharmaceuticals finanziert hatte, ist Eluxadolin in 2 Dosierungen gegenüber Placebo getestet worden. Hierfür waren 2.427 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 80 Jahren ausgewählt worden, die eindeutig an Durchfall litten und deutlich spürbare Bauchschmerzen hatten. Sie erhielten zweimal täglich oral entweder 75 mg oder 100 mg des Wirkstoffes bzw. ein Placebo für die Dauer von 26 bzw. 54 Wochen.

 
Eine Standard-Therapie gibt es ohnehin nicht. Prof. Dr. Wolfgang Kruis
 

Als primärer Endpunkt galt der Anteil von Patienten, bei denen sich in den Wochen 1 bis 12 bzw. 1 bis 26  mindestens an der Hälfte der Beobachtungstage sowohl die Bauchschmerzen abgeschwächt als auch die Stuhlkonsistenz verbessert hatten. „Dieser Endpunkt gehört gegenwärtig zu jenen, die von den Zulassungsbehörden in den USA und in Europa vorgeschlagen werden, um einen Behandlungseffekt bei Reizdarm-Patienten mit Durchfällen aufzuzeigen“, schreiben die Autoren.

Wie die Auswertung zeigt, erreichte stets ein größerer Anteil der mit Eluxadolin behandelten Patienten den Endpunkt als bei den Placebo-Behandelten. Nach 12 Wochen waren dies 23,9% bei der Dosis von 75 mg und 25,1% bei 100 mg verglichen mit 17,1% bei der Gabe von Placebo für die eine Studie bzw. 28,9% und 29,9% zu 16,2% für die andere Studie. Nach 26 Wochen stiegen die Anteile vor allem bei den Gruppen unter 100 mg auf 29,3% bzw. 32,7% im Vergleich zu Placebo mit 19,0% bzw. 20,2%.

Wie die Eluxadolin-Patienten berichteten, nahmen Häufigkeit und Dringlichkeit des Stuhlgangs ab und die allgemeine Lebensqualität zu. Besonders unter der 100 mg-Dosis ließen sich symptomatische Erleichterungen erzielen, die denen von Alosetron und Rifaximin gleichkommen, so Erstautor Lembo. Die Linderung der Bauchschmerzen war allerdings nicht so deutlich, wie ursprünglich erhofft.

Vorsicht bei beeinträchtigter Gallen- und Leberfunktion

 
Ich bin skeptisch, ob Eluxadolin auf dieser Basis in Deutschland zugelassen und erstattungsfähig wird. Prof. Dr. Wolfgang Kruis
 

Als häufigste Nebenwirkungen beobachteten die Autoren Verstopfung, Übelkeit und Bauchschmerzen. Diese Nebenwirkungen führten nur in äußerst wenigen Fällen zu einem Behandlungsabbruch, worin die Autoren eine Überlegenheit von Eluxadolin gegenüber dem Präparat Alosetron sehen.

Eine Pankreatitis entwickelten 5 Patienten, was einem Anteil von lediglich 0,3% entspricht. Insgesamt 8 klagten unter starken Bauchschmerzen, die mit erhöhten Leberenzym-Spiegeln einhergingen. Die Mehrheit all dieser Fälle hing mit Gallengangobstruktionen wie Spasmen des Sphincter Oddi und/oder übermäßigem Alkoholgenuss zusammen. Vor Beginn einer Eluxadolin-Therapie sei es daher wichtig, entsprechende Risiko-Patienten, zu denen beispielsweise auch Patienten ohne Gallenblase gehörten, zu identifizieren, schreiben die Autoren. Sie empfehlen abschließend weitere Studien, um die Gruppe derjenigen näher einzugrenzen, die am meisten von dem Einsatz des Opioid-Rezeptor-Modulators profitieren.

 

REFERENZEN:

1. Lembo AJ, et al: NEJM 2016;374:242-253

 

Kommentar

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