Wegen Zika-Viren: Schwangere sollten nicht nach Brasilien und in andere Epidemiegebiete reisen

Inge Brinkmann

Interessenkonflikte

21. Januar 2016

Während in Rio de Janeiro letzte Vorbereitungen für den Karneval getroffen werden, raten Behörden und Fachgesellschaften Schwangeren vor Reisen nach Brasilien ab. Dort grassiert das Zika-Virus. Der von Stechmücken der Gattung Aedes übertragene Erreger steht im Verdacht, schwere Schädel- und Hirnfehlbildungen bei Föten hervorzurufen.

Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit

Die US-Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt genauso wie die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG) oder das Auswärtige Amt Schwangeren, nicht in Länder zu reisen, in denen Zika-Virus-Infektionen dokumentiert sind. Neben Brasilien werden auch Länder wie Kolumbien, El Salvador, Französisch-Guayana, Guatemala, Haiti, Honduras, Martinique, Mexiko, Panama, Puerto Rico, Paraguay, Surinam und Venezuela als Länder genannt, die von schwangeren Frauen gemieden werden sollen, selbst wenn der endgültige Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Infektion und Fehlbildung noch aussteht.

„Die epidemiologischen Daten lassen einen Zusammenhang sehr wahrscheinlich erscheinen“, bestätigt Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, gegenüber Medscape Deutschland.

Nicht nur am Zuckerhut grassiert das Zika-Virus

Von autochthonen Zika-Virus-Infektionen in Brasilien wurde erstmals im Frühjahr 2015 berichtet. Seitdem hat sich das Virus in Lateinamerika und der Karibik massiv ausgebreitet. Zugleich häufen sich die Meldungen über Mikrozephalie-Fälle in diesen Regionen. In Brasilien wurden etwa seit Anfang 2015 über 3.500 dieser Fehlbildungen dokumentiert. In den vorangegangenen Jahren traten dort jährlich nur 150 bis 200 Fälle auf.

 
Die vergleichbaren Szenarien in Französisch Polynesien und Brasilien sind vermutlich kein Zufall. Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit
 

Ende November 2015 berichtete auch Französisch Polynesien von ungewöhnlich gehäuft auftretenden Schädel-Hirn-Fehlbildungen bei Föten und Neugeborenen. Von September 2013 bis März 2014 hatte es dort einen Zika-Virus-Ausbruch gegeben. Die Mütter der fehlgebildeten Kinder befanden sich zu der fraglichen Zeit in den ersten 2 Trimestern ihrer Schwangerschaft.

„Die vergleichbaren Szenarien in Französisch Polynesien und Brasilien sind vermutlich kein Zufall“, sagt Schmidt-Chanasit. Vor wenigen Tagen berichtete das brasilianische Gesundheitsministerium zudem von dem Nachweis von Zika-Virus-RNA bei 4 Fällen der kongenitalen Fehlbildung. Der Beweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen einer Zika-Virus-Infektion der Mutter in der Schwangerschaft und Fehlbildungen beim Kind stehe aber nach wie vor aus, so der Hamburger Virologe. Denkbar ist derzeit noch der Fall, dass andere, auch dort zirkulierende Erreger oder Toxine die Mikrozephalie auslösen.

Keine Reisen für Schwangere in Epidemiegebiete

Auf den endgültigen Beweis wollten viele offizielle Stellen allerdings nicht mehr warten. Die warnen inzwischen auch nicht nur Schwangere. Alle anderen Reisenden sollten sich – wie bei allen Ausflügen in tropische Länder – sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen gegen Stechmücken schützen, heißt es in einem Beitrag im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts, an dem auch Schmidt-Chanasit mitgearbeitet hat. Dazu gehörten u.a. die Verwendung von Insektenschutzmitteln (Repellents), das Tragen bedeckender Kleidung und die Nutzung von Fenster- oder Bettnetzen in nicht klimatisierten Zimmern.

Diese Ratschläge sollten tatsächlich alle Reisenden ernst nehmen. Laut RKI ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Reisende während eines Aufenthalts in Ländern mit einer Zika-Virus-Epidemie infizieren, durchaus gegeben. Zwar wird das klinische Bild einer akuten Infektion mit Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen sowie einer nichteitrigen Konjunktivitis zumeist als eher mild beschrieben. Allerdings wird auch ein Zusammenhang zwischen dem Erreger und dem Guillain-Barré-Syndrom diskutiert. In Französisch Polynesien wurden etwa unter den 8.750 Zika-Verdachtsfällen 42 Guillain-Barré-Erkrankungen diagnostiziert.

 
Dass das Zika-Virus Haiti erreicht hatte, wurde erst durch den Erregernachweis bei zwei deutschen Reiserückkehrern offenbar. Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit
 

Ferien in Süddeutschland statt am Zuckerhut?

Ferien in Süddeutschland statt am Zuckerhut versprechen jedoch auch keinen hundertprozentigen Schutz. Denn mit den Reisenden kann das Virus auch nach Deutschland importiert werden. „Dass das Zika-Virus Haiti erreicht hatte, wurde erst durch den Erregernachweis bei zwei deutschen Reiserückkehrern offenbar“, berichtet Schmidt-Chanasit.

Im RKI-Bulletin heißt es ferner: „Sollten in einem warmen Sommer virämische Reiserückkehrer und übertragungskompetente Mücken aufeinandertreffen, ist nicht auszuschließen, dass es zu einer begrenzten Weiterübertragung des Zika-Virus durch invasive Mücken auch in Deutschland kommen kann.“

Die Asiatische Tigermücke, die als kompetenter Vektor für das Zika-Virus gilt, habe sich bereits im südlichen Europa und punktuell bis nach Süddeutschland ausgebreitet. Insbesondere bei erstmaligem Auftreten von Zika-Virus-Infektionen in einer Population sei aufgrund der fehlenden Immunität mit einem hohen Infektionsdruck zu rechnen.

 

REFERENZEN:

1. CDC: Pressemitteilung, 15. Januar 2016

 

Kommentar

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