Kann die kurzzeitige, hochdosierte Strahlenchirurgie eine Option in der Behandlung von Prostatakrebs sein? Das versucht die Studie HYPOSTAT zu klären, die das Universitätsklinikum Frankfurt in Zusammenarbeit mit dem Saphir Radiochirurgie Zentrum Frankfurt am Main und anderen Universitätsklinika durchführt [1]. Eingesetzt und untersucht wird ein Bestrahlungsverfahren, das in der Prostatabehandlung erstmalig in Deutschland für diese Studie zugelassen wurde: die sogenannte hypofraktionierte Strahlenchirurgie mithilfe des CyberKnifes.
Die Studie ist auf mindestens 2 Jahre angelegt. 85 Patienten ab 70 Jahren mit lokal begrenztem Prostatakarzinom (PCA) sollen eingeschlossen werden. Automatisch sind damit Patienten, die die Kriterien für die PREFERE-Studie erfüllen, nicht als Teilnehmer geeignet – so dass keine Konkurrenz zwischen diesen beiden Studien entsteht, bestätigt Dr. Detlef Imhoff, Oberarzt am Zentrum der Radiologie, Klinik für Strahlentherapie und Onkologie des Universitätsklinikums Frankfurt im Gespräch mit Medscape Deutschland.
HYPOSTAT wird ein Zwischenschritt sein. Denn geplant war ursprünglich, das Verfahren mit den anderen etablierten Therapieverfahren bei PCA direkt zu vergleichen. Aufgrund des Studiendesigns – die Anzahl der Fraktionen sind in der Studie deutlich verringert – erhob das Bundesamt für Strahlenschutz Einwände. „Unsere jetzige Studie geht deshalb einer Vergleichsstudie voraus“, berichtet Imhoff, der in Frankfurt die medizinische Leitung der Studie innehat.
Präzisere Bestrahlung ermöglicht höhere Dosis
CyberKnife ist ein klinisch etabliertes, bildgestütztes, robotergeführtes Bestrahlungssystem für die radiochirurgische Behandlung von intrakraniellen und extrakraniellen gutartigen und bösartigen Tumoren und funktionellen Störungen. Zu den Diagnosen, bei denen das CyberKnife bislang infrage kommt, gehören z.B. Akustikusneurinome, Meningeome, Metastasen im Gehirn und in der Wirbelsäule, Bronchialkarzinome und Metastasen in der Lunge sowie Leberzellkarzinome und Metastasen in der Leber. Zentren sind – neben Frankfurt und Güstrow – München, Bochum, Berlin, Hamburg, Köln und Erfurt.
Bei der intensitätsmodulierten Bestrahlung mittels CyberKnife wird die Prostata über einen Zeitraum von etwa 6 bis 8 Wochen täglich mit relativ niedriger Einzeldosis bestrahlt. Diese fraktionierte Verteilung der Strahlendosis auf viele kleine Einheiten dient insbesondere der Schonung des umliegenden gesunden Gewebes. Wie das Universitätsklinikum Frankfurt mitteilt, wurden in einer wissenschaftlichen Weiterentwicklung die Bestrahlungen bei lokal begrenztem PCA schon von 40 auf 25 Fraktionen reduziert, also auf etwa 5 Wochen Behandlungszeit.
In HYPOSTAT wird eine noch weitergehende Reduzierung der Fraktionen getestet. Behandelt wird mit nur 5 Fraktionen über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Wochen. Neben dem Saphir Radiochirurgiezentrum kooperiert das Universitätsklinikum Frankfurt mit der Klinik für Strahlentherapie und dem Prostatakarzinom-Zentrum am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel und Lübeck, deren Zentrum für klinische Studien die Studie koordiniert. Die hypofraktionierte Strahlenchirurgie wird dabei mit den beiden robotergestützten CyberKnife-Systemen in Frankfurt und Güstrow durchgeführt. „Die höheren Einzeldosen mit maximaler Intervallverkürzung sind effektiv und aus Sicht der Strahlenbiologie auch günstiger für den Patienten“, erklärt Imhoff.
Der Ansatz, mit höheren Einzeldosen zu bestrahlen, kommt aus den USA, wo Patienten lange Anfahrtswege zum Strahlenzentrum zurücklegen müssen, berichtet Imhoff. Dieser Aspekt spielt zwar für Deutschland eine eher untergeordnete Rolle, die Patienten allerdings seien an einer weiteren Verkürzung der Strahlenbehandlung sehr interessiert, bestätigt der Radioonkologe. „Die Patienten nehmen insgesamt noch fünf Termine wahr, in denen sie jeweils mit sieben Gray bestrahlt werden“, erklärt Imhoff. Liege die Einzeldosis darüber, sei das hinsichtlich der Nebenwirkungen nicht so günstig.
US-Fachgesellschaft empfiehlt Methode als Alternative zur Standardbehandlung
„Erste Tests in den USA und Kanada sind ermutigend. Das Verfahren hat das Potenzial, die Behandlung bei Prostatakrebs zu verbessern sowie angenehmer und schonender zu gestalten. Wir erhoffen uns eine deutliche Steigerung der Lebensqualität für unsere Patienten”, sagt Prof. Dr. Claus Rödel, Direktor der Klinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Frankfurt.
In den USA wurden bereits vielversprechende Langzeitergebnisse und die Behandlungsergebnisse einzelner Zentren vorgestellt. Die US-amerikanische Fachgesellschaft für Strahlentherapie hat die hypofraktionierte Strahlenchirurgie mittlerweile als eine mögliche Alternative zur Standardbehandlung für Prostatakrebs empfohlen.
„Am Wichtigsten ist uns die wissenschaftliche Auswertung unserer Behandlungen, um das Verfahren der Radiochirurgie nach Evidenz-basierten Kriterien und innerhalb kontrollierter klinischer Studien weiterzuentwickeln“, sagt Rüdiger Strege, Geschäftsführer des Saphir Radiochirurgie Zentrums.
Dr. Oliver Blanck, Leiter der Forschung und Entwicklung hebt hervor, „dass unsere Patienten enorm von der engen Verbundenheit mit den Universitätskliniken profitieren. Frankfurt ist dabei ein besonderes Zentrum, da wir die Behandlungen gemeinschaftlich mit den Ärzten und Physikern des Universitätsklinikums durchführen.“ Für HYPOSTAT werden in Kiel, Lübeck, Rostock bzw. Güstrow ab Januar und in Frankfurt ab Februar 2016 Patienten aktiv rekrutiert.
REFERENZEN:
1. Universitätsklinikums Frankfurt: Pressemitteilung, 12. Januar 2016
Diesen Artikel so zitieren: Mit dem CyberKnife gegen Prostatakarzinom: Eine Alternative zur Standard-Strahlentherapie? - Medscape - 21. Jan 2016.
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