San Francisco – Sprechen Patienten mit rheumatoider Arthritis nicht ausreichend auf einen ersten Therapieversuch mit einem Tumornekrosefaktor(TNF)-Blocker an, so ist ein Biologikum mit einem anderen Wirkmechanismus die effektivste Behandlungsmethode. Dies hat nun erstmals eine randomisierte Studie gezeigt, deren Ergebnisse auf dem Jahrestreffen des American College of Rheumatology 2015 (ACR) in San Francisco präsentiert worden sind [1].
„Die meisten Ärzte haben diesen Patienten bislang einen anderen TNF-Blocker verschrieben, obwohl es dafür keine Evidenz aus randomisierten Studien gab“, konstatierte Dr. Jacques-Eric Gottenberg vom Nationalen Referenzzentrum für Systemische Autoimmunerkrankungen am Strasbourg University Hospital in Frankreich. Die neue Studie zeigt nun jedoch, „dass es in dieser Patientengruppe effektiver ist, den Angriffspunkt zu wechseln und ein nicht über den Tumornekrosefaktor wirkendes Biologikum zu verwenden“, berichtete er im Gespräch mit Medscape Medical News.
In der multizentrischen randomisiert-kontrollierten „Rotation of Anti-TNF or Chance of Class of Biologic“-Studie wurden 292 Patienten eingeschlossen, die auf ihren ersten TNF-Hemmer nicht angemessen angesprochen hatten.
Zweiter TNF-Blocker weniger effektiv
Die Patienten wurden in 2 Gruppen randomisiert: Die eine Gruppe erhielt 48 Wochen lang einen zweiten TNF-Blocker, die andere ein Biologikum mit anderem Wirkmechanismus. Von letzteren standen Abatacept, Rituximab oder Tocilizumab zur Verfügung. Als zweiter TNF-Blocker kamen Adalimumab, Certolizumab, Etanercept oder Infliximab in Frage. Welches der Arzneimittel verschrieben wurde, blieb dem jeweils behandelnden Arzt überlassen.
In der Gruppe, die ein nicht auf den TNF abzielendes Biologikum einnahm, sprachen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant mehr Patienten im 3., 6. und 12. Monat nach Studienbeginn gemessen an den EULAR-Kriterien moderat bis gut auf die Therapie an.
Im sechsten Monat konnte zwar eine Zunahme der Ansprechrate in beiden Gruppen verzeichnet werden, dennoch gab es noch immer mehr Responder in der Gruppe der Patienten, die Biologika mit einem anderen Wirkmechanismus einnahmen. Nach 12 Monaten war der positive Effekt dieser neuen Klasse von Biologika im Vergleich zur Kontrollgruppe klar belegt.
Patienten, die gemessen an den EULAR-Kriterien auf die Behandlung ansprechen
Ansprechen gemessen an EULAR-Kriterien |
Nicht auf TNF abzielende Biologika, % (n = 146) |
Zweiter TNF-Hemmer, % (n = 146) |
Nach 3 Monaten | ||
moderat | 36,5 | 34,6 |
gut | 27,7 | 13,2 |
moderat und gut | 64,2 | 47,8 |
Nach 6 Monaten | ||
moderat | 30,3 | 31 |
gut | 39,4 | 21,1 |
moderat und gut | 69,7 | 52,1 |
Nach 12 Monaten | ||
moderat | 22,3 | 22 |
gut | 37,7 | 21,2 |
moderat und gut | 60 | 43,2 |
Der Krankheitsaktivitäts-Score DAS28 (Disease Activity Score / in 28 Gelenken gemessen) war bei denjenigen Patienten, die mit einem nicht auf den TNF abzielenden Biologikum behandelt worden waren, niedriger als bei denjenigen, die lediglich einen anderen TNF-Blocker erhalten hatten (p = 0,013). Nach 12 Monaten war eine Remission gemäßDAS28-ESR von signifikant mehr Patienten erreicht worden, die ein Biologikum der neuen Klasse eingenommen hatten (26,9% vs. 13,6%; p = 0,009).
Bei Antikörpern im Blut ist alles anders
Eine Teilstudie der Untersuchung konnte darüber hinaus belegen, dass ein kleiner Teil der Patienten womöglich nicht von einem Biologikum einer anderen Wirkklasse profitiert. Es handelt sich dabei um diejenigen, die gegen ihr zuerst verordnetes Anti-TNF-Medikament Antikörper entwickelt hatten.
Das Team um Gottenberg hatte in der ursprünglichen Kohorte nachträglich 32 Patienten identifiziert, die Antikörper gegen ihren zuerst verordneten TNF-Hemmer entwickelt hatten und in deren Blut das Medikament nur noch in geringer Konzentration oder gar nicht mehr nachweisbar war.
Bei diesen Patienten war es, gemessen am DAS28-Score während der ersten 6 Monate nach Studienbeginn, egal, ob sie einen TNF-Hemmer oder ein Biologikum einer anderen Wirkklasse erhalten hatten. Im Gegensatz hierzu veränderte sich die DAS28-ESR bei Patienten, die keine Antikörper entwickelt hatten, in den ersten 6 Monaten unterschiedlich. Die Teilnehmer der nicht TNF-fokussierten Biologika schnitten signifikant besser ab als diejenigen aus der Gruppe der TNF-Hemmer (p = 0,003).
„Das ist der einzige Fall, in dem ein zweiter TNF-Hemmer genauso effektiv ist wie ein nicht auf TNF abzielendes Mittel“, erläuterte Gottenberg gegenüber Medscape Medical News. „Aus diesem Grund können Ärzte bei Patienten, die Antikörper gegen ihre laufende Medikation entwickeln, frei wählen zwischen einem zweiten TNF-Hemmer und einem Biologikum mit anderem Wirkmechanismus.“
Dieser Artikel wurde aus www.medscape.com von Gerda Kneifel übersetzt und adaptiert.
REFERENZEN:
1. Jahreskongress des American College of Rheumatology (ACR), 7. bis 11. November 2015, San Francisco/USA
Diesen Artikel so zitieren: Wenn der erste TNF-Blocker bei Rheuma nicht hilft, verspricht Biologikum mit anderem Wirkprinzip am ehesten Erfolg - Medscape - 25. Nov 2015.
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