San Francisco – Eine unbehandelte chronische Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) entwickelt sich häufig zu einer Zirrhose oder einem hepatozellulären Karzinom (HCC). Eine Heilung mit dem ehemaligen Standard Peginterferon mit und ohne Ribavirin verringerte in einer Studie das HCC-Risiko um 65%, aber trotzdem blieb für HCV-Patienten mit einer bereits bestehenden Zirrhose, mit Diabetes und für Patienten, die älter als 65 Jahre waren, auch nach der Heilung ein höheres HCC-Risiko bestehen.
Die Ergebnisse dieser großen retrospektiven Analyse der Veteranenkohorte des Houston VA Medical Center and Baylor College of Medicine, Houston/Texas, stellte Dr. Hashem El-Serag auf der Jahrestagung „The Liver Meeting®“ der American Association for the Study of the Liver (AASLD) vor [1;2].
Bisher sei nicht bekannt gewesen, wie sich eine Heilung langfristig auf das Risiko und die Prädiktoren für ein HCC auswirke, sagte El-Serag. „Nun haben wir zumindest Hinweise, dass für bestimmte Patientengruppen ein höheres HCC-Risiko auch nach einer Heilung existiert.“
Eine Heilung ist definiert als anhaltendes virologisches Ansprechen (nicht mehr nachweisbare Viruslast) nach Ende der Therapie (sustained virological response, SVR). Heutzutage gilt ein HCV-Patient als geheilt, wenn die SVR 12 Wochen nach Ende der Therapie anhält (SVR12).
Krebs häufiger bei Patienten mit Zirrhose
Ausgewertet wurden die Daten von 33.005 HCV-Patienten, die zwischen Oktober 1999 und Januar 2009 eine HCV-Therapie mit dem damaligen Standard Peginterferon mit oder ohne Ribavirin erhalten hatten. Von den Patienten lag eine HCV-Viruslastmessung 12 Wochen nach Ende der Therapie und ein Follow-up von mindestens einem Jahr vor.
Insgesamt 10.817 Patienten erreichten eine anhaltende Remission und von ihnen hatten 10.738 vor der Remission kein hepatozelluläres Karzinom. Das mittlere Alter der Patienten betrug 53,1 Jahre, 12,4% waren älter als 60 Jahre, 12,9% waren Schwarze, 64,4% waren Weiße und 3,4% Hispanics. Die Kohorte bestand fast ausschließlich aus Männern (95,3%). Am häufigsten war der HCV-Genotyp 1 (53,6%), gefolgt vom Genotyp 2 (25,0%), Genotyp 3 (13,5%) und Genotyp 4 (0,7%). Von 7,2% der Patienten lag keine Bestimmung des Genotyps vor.
Von den 10.738 Patienten entwickelten 100 nach der Heilung Leberkrebs. Die HCC-Inzidenz betrug bei Patienten mit einer SVR12, also den geheilten, immerhin noch 3,27 hepatozelluläre Karzinome auf 1.000 Personenjahre Follow-up (PJFU), ohne vollständige Virusremission waren es 13,2 Fälle pro 1.000 Patientenjahre – das entspricht einer Risikoreduktion von 64,1%. Ein HCC entwickelte sich häufiger bei Patienten mit einer Zirrhose zum Zeitpunkt der Heilung (jährliche Inzidenz 1,54/1.000 PJ) als bei Patienten ohne Zirrhose (0,28/1.000 PJ).
Die multivariate Analyse ergab unabhängig von anderen Risikofaktoren ein 4,5fach höheres HCC-Risiko für Patienten mit Zirrhose im Vergleich zu Patienten ohne Zirrhose. Weitere Prädiktoren für ein HCC waren Diabetes, HCV-Genotyp und ein höheres Alter. Insbesondere bei Patienten, die zum Zeitpunkt der Heilung älter als 65 Jahre waren, war das HCC-Risiko im Vergleich zu Patienten, die unter 45 Jahre und 45 bis 54 Jahre alt waren, deutlich höher: 0,95 Fälle im Vergleich zu 0,07 bzw. 0,21 Fälle pro 1.000 Patientenjahre. Patienten über 65 Jahre hatten ein 4,5fach höheres HCC-Risiko als Patienten unter 55 Jahre.
Diese Ergebnisse gelten laut El-Serag zurzeit nur für männliche Veteranen, die eine Interferon-basierte Therapie erhielten und es sei nicht klar, ob sie auch auf Frauen und auf eine moderne HCV-Therapie mit direkt antiviral wirkenden Substanzen (direct acting antivirals, DAA) übertragen werden können.
Auch wenn weitere Studien gebraucht würden, habe diese Studie Hinweise ergeben, wie sich eine Heilung auf den Verlauf der Lebererkrankung auswirke, so El-Serag. „Eine Heilung der Hepatitis C senkt das allgemeine HCC-Risiko, aber sie eliminiert nicht vollständig das HCC-Risiko bei Patienten mit Zirrhose und bei älteren Patienten. Diese Patienten müssen nach einer Heilung nach wie vor auf ein HCC gescreent werden.“ Das Fazit von El-Serag: „Je früher die Hepatitis C geheilt wird, um so besser ist es für die Patienten.“
REFERENZEN:
1. The AASLD Liver Meeting®, 13. bis 17. November 2015, San Francisco/USA
2. Richardson P, et al: Hepatology 2015;235A; Abstract 90
Diesen Artikel so zitieren: Die Heilung von Hepatitis C bewahrt nicht unbedingt vor einem Leberzellkarzinom - Medscape - 23. Nov 2015.
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