Erster Schritt zur Stratifizierung beim Prostatakarzinom: PARP-Inhibitor besonders wirksam bei DNA-Reparatur-Defekt

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

9. November 2015

Erstmals konnte bei Patienten mit Prostatakarzinom gezeigt werden, dass eine Untergruppe von Patienten mit genetischen Defekten in der DNA-Reparatur auf die molekular gezielte Therapie mit dem PARP-Inhibitor Olaparib besser anspricht als Patienten ohne diese Gendefekte. Dies ergab die Phase-2-Studie TOPARP-A, die von einer internationalen Forschergruppe im New England Journal of Medicine publiziert wurde [1].

„Unsere Studie bedeutet einen signifikanten Fortschritt in der Therapie des Prostatakarzinoms. Sie zeigt, dass Olaparib bei Männern mit Defekten in der DNA-Reparatur ihres Tumors hoch wirksam ist. Sie beweist auch, dass wir Prostatakarzinome mit spezifisch angreifbaren Mutationen mit Hilfe der DNA-Sequenzierung entdecken und den Männern eine präzisere Behandlung zukommen lassen können, die davon am meisten profitieren“, so Studienleiter Prof. Dr. Johann de Bono, Institute of Cancer Research, London, in einer Pressemitteilung.

Defektes BRCA-Gen ermöglicht Angriff mit PARP-Hemmern

Was bei Brust-, Lungen- oder Darmkrebs heute schon üblich ist, wird beim Prostatakarzinom noch nicht routinemäßig durchgeführt, nämlich die Stratifizierung der Patienten nach dem molekularen Untersuchungsergebnis. Aber auch das Prostatakarzinom ist durch eine Vielzahl von molekularen Veränderungen gekennzeichnet. So liegen beim metastasierten, hormonresistenten Prostatakarzinom Genomveränderungen vor, die sich auf die DNA-Reparatur auswirken. Einige dieser Aberrationen sind mit einer erhöhten Empfindlichkeit auf Platinderivate und Poly-ADP-Ribose-Polymerase(PARP)-Hemmern assoziiert.

Die Familie der PARP ist an der Reparatur von Einzelstrangbrüchen der DNA beteiligt. Die zelluläre DNA ist ständig schädigenden Einflüssen ausgesetzt, deren Auswirkungen durch Reparaturenzyme wieder beseitigt werden können. An der homologen Rekombination sind u.a. auch Tumorsuppressorproteine wie BRCA1 und BRCA2 beteiligt. Die verschiedenen Reparaturmechanismen können sich gegenseitig ersetzen, fällt ein Mechanismus aus, können DNA-Schäden normalerweise durch andere Mechanismen wieder repariert werden. Wird jedoch PARP in Zellen mit mutierten BRCA1- oder -2-Genen gehemmt, gibt es für die Zelle keinen Ausweg mehr, sie stirbt ab.

 
Unsere Studie bedeutet einen signifikanten Fortschritt in der Therapie des Prostatakarzinoms. Prof. Dr. Johann de Bono
 

TOPARP-A: Olaparib beim Prostatakarzinom

Der PARP-Inhibitor Olaparib, der seit Dezember 2014 in der EU für die Erhaltungstherapie bei Frauen mit Ovarialkarzinom mit BRCA1- oder -2-Mutation zugelassen ist, hatte in ersten Studien bei Männern mit metastasiertem, hormonresistentem Prostatakarzinom und BRCA2-Mutationen  eine anhaltende Antitumorwirkung gezeigt. Daher untersuchten nun de Bono und seine Kollegen in der einarmigen Phase-2-Studie TOPARP-A (Trial of PARP-Inhibitor in Prostate Cancer) die Wirksamkeit von Olaparib (400 mg 2-mal täglich) bei 50 Patienten mit metastasiertem hormonresistentem Prostatakarzinom, deren Erkrankung nach einer oder 2 Chemotherapie-Regimen fortgeschritten war.

Die Patienten nahmen den PARP-Inhibitor bis zur radiologisch nachgewiesenen Progression, bis zur eindeutigen klinischen Progression, bis zum Auftreten inakzeptabler Nebenwirkungen oder bis zum Widerruf des Einverständnisses.

Von den 49 auswertbaren Patienten standen Gewebeproben zur DNA-Sequenzierung zur Verfügung. In den DNA-Reparaturgenen von 16 Patienten (33%) konnten schädliche Mutationen nachgewiesen werden.

Primärer Endpunkt der Studie war die Ansprechrate, die anhand der RECIST-Kriterien, der Senkung des Prostata-spezifischen Antigen-Spiegels um mindestens 50% oder als Abfall der zirkulierenden Tumorzellen von ≥ 5/7,5 ml Blut auf ≤ 5/7,5 ml Blut definiert war.

16 der 49 auswertbaren Patienten (33%) sprachen auf die Olaparib-Behandlung an. Sie waren im Median 40 Wochen behandelt worden. In adjustierten und nichtadjustierten Analysen sprachen von den 16 Patienten mit Störungen in der DNA-Reparatur 14 (88%) auf den PARP-Inhibitor an. Ddie Ansprechrate war damit in der Biomarker-positiven Gruppe signifikant höher als bei den 33 Biomarker-negativen Patienten mit 6%. Das radiologische progressionsfreie Überleben war mit 9,8 versus 2,7 Monaten signifikant länger als in der Biomarker-negativen Gruppe.

 
Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass eine Untergruppe von metastasierten Prostatakarzinomen für die Behandlung molekular stratifiziert werden kann. Prof. Dr. Johann de Bono und Kollegen
 

Wenngleich die Biomarker-positiven Patienten mit Olaparib länger lebten als die Biomarker-negativen Patienten, erlauben die Ergebnisse jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass Olaparib bei diesen Patienten das Überleben verlängert.

Häufigste Grad-3/4-Nebenwirkungen waren Anämie (20%), Fatigue (12%), Leukopenie (6%) und Thrombozytopenie und Neutropenie (jeweils 4%).

DNA-Sequenzierung verbessert gezielte Behandlung

„Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass eine Untergruppe von metastasierten Prostatakarzinomen für die Behandlung molekular stratifiziert werden kann. Diese Untergruppe ist durch Defekte in der DNA-Reparatur charakterisiert und macht etwa 25 bis 30 Prozent aller sporadischen, hormonresistenten Prostatakarzinome aus“, so die Schlussfolgerung der Autoren.

Sie sind der Ansicht, dass die DNA-Sequenzierung von Tumorbiopsien das Verständnis zum Therapieansprechen verbessern kann. „Weitere Studien sind erforderlich, um festzustellen, ob DNA-Reparaturdefekte bei unbehandelten Patienten mit hormonresistentem Prostatakarzinom ähnlich häufig sind wie bei vorbehandelten Patienten.“

 

REFERENZEN:

1. Mateo J, et al. NEJM 2015;373:1697-1708

Kommentar

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