EMA-Experten empfehlen erste onkolytische Therapie beim Hautkrebs zur Zulassung

Sonja Böhm

Interessenkonflikte

26. Oktober 2015

In seiner Oktober-Sitzung hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA die erste onkolytische Immuntherapie zur Zulassung empfohlen. Imlygic® (T-Vec; Talimogen Laherparepvec, Amgen Europe B.V.), ein modifiziertes Herpes simplex Virus, soll beim fortgeschrittenen Melanom eingesetzt werden, das nicht mehr chirurgisch behandelt werden kann und sich in die Umgebung oder auf andere Körperpartien ausgedehnt, aber weder in Knochen, Gehirn, Lunge oder andere innere Organe metastasiert hat [1,2].

T-Vec ist der erste Vertreter einer neuen Arzneimittelklasse mit einem völlig neuen Wirkansatz. Das Virus wurde genetisch so verändert, dass es Krebszellen befällt, sich darin repliziert und diese lysiert, wobei die replizierten Viren freigesetzt werden und neue Tumorzellen befallen können.

Außerdem soll es über die Produktion des Proteins GM-CSF das Immunsystem der Patienten stimulieren, damit dieses die Tumorzellen besser erkennen und zerstören kann. In gesunden Zellen dagegen kann sich das Virus nicht vermehren. T-Vec wird direkt in die Tumoren injiziert.

Die positive Empfehlung wurde ausgesprochen im Anschluss an eine Bewertung durch das Committee for Advanced Therapies (CAT), dem zuständigen Expertenkomitee der EMA für „Advanced Therapy Medicinal Products“ (ATMP).

Die Entscheidung basiert auf einer randomisierten kontrollierten Studie mit 436 Teilnehmern in der T-Vec gegen die direkte Injektion von GM-CSF geprüft worden war. Die anhaltende Responserate – definiert als mindestens 50%ige Abnahme der Tumormasse über mindestens 6 Monate – war mit 25% unter T-Vec signifikant höher als bei GM-CSF mit 1%.

Ob auch das Gesamtüberleben verlängert wird – wie dies für einige der neuen Melanom-Wirkstoffe in Studien nachgewiesen werden konnte – ist für T-Vec noch nicht eindeutig geklärt. Weil die Verträglichkeit der Therapie gut zu sein scheint, billigten die EMA-Experten T-Vec trotzdem insgesamt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zu.

Die weiteren Entscheidungen im Oktober

Neben der Entscheidung zu Imlygic® empfiehlt das CHMP noch 7 Indikationserweiterungen für

  • • das Antibiotikum Cubicin ® (Daptomycin),

  • • das HIV-Medikament Edurant® (Rilpirivine),

  • • das Antiemetikum Emend® (Aprepitant),

  • • das PAH-Medikament Volibris® (Ambrisentan),

  • • das Krebstherapeutikum Xalkori® (Crizotinib)

  • • und 2 Indikationserweiterungen für den Psoriasis-Wirkstoff Cosentyx® (Secukinumab).

Außerdem wurde eine Prüfung des Bescheids zu Heparesc® (humane heterologe Leberzellen) endgültig negativ beschieden. Durch die Injektion der lebenden aufbereiteten Leberzellen in die Portalvene sollten seltene genetische Leberenzymdefekte, die zur toxischen Harnsäure-Akkumulation beitragen, behandelt werden. Auch hier erfolgte die Bewertung durch die Experten des CAT. Sie befanden aber in diesem Fall, dass die Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen sei und die Risiken nicht überwiege.

Aufgrund von Fabrikationsproblemen wurde zudem die Zulassung für Inductos® ausgesetzt, ein Implantat, das die Knochenneubildung bei Patienten mit Bandscheibenproblemen oder Beinfrakturen unterstützen soll.

Nach einer Sicherheitsprüfung warnen die EMA-Experten zudem davor, das Transplantationsmedikament Mycophenolate (z.B. CellCept®) während einer Schwangerschaft einzusetzen. Es lägen neue Hinweise über das Risiko von Fehlbildungen und Fehlgeburten unter dieser Medikation vor.

Für den Einsatz von Tecfidera® (Dimethyl Fumarat) gibt es ebenfalls neue Sicherheitshinweise:
Hier geht es darum, das Risiko für eine progressive multifocale Leukoencephalopathy (PML) zu minimieren, wenn Patienten mit Multipler Sklerose mit Tecfidera® behandelt werden.

Und auch Sicherheitsinformationen für HIV-Medikamente erhielten ein Update. Hier geht es um das Risiko für Veränderungen bei der Verteilung des Körperfettes und das Risiko von Lactatazidosen. Die Warnhinweise hinsichtlich dieser Nebenwirkungen werden hier allerdings für einige Medikamente aus der Klasse der Nucleosid- und Nucleotid-Analoga gelockert.

Schließlich ist der Antrag auf Marktzulassung für VeraSeal® (humanes Fibrinogen / humanes Thrombin, Instituto Grifols S.A) mit der Indikation Stopp von Blutungen in der Gefäßchirurgie, zurückgezogen worden. Das Unternehmen konnte Fragen zur Wirksamkeit, die die EMA gestellt hatte, nicht klären.

 

REFERENZEN:

1. Meeting highlights from the Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP), 19. bis 22 October 2015

2. First oncolytic immunotherapy medicine recommended for approval

Kommentar

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