Bild statt Biopsie – Optimierte MRT klärt Mammografie-Auffälligkeiten nicht-invasiv ab

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

22. Oktober 2015

Mit einer optimierten diffusionsgewichteten Magnetresonanztomografie (MRT) ist es Heidelberger Forschern gelungen, auffällige Befunde beim Mammografie-Screening in mehr als 90% der Fälle richtig zu klassifizieren. Bei invasiven Karzinomen habe der Wert sogar bei 100% gelegen, betonen die Radiologen um Dr. Sebastian Bickelhaupt vom Deutschen Krebsforschungszentrum [1]. Für Bickelhaupt und seine Koautoren sind diese Ergebnisse ein Hinweis darauf, dass man Frauen durch eine solche MRT-Untersuchung invasive Kontrollbiopsien ersparen könnte.

Laut Jahresbericht der Kooperationsgemeinschaft Mammographie werden 9% der Frauen, die zum ersten Mal am Mammografie-Screening teilnehmen, wegen eines auffälligen Befundes wieder einbestellt. Bringen weitere Untersuchungen, z.B. Ultraschall, keine Klarheit, wird eine Gewebeprobe entnommen. Bei etwa der Hälfte der per Biopsie untersuchten Frauen findet sich dann tatsächlich ein bösartiger Tumor.

Prof. Dr. Markus Müller-Schimpfle

Wissenschaftlicher Ansatz, aber nicht bereit für Patientenversorgung

Prof. Dr. Markus Müller-Schimpfle, Vorsitzender der AG Mammadiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft, sieht in der diffusionsgewichteten Bildgebung vorerst nur ein wissenschaftliches Verfahren: „Es handelt sich hierbei um eine hochinteressante wissenschaftliche Studie; für den Ausschluss von bösartigen Tumoren bei Frauen mit auffälligem Mammografie-Befund ist das Verfahren derzeit aber definitiv nicht geeignet.“

Müller-Schimpfle, der am Klinikum Frankfurt-Höchst das Brustzentrum im Bereich Diagnostik leitet, begründet seine Einschätzung an erster Stelle mit der geringen Teilnehmerzahl der Heidelberger Studie: „Die Brustkrebsfrüherkennung ist ein hochsensibles und in den letzten Jahren viel diskutiertes Thema, bei dem wir uns immer auf einem schmalen Grat bewegen – auf keinen Fall etwas zu übersehen, aber auch nicht zu häufig falschen Alarm auslösen. Unser derzeitiges Vorgehen beim Mammografie-Screening beruht auf Schlussfolgerungen, die wir aus riesigen Studien mit Hunderttausenden von Teilnehmern gezogen haben.“

Es handelt sich hierbei um eine hochinteressante wissenschaftliche Studie; für den Ausschluss von bösartigen Tumoren bei Frauen mit auffälligem Mammografie-Befund ist das Verfahren derzeit aber definitiv nicht geeignet. Prof. Dr. Markus Müller-Schimpfle

Die aktuell in Radiology veröffentlichten Ergebnisse stammen von 50 Frauen. 200 weitere Frauen sollen noch in die Studie aufgenommen werden, berichten die Heidelberg Forscher.

Bickelhaupt und seine Kollegen arbeiten mit niedergelassenen Praxen in Heidelberg und Mannheim zusammen, in denen das Mammografie-Screening stattfindet. Frauen, bei denen eine Kontrollbiopsie notwendig war, wurden gefragt, ob sie bereit wären, vor der Gewebeentnahme eine optimierte Brust-MRT machen zu lassen. Die MRT-Bilder der Frauen verglichen die Radiologen anschließend mit den Biopsie-Ergebnissen.

Während es bei den invasiven Karzinomen gut klappte, scheint die Methode für Mikrokalkläsionen weniger gut geeignet zu sein. Prof. Dr. Markus Müller-Schimpfle

Vorhersagekraft nicht bei allen Befunden gleich gut

Wie gut der negative Vorhersagewert der MRT war, hing vom Befund ab: „Während es bei den invasiven Karzinomen gut klappte, scheint die Methode für Mikrokalkläsionen weniger gut geeignet zu sein“, kommentierte Müller-Schimpfle. Als Gesamtwert über alle Studienteilnehmerinnen geben die Heidelberger Forscher einen negativen Vorhersagewert von 0,92 an. Bei invasiven Karzinomen stieg der Wert sogar auf 1,00. Zwei Mikrokalkläsionen wurden durch die MRT übersehen. „Reine Mikrokalzifizierungen sind berüchtigt dafür, im MRT nicht erkennbar zu sein“, schreiben die Autoren.

Bickelhaupt und seine Kollegen räumen ein: „Um die klinische Routine zu verändern, insbesondere im Rahmen des Screenings, sind weitere große multizentrische Studien notwendig, um den Nutzen der Methode zu bestätigen.“

Um die klinische Routine zu verändern, insbesondere im Rahmen des Screenings, sind weitere große multizentrische Studien notwendig. Dr. Sebastian Bickelhaupt und Koautoren

Erster Schritt der Standardisierung

Außerdem, so Müller-Schimpfle, sei die Entwicklung von Standards für Untersuchungsabläufe eine wichtige Voraussetzung für eine Übertragung der diffusionsgewichteten Bildgebung in die Patientenversorgung. „Die Methode wurde schon vor 18 Jahren zum ersten Mal an der Brust beschrieben, ist aber bis heute nicht standardisiert und nicht in der Patientenversorgung angekommen.“

Einen ersten Schritt in diese Richtung sind die Heidelberger Radiologen um Bickelhaupt bereits gegangen: Für ihre Studie entwickelten sie die diffusionsgewichtete MR-Mammographie weiter und optimierten sie speziell für diese Fragestellung. Dazu etablierten sie ein Qualitätsmanagement-System zur Standardisierung und Qualitätssicherung der Brust-MRT, das mit allen gängigen MR-Geräten funktioniert.

REFERENZEN:

1. Bickelhaupt S, et al: Radiology (online) 11. September 2015

Kommentar

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