Adenome: Vitamin D und Calcium verhindern nicht die Wiederkehr von Polypen im Darm

Dr. Ingrid Horn

Interessenkonflikte

20. Oktober 2015

Epidemiologische und präklinische Daten sprechen dafür, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einer späteren Darmkrebserkrankung assoziiert ist und eine erhöhte Calcium-Zufuhr das Risiko für kolorektale Neoplasien senkt. Bislang mangelt es jedoch an aussagekräftigen kontrollierten klinischen Studien über die chemopräventive Wirksamkeit dieser Mikronährstoffe. Eine im New England Journal of Medicine (NEJM) erschienene umfangreiche randomisierte Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studie hat nun versucht, dieses Potential näher zu ergründen [1].

Dies mit negativem Ergebnis: Die tägliche Einnahme von Vitamin D und/oder Calcium bei Patienten, denen bereits kolorektale Adenome entfernt worden sind, kann die Wiederkehr von Adenomen nicht verhindern. „Das Ergebnis trifft im Prinzip auch auf Adenome in einem fortgeschrittenen Stadium zu“, schreiben der amerikanische Epidemiologe Dr. John A. Baron von der Universität North Carolina in Chapel Hill und seine Kollegen.

Im Grunde genommen wird damit die Haltung deutscher medizinischer Fachgesellschaften bestätigt. Im Rahmen einer tertiären Prävention empfiehlt die gültige S3-Leitlinie zum kolorektalen Karzinom eine Substitution von Vitamin D und Spurenelementen nur bei nachgewiesenem Mangel.

Kein signifikanter Einfluss auf das Rezidiv-Risiko

Zwischen 2004 und 2008 waren in die Studie 2.259 Patienten aufgenommen worden, deren Polypen kurz vorher vollständig entfernt worden waren. Je nach Gruppenzugehörigkeit hatten sie täglich entweder 1.000 IU Vitamin D3 oder 1.200 mg Calcium in Form von Calciumcarbonat oder beide Mikronährstoffe in dieser Dosierung zu sich genommen. 3 bzw. 5 Jahre nach Aufnahme in die Studie wurden die Teilnehmer einer Kontroll-Koloskopie unterzogen.

 
Die Ergebnisse (zu Vitamin D) sollten nicht auf Personen übertragen werden, die keine entsprechende Krankengeschichte vorweisen. Dr. John A. Baron und Kollegen
 

„Diese Dosierungen wurden gewählt, um einerseits die Aufnahme insgesamt wesentlich zu steigern, aber andererseits deutlich unterhalb der damals empfohlenen Tageshöchstdosis zu bleiben, damit unerwünschte Nebenwirkungen weitgehend vermieden werden“, schreiben die Autoren. Diese Ziele haben sie zumindest in 2 Punkten auch erreicht: Im Vergleich zu Placebo stieg bei der Vitamin D-Gruppe der Blutspiegel von 25-Hydroxyvitamin D unter diesem Regime im Mittel um 7,83 ng/ml an. Klinisch bedeutsame Nebenwirkungen traten nicht auf.

Während des Beobachtungszeitraums von 3 bis 5 Jahren kam es bei 43% der Teilnehmer zur Wiederkehr von einem oder mehreren Adenomen. Das relative Rezidiv-Risiko für die Vitamin-D-Gruppe im Vergleich zu Placebo betrug 0,99 (95%-Konfidenzintervall:0,89–1,09), bei der Calcium-Gruppe im Vergleich zu Placebo 0,95 (95%-KI: 0,85–1,06) und für die kombinierte Behandlung im Vergleich zu allen Gruppen 0,93 (95%-KI, 0,80–1,08).

Aussagekräftige Studie, die neue Fragen aufwirft

Auch wenn die Ergebnisse von Baron und seinen Kollegen bisherigen Beobachtungsstudien widersprechen, wollen die Wissenschaftler eine gewisse chemopräventive Wirkung von Vitamin D nicht ganz von der Hand weisen. Eine schwächere Wirkung von Vitamin D auf Adenome im Gegensatz zu den Beobachtungen bei kolorektalem Karzinom könnte damit zusammenhängen, dass Vitamin D zu einem späteren Zeitpunkt der Krebsentstehung seine Wirkung entfaltet, äußern sie in der Diskussion. Aber auch die im Vergleich zu heutigen Empfehlungen moderate Dosierung und die begrenzte Behandlungsdauer bis zu den Kontrollzeitpunkten könnten eine Rolle spielen. Für die Wirkungslosigkeit von Calcium haben sie dagegen keine schlüssige Erklärung.

„Die Ergebnisse sollten nicht auf Personen übertragen werden, die keine entsprechende Krankengeschichte vorweisen“, warnen die Autoren im Hinblick auf den Vitamin-D-Effekt. Gleichzeitig verweisen sie auf die Stärken ihrer Studie und damit auf die Zuverlässigkeit ihrer Aussagen. Sie sei groß genug, um auch eine weniger ausgeprägte präventive Wirkung nachzuweisen, die Compliance der Studienteilnehmer war hoch, der Anteil positiver Befundung durch die Koloskopie ebenfalls und praktisch alle Läsionen seien pathologisch untersucht worden.

 

REFERENZEN:

1. Baron JA, et al: NEJM 2015;37(16):1519-1530

Kommentar

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