Schwere Psoriasis: Neue IL-17- und IL-23-Hemmer mit bislang unerreichten Ansprechraten

Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

16. Oktober 2015

Kopenhagen – Mit neuen Therapeutika – die sich allerdings zum großen Teil noch in der klinischen Entwicklung befinden – lässt sich bei einem erheblichen Teil der Patienten mit schwerer Psoriasis ein komplettes Ansprechen erreichen. Dies berichtete Prof. Dr. Chris Griffith, Manchester, beim 24. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) [1]. Deshalb schlug er vor, den bisherigen Wirksamkeitsstandard in klinischen Studien, den PASI 75, auf PASI 90 anzuheben.

Der PASI-Score (Psoriasis Area and Severity Index) beschreibt die Ausdehnung und den Schweregrad der Erkrankung. Der maximale PASI-Score kann bei sehr schweren Erkrankungen 72 Punkte erreichen. Es werden Patienten mit leichter, mittelschwerer und schwerer Psoriasis unterschieden.

Nach Aussage von Griffith solle man zudem bei der Auswahl des geeigneten Therapeutikums von einer Trial-and-Error-Strategie wegkommen und sich verstärkt an gezielt erhobenen Parametern ausrichten. Diese werden derzeit unter anderem im PSORT-Konsortium (Psoriasis Stratification to Optimise Relevant Therapy) erarbeitet.

Patienten sind unterversorgt

Die leichte Psoriasis kann in der Regel topisch behandelt werden, während die mittelschwere bis schwere Form systemisch behandelt werden muss. Allerdings werden nach Aussage von Griffith viele Patienten mit schwerer Psoriasis, bei denen mehr als 10% der Körperoberfläche von der Erkrankung betroffen sind, nicht adäquat therapiert.

Eine Datenanalyse der amerikanischen Psoriasisstiftung zeigte, dass 57% der Patienten mit schwerer Psoriasis nur mit Topika behandelt wurden. Systemisch wurden 37% therapiert, davon nur 15% mit Biologika. „Die Patienten sind unterversorgt“, so die Schlussfolgerung von Griffith aus diesen Daten.

Andererseits haben die zahlreichen neuen Erkenntnisse zur Pathophysiologie der Erkrankung die therapeutischen Möglichkeiten in den letzten Jahrzehnten deutlich erweitert. Als Schlüssel-Zytokine wurden TNF-alpha, Interleukin(IL)-23, IL-12 und IL-17A erkannt. Sie bieten die Möglichkeit, mit entsprechenden Medikamenten gezielt in die Pathophysiologie der Erkrankung einzugreifen.

Mit den TNF-alpha-Hemmern Etanercept, Infliximab und Adalimumab, dem IL-12/IL-23-Antikörper Ustekinumab und dem IL-17-Blocker Secukinumab wurden in den letzten 10 Jahren effektive Substanzen in die Therapie der Psoriasis eingeführt. Die Pipeline ist jedoch weiter gut gefüllt.

Neue Interleukin-23-Inhibitoren: Tildrakizumab und Guselkumab zusätzlich zu Ustekinumab

Interleukin-23 ist ein heterodimeres Zytokin, das aus den Untereinheiten IL-12/23p40 und IL-23p19 besteht. Ustekinumab greift an der IL-12/23p40-Untereinheit an und blockiert damit die Signalübertragung durch IL-12 und IL-23. Die Untereinheit IL-23p19 wird dagegen durch die monoklonalen Antikörper Tildrakizumab und Guselkumab gehemmt.

Tildrakizumab wird von Sun Pharmaceuticals derzeit klinisch entwickelt. Eine Phase-1-Studie zeigt PASI-75-Ansprechraten von nahezu 100%. Auch das von Janssen entwickelt Guselkumab führte in einer Phase-1-Studie bei Gabe von einmal 600 mg bei 100% der Patienten zu einem PASI-75-Ansprechen.

 
Die Patienten sind unterversorgt. Prof. Dr. Chris Griffith
 

In einer Phase-2-Studie über 52 Wochen wurde Guselkumab mit dem TNF-alpha-Blocker Adalimumab verglichen. Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten mit einem Physician’s Global Assessment (PGA) Score von 0 oder 1, also der Patientenanteil ohne oder mit nur noch leichter Psoriasis in Woche 16. Dieser Anteil war mit Guselkumab signifikant höher als mit Adalimumab. Auch der PASI 75 war mit allen Guselkumab-Dosierungen höher als mit dem TNF-alpha-Blocker.

Neue Interleukin-17-Blocker: Secukinumab …

Von den IL-17-Blockern ist mit Secukinumab (Novartis) der erste Vertreter seit Januar 2015 in Europa zugelassen. Die Zulassung basierte vor allem auf 2 Phase-3-Studien, in denen bei 70% der Patienten ein PASI 90 und bei 40% ein PASI 100 erreicht wurde. Das, so Griffith, entspricht einem kompletten Ansprechen.

In diesen Studien war Secukinumab im direkten Vergleich dem TNF-alpha-Blocker Etanercept überlegen. In der CLEAR-Studie erreichten 79% der Patienten einen PASI 90 mit Secukinumab und 57,6% mit Ustekinumab in Woche 16.

… Ixekizumab

Mit Ixekizumab (Eli Lilly) in einer Dosierung von 150 mg pro Woche hatten in einer Phase-2-Studie 82% der Patienten mit chronischer Plaque-Psoriasis nach 12 Wochen einen PASI 75 und 39% einen PASI 100.

In den beiden Phase-3-Studien UNCOVER-2 und UNCOVER-3 erwies sich der IL-17-Antikörper als rascher und besser wirksam als der TNF-alpha-Blocker Etanercept. Das PASI-75-Ansprechen lag nach 12 Wochen mit Ixekizumab bei 84,2 bzw. 87,3%, mit Etanercept bei 53,4%. Rund 35% der mit Ixekizumab behandelten Patienten sprachen komplett auf die Behandlung an, während es mit Etanercept knapp 8% waren.

und Brodalumab

Ähnlich gute Ergebnisse liegen für Brodalumab (Amgen) vor, für das sich in einer Phase-2-Studie PASI-75-Ansprechraten bis 82% und PASI-90-Ansprechraten bis 75% ergaben. In den Phase-3-Studien AMAGINE-2 und AMAGINE-3 wurde Brodalumab mit Ustekinumab bei Patienten mit schwerer Psoriasis verglichen. In Woche 12 waren die PASI-100-Ansprechraten mit 44% und 27% signifikant höher als mit Ustekinumab (22 bzw. 19%).

Als unerwünschte Wirkungen von speziellem Interesse sind nach Aussage von Griffith Candida-Infektionen, Neutropenien und Exazerbationen von entzündlichen Darmerkrankungen.

Patientenorientierte gezielte Therapie anstreben

Klinische Studien erfassen jedoch nicht die tatsächliche Situation von Arzt und Patient im klinischen Alltag. Deshalb misst Griffith auch Registerdaten eine hohe Bedeutung bei.

Weil das Angebot an hoch wirksamen Substanzen immer größer werde, stelle sich die Frage, wie man entscheiden könne, welche Substanz für welchen Patienten am besten geeignet sei. Man müsse dabei von einer Trial-and-Error-Strategie zu einem gezielten Vorgehen kommen. Erste Ansätze seien beispielsweise Befunde, nach denen bestimmte Gen-Konstellationen wie HLA Cw6 ein Ansprechen auf Ustekinumab voraussagen lassen.

 

REFERENZEN:

1. 24. Kongress der European Academy of Dermatology and Venerealogy (EAVD), 7. bis 11. Oktober 2015, Kopenhagen/Dänemark

Kommentar

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